264? Ja!

Das höchst mögliche Reizgebot beim Skat ist 264. Das entspricht einem Grand Ouvert mit vieren (Mit 4 Spiel 5 Hand 6 Schneider 7 angesagt 8 Schwarz 9 angesagt 10 Ouvert 11 Mal 24 = 264). Beim „Offline“-Skat wird dieser Reizwert wohl eher selten gereizt werden. Die Gegenspieler werden viel früher passen oder der Spieler mit dem Grand Ouvert sagt diesen während des Reizens an („Irgendwer mehr als ein Grand Ouvert?“).

Beim Online-Skat hatten wir zu Beginn von Skat-Online ab und an den Fall, dass Spieler diesen Reizwert genannt haben in der Hoffnung, dass ein Spieler mit einem guten Blatt zu schnell auf „Ja“ klickt, da er von der Sprungreizung überrascht wurde. Dieser Spieler hat sein Spiel damit natürlich überreizt und wird es ziemlich teuer verlieren.

Wir haben bereits sehr früh auf diese Unsportlichkeit reagiert. Wird jetzt bei Skat-Online ein Reizwert übersprungen, wird der „Ja“-Button erst mit einer Verzögerung von zwei Sekunden aktiv.

Dennoch kommt es – wenn auch sehr selten – vor, dass ein Spieler trotzdem auf den Bluff mit der hohen Reizung hereinfällt. Gerade neulich erreichte mich eine entsprechende Beschwerde mit der Bitte, den Spieler zu verwarnen und die Bewertung des Spiels rückgängig zu machen.

Ersteres haben wir gemacht. Zweiteres war nicht möglich. ISkO 3.3.8 ist hier eindeutig:

Die Erklärung des Passens sowie das Bieten und Halten eines Reizwertes sind unwiderruflich […].

Als es die Verzögerung beim „Ja“-Button noch nicht gab, hatten wir das beim Internationalen Skatgericht angefragt, das dieses Vorgehen entsprechend bestätigt hat. Auszüge aus der Begründung:

Der Unterschied zwischen Computerskat und Realität unterscheidet sich darin, dass beim Computerskat der Reizwert angezeigt und in der Realität akustisch zu vernehmen ist. In beiden Fällen müssen die Mitspieler darauf achten, was angesagt bzw. angezeigt wird. In dem o.g. Fall hat Vorhand übereilt und ohne den angezeigten Reizwert zu überprüfen, diesen mit „Ja“ bestätigt. Nachdem kein höheres Reizgebot erfolgt ist (erfolgen kann), ist Vorhand verpflichtet, ein Spiel mit dem gehaltenen Reizgebot anzusagen und durchzuführen.

Da Vorhand einen Grand spielen will ist wahrscheinlich ausgeschlossen, dass Mittelhand einen Grand ouvert spielen kann. Dieses überhöhte Reizgebot wurde sicher mit dem Hintergedanken abgegeben, dass Vorhand dieses Gebot (ohne den Reizwert zu überprüfen) bestätigt. Wenn Vorhand den Reizwert überprüft und gepasst hätte, wäre Mittelhand verpflichtet gewesen, ein Spiel entsprechend des letzten Reizgebotes durchzuführen. Da es offensichtlich ist, dass Mittelhand (vorsätzlich) ein Reizgebot über ein Spiel abgegeben hat, das er nicht gewinnen (durchführen) kann, ist Mittelhand in jedem Fall zu verwarnen und im Wiederholungsfall vom weiteren Spiel auszuschließen.

[…]

Update 10:37 Uhr: Ein Grand Ouvert mit 4en hat natürlich den Reizwert 264, nicht 268. Danke, Thomas!

Fadenscheiniges Recht

Die Internationale Skatordnung ist das verbindliche Regelwerk für alle Skatspieler. Und es ist wichtig, dass sich alle Spieler daran halten. Und wenn man einmal gegen eine Regel verstößt, dann steht in der Skatordnung auch, was dann passiert.

Bei vielen Verstößen wird das Spiel zu Gunsten der Gegenpartei beendet, z.B. dann, wenn falsch bedient wird oder ein Spieler falsch ausspielt.

Es gibt aber durchaus Verstöße gegen die Skatordnung, die allein deswegen entstehen, weil sie von einem Gegenspieler provoziert werden. Und für diese Fälle gibt es die wichtigste Regel in der Skatordnung. Spieler haben kein fadenscheiniges Recht zu suchen.

Die Entscheidungssammlung des Internationalen Skatgerichts ist voll mit solchen Fällen. Und ich habe diese Fälle immer mit Begeisterung gelesen, war aber zum Glück noch nie in einer solchen Situation.

Bis vor Kurzem. Da hatte ich einen Spieler am Tisch, der es sich offensichtlich zum Spaß gemacht hat, seine Mitspieler zu Verstößen zu provozieren. Es fing damit an, dass er den Alleinspieler zum Ausspiel aufforderte obwohl dieser gar nicht in Vorhand war. Zu diesem Zeitpunkt hielt ich das noch für ein Versehen, immerhin waren wir ein Dreiertisch, da kommt man schonmal durcheinander. Da der Alleinspieler sich sicher war, nicht in Vorhand zu sein, hat er das „Versehen“ bemerkt.

Später wurde ich zum Alleinspieler. Und da wurde mir klar, dass die Aufforderung zum Ausspiel kein Versehen war. Ich sagte ein Null Ouvert-Spiel an. Noch bevor ich meine Karten hinlegen konnte, spielte der Spieler aus. Ich machte mir nichts daraus und legte meine Karten auf. Der Spieler stellte nun fest, dass ich gegen ISkO 2.2.5 verstoßen habe und verlangte, dass mir das Spiel als verloren abgeschrieben wird.

Bei offenen Spielen hat der Alleinspieler noch vor dem ersten Ausspielen (Anspielen) seine zehn Handkarten aufzulegen. Geschieht das nicht, hat ihn die Gegenpartei dazu aufzufordern. Die Karten müssen deutlich sichtbar, nach Farben gruppiert und in Folge geordnet sein. Ist das nicht der Fall, darf die Gegenpartei die Kartenanordnung korrigieren.

Die Sache hat nur einen Haken. ISkO 2.2.5 ist eine der Regeln, die überhaupt nicht vorsieht, dass man bei einem Verstoß dagegen sein Spiel sofort verliert. Zeige ich bei einem offenen Spiel meine Karten nicht, müssen mich die Gegenspieler zum Zeigen der Karten auffordern.

Nebenbei war das vorschnelle Ausspielen der Karte natürlich nichts anderes als eine ganz linke Nummer. Hätte dieser Skat-Großmeister tatsächlich darauf bestanden, dass ich mein Spiel verlieren müsste, hätte ein Schiedsrichter den Spieler vermutlich verwarnt.

Der Spieler startete noch ein paar vergebliche Versuche, durch fadenscheiniges Recht das Ergebnis zu beeinflussen, alle ohne Erfolg. Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals mit einem solchen Spieler gespielt zu haben. Und ich kann auch in Zukunft gerne drauf verzichten. Das war das erste Mal, dass ich mir eine Ignore-Liste für Offline-Skat-Veranstaltungen gewünscht habe…

Black is beautiful

Aus einer Support-Anfrage:

Skat-Online hat (mal wieder) ein Spiel falsch abgerechnet. Er habe einen Grand gespielt und keinen einzigen Stich gemacht. Skat-Online habe daraufhin das Spiel „Schwarz“ abgerechnet, das wäre aber falsch, denn er hätte ja 14 Augen gedrückt.

Skat-Online hat aber (mal wieder) alles richtig gemacht. Denn die Definition von „Schwarz“ ist diese:

ISkO 5.2.4 Schwarz ist die Partei, die keinen Stich erhalten hat.

Augen spielen hier – im Gegensatz zum Schneider – also gar keine Rolle. Demnach ist eine Partei, die einen Stich mit 0 Augen macht, nicht Schwarz. Und außerdem ist es völlig egal, was der Alleinspieler gedrückt hat.

Übrigens: Bei Ouvert-Spielen ist es genauso. Auch hier spielen die Augen keine Rolle. Der Alleinspieler verliert, wenn die Gegenspieler einen Stich machen. Auch dann, wenn dieser Stich keine Augen enthält.

 

Die Tücken des Handspiels

Neulich bekam ich eine E-Mail, Skat-Online habe ein Spiel falsch abgerechnet. Er habe Kreuz Hand ohne zwei gespielt und bis 48 gereizt. Er habe über 70 Augen erreicht und dann habe Skat-Online ihm das Spiel als überreizt und damit verloren abgerechnet.

Diese E-Mails erhalte ich nicht gerade selten. Ich frage dann zunächst nach, ob denn ein Bube im Skat gelegen habe. Ja, aber das spiele ja keine Rolle, denn er habe ja Hand gespielt.

Meiner Meinung nach ist dies einer der häufigsten Irrtümer beim Skat. Darauf angesprochen argumentiere ich natürlich zunächst mit der Internationalen Skatordnung:

ISkO 2.2.1: Der Skat steht in allen Fällen dem Alleinspieler zu.

Und:

ISkO 5.4.2: Erreicht ein Handspiel den gebotenen oder gehaltenen Reizwert nicht, weil ein Spitzentrumpf im Skat lag, hat sich der Alleinspieler überreizt und somit das Spiel auch dann verloren, wenn von ihm mehr als 60 Augen eingebracht worden sind. Es ist das Vielfache des Grundwertes des angesagten Spiels zu berechnen, dass der Reizwert mindestens eingestellt wird. […]

Auch bei einem Handspiel zählen also Trümpfe im Skat zu den Spitzen. Damit ist schonmal klar: Skat-Online hat das Spiel korrekt abgerechnet.

Nicht selten wird jetzt das Regelwerk angegriffen. Diese Regel sei unfair, denn wenn man als Alleinspieler den Skat nicht einsehen kann, könne man wohl kaum für im Skat liegende Spitzentrümpfe bestraft werden.

Gibt es hier tatsächlich Nachholbedarf für die Internationale Skatordnung?

Aber schauen wir uns erstmal an, warum man überhaupt Hand spielt.

1. Zur Maximierung der Spielpunkte

Wenn ich ein unverlierbares Spiel auf der Hand habe und nicht erwarte, durch den Skat einen höheren Grundwert zu erreichen (z.B. Grand statt Farbspiel), dann lasse ich den Skat liegen. Bestes Beispiel ist unser gemauertes Spiel aus dem Beitrag Mauern gibt’s nicht – oder doch?. Es gibt nur sehr wenige Karten, die aus dem Spiel einen Grand machen. Also kann man den Skat gleich liegen lassen und die 12 zusätzlichen Punkte beim unverlierbaren Kreuz Hand mitnehmen.

2. Um einen höheren Reizwert zu erhalten

Das sind die Spiele, um die es hier geht (zumindest die, bei denen „ohne“ gereizt wird). Wenn ich ein Spiel verlieren kann, dann werde ich es kaum aus der Hand spielen, denn ich werde versuchen, mein Blatt durch den Skat zu verbessern. Wenn ich aber ein Spiel nicht spielen kann, weil einer der Mitspieler über mein maximales Reizgebot bietet, dann kann ich durch ein Handspiel den Reizwert erhöhen und so versuchen, doch noch an das Spiel zu kommen.

Man kann sich auch entscheiden, aus der Hand zu spielen, obwohl der maximale Reizwert noch nicht erreicht wurde. Angenommen, ich reize ein Herz ohne 3 und muss bis 40 reizen, um es zu erhalten. Wenn mein Blatt bereits einigermaßen stark ist, entschließe ich mich vielleicht zum Handspiel. Zum Einen lasse ich die Gegenspieler über meine Trümpfe im Unklaren (man wird eher von einer Reizung „ohne 2“ ausgehen), zum Anderen sichere ich mich gegen einen Spitzentrumpf im Skat besser ab. Ich gewinne auch dann, wenn der Herz Bube im Skat liegt. Und wenn ein schwarzer Bube im Skat liegt, dann gewinne ich immerhin noch, wenn ich die Gegenspieler Schneider spiele.

Aber zurück zu unserer Ausgangssituation: Benachteiligt die Skatordnung unverhältnismäßig den Alleinspieler bei Handspielen, in dem Trümpfe im Skat zu den Spitzen gezählt werden?

Angenommen, der Alleinspieler erreicht bei seinem bis 48 gereizten Kreuz Hand 59 Augen. Er schaut in den Skat und dort liegt der Pik Bube und eine Lusche. Die Gegenspieler haben also auch genau 59 Augen. Der Alleinspieler möchte nicht, dass der Pik Bube zu seinen Spitzen zählt, denn dann hat er sich überreizt und das Spiel verloren. Die zwei Augen, die der Pik Bube zählt, möchte er aber sicherlich schon haben. Denn der Skat steht ja dem Alleinspieler zu.

Und er profitiert nicht nur wegen der Augen von dem Spitzentrumpf. Denn da der Spitzentrumpf im Skat liegt, sitzt er nicht bei einem der Gegenspieler, der damit vielleicht einen zusätzlichen Stich macht (oder wenigstens die zwei Augen zusätzlich einbringen kann).

Weiter angenommen, ein Spieler reizt Kreuz ohne drei bis 48 und schaut in den Skat. Dort findet er den Pik Buben. Jetzt weiß er, dass er sich überreizt hat und kann entsprechend reagieren. Er kann z.B. auf einen Grand ausweichen (der durch den Buben vielleicht sogar gewonnen wird). Aber wenn Grand keine (gewinnbare) Option ist, was dann? Müsste man dem Spieler denn dann nicht zugestehen, dass er den Pik Buben wieder drücken kann, damit er nicht zu den Spitzen zählt?

Handspiele erhöhen den Reiz- und Spielwert um eins. Der Spieler profitiert also beim Reizen davon, dass er aus der Hand spielt. Zudem ermöglicht ihm das Handspiel weitere Gewinnstufen wie Schneider, Schwarz oder Ouvert anzusagen. Und genau das – und nur das – ist der Vorteil des Handspiels. Alle anderen Skatregeln bleiben beim Handspiel unverändert. Das Spiel wird immer gleich gespielt und abgerechnet, egal ob der Alleinspieler Hand spielt oder nicht. Neben der zusätzlichen Reiz- und Spielstufe dem Alleinspieler noch weitere Zugeständnisse zu machen wäre unverhältnismäßig. Wem das Risiko zu groß ist, der kann problemlos auf diese Möglichkeit verzichten und überlässt die Spiele den Gegenspielern, indem er rechtzeitig passt. Eine Verpflichtung zum Handspiel gibt es nicht.

Noch ein kleiner historischer Exkurs zum Abschluss:

Vor der Geburtsstunde der Internationalen Skatordnung (also vor 1999) gab es eine einzige weitere Unterscheidung zwischen Handspielen und Spielen mit Skataufnahme. Handspiele zählten im Verlustfall nicht doppelt. Ein einfaches Karo Hand zählte also gewonnen oder verloren genau 27 Punkte. Eine Regel, der ich keine Träne nachweine. Oft genug habe ich es erlebt, dass ein Spieler nur deshalb Hand gespielt hat, weil er ein schlechtes Blatt auf der Hand und das Handspiel als „Billigmacher“ verwendet hatte. Nicht wenige Spiele wurden mir auf diese Weise abgereizt.

Abweichungen von der ISkO beim Online-Skat (4)

In dieser Serie schauen wir uns Regeln der Internationalen Skatordnung ISkO an, die für den Online-Skat modifiziert wurden. Im ersten Teil der Serie hatten wir uns eine Regel angeschaut, die bei Skat-Online sinnerhaltend gekürzt wurde. Im zweiten Teil haben wir eine Regel behandelt, die in Skat-Online ins Gegenteil verkehrt wurde. Im dritten Teil haben wir uns mit den Regeln der ISkO beschäftigt, die es im Online-Skat gar nicht gibt. Und in diesem vierten und letzten Teil schauen wir uns Regeln an, die es in der ISkO überhaupt nicht gibt.

Neulich gab es folgende Situation bei einem Turnier: Mittelhand reizt Vorhand bis 23 und passt dann. Hinterhand ist jetzt mit dem Reizen dran. Aber der steht einfach auf und verlässt das Turnier.

Das habe ich mir natürlich nur ausgedacht. Wie oft ist das schon passiert? Beim „echten“ Skat dürfte das eher selten der Fall sein. Mir persönlich ist das jedenfalls noch nie passiert. Ein befreundeter Skatschiedsrichter konnte in seiner langen Skatturnier-Karriere über zwei Fälle berichten (einmal verließ ein Spieler im Streit den Tisch und einmal musste ein Spieler krankheitsbedingt ein Spiel abbrechen). Und genau deshalb gibt es weder in der ISkO noch in der Skatwettspielordnung oder in irgendeinem mir bekannten Regelwerk eine Regel, die diesen Fall behandelt.

Beim Online-Skat kommt soetwas – leider – viel häufiger vor. Die Internetverbindung wird unterbrochen, der Computer stürzt ab, der Strom fällt aus. Zudem kann der Spieler auch absichtlich das Spiel beenden, er fährt seinen Rechner runter oder schießt Skat-Online einfach ab. Vergleichbare Dinge tut man beim „Offline“-Skat wohl eher nicht.

Wir hatten damals bei der Planung von Skat-Online beim Internationalen Skatgericht (damals war es noch das Deutsche Skatgericht) nachgefragt, wie eine solche Situation wohl beim „Offline“-Skat behandelt würde. Die Antwort: Der Turnierveranstalter würde wohl einen Ersatzspieler einsetzen oder selbst das laufende Spiel zu Ende spielen. Da in der Regel bei Turnieren Vierertische eingesetzt werden, würde die Serie als Dreiertisch beendet werden. Wäre der Fall bei einem Dreiertisch passiert, würde der Ersatzspieler wohl die gesamte Serie für den ausgeschiedenen Spieler beenden. Aber eben weil dieser Fall nicht reglementiert ist, ist es Sache des Veranstalters, wie er hier vorgeht.

Da beim Online-Skat dieser Fall einfach häufiger vorkommt, ist die vom Skatgericht vorgeschlagene Lösung eines Ersatzspielers als Lösung nicht realisierbar. Wir haben daher bereits bei der Planung der ersten Skat-Online-Version zwei Maßnahmen beschlossen.

Zunächst einmal haben wir dafür gesorgt, dass ein Spieler, der technische Probleme hat, Zeit hat, dieses Problem zu beseitigen. Im freien Spiel sind das ca. 90 Sekunden. Das reicht im Fall der Fälle sogar für einen Neustart des Rechners. Natürlich ließe sich diese Zeit beliebig hoch setzen, allerdings muss hier zwischen dem Interesse des Spielers mit dem technischen Problem und dem der Mitspieler, die in dieser Zeit auf die Sanduhr und den Text „Warte auf Karte von…“ starren, abgewogen werden. 90 Sekunden schien uns dafür als angemessen.

In einer späteren Skat-Online-Version (ich glaube, es war V5) haben wir die Zeit für Turniere auf 10 Minuten hochgesetzt. Hier gelten andere Bedingungen und es ist den Mitspielern durchaus zuzumuten, etwas länger auf einen Mitspieler zu warten. Aber wir haben nach den 90 Sekunden die beiden verbleibenden Mitspieler wieder anden Tisch zurück geführt, damit die Spieler sich die Wartezeit wenigstens mit Chatten verkürzen können.

Aber auch die längste Wartezeit kann nicht verhindern, dass der Fall eintritt, dass ein Spieler gar nicht mehr zurückkommt. Und spätestens dann muss das unterbrochene Spiel abgerechnet werden.

Ist das Spiel bereits am Laufen (also nach der Spielansage), dann ist das noch relativ einfach. Wir gehen einfach davon aus, dass der Spieler, der sich unsanft verabschiedet hat, das Spiel aufgegeben hat. Die Spielaufgabe ist in der Internationalen Skatordnung geregelt. Der entsprechende neu eingeführte Punkt (4.3.6) in der Skat-Online Skatordnung lautet daher:

Verlässt ein Spieler das laufende Spiel, so wird dies als Spielaufgabe gemäß 4.3.1 bis 4.3.3 gewertet

Das Spiel kann aber auch an folgenden Stellen unterbrochen werden:

  • Bevor ein Alleinspieler ermittelt wurde (vor oder während des Reizens)
  • Nachdem der Alleinspieler ermittelt wurde, aber vor der Spielansage

Für den letzten Fall muss zudem unterschieden werden, ob der Spieler, der das Spiel verlassen hat, der Alleinspieler oder einer der Gegenspieler ist.

Auch wenn es im offiziellen Regelwerk keine Entsprechung für diese Fälle gibt, so darf eine selbst erstellte Regel nicht im Widerspruch zur Internationalen Skatordnung entwickelt werden. Folgende Regel ist hier besonders zu beachten:

ISkO 3.2.16: Nach ordnungsgemäßem Geben muss ein gültiges Spiel zustande kommen. Auch ein eingepasstes Spiel ist ein gültiges Spiel (siehe 3.3.7).

Wir können das Spiel nicht einfach verwerfen, also gar nicht werten. Nun könnten wir das Spiel einfach einpassen. Aber das würde mit Sicherheit dazu führen, dass einige Spieler bei einem schlechten Blatt den Spielabbruch provozieren. Ich habe mich nach Skataufnahme überreizt? Schnell das WLAN abschalten und schon komme ich mit einem blauen Auge davon.

Nun könnte man dem Spieler einfach ein paar Strafpunkte verpassen. 100 Miese auf das Punktekonto und weiter zum nächsten Spiel. Eine solche Möglichkeit sieht die Internationalen Skatordnung aber nicht vor. Es gibt keine einzige Regel, die eine Spielabrechnung außerhalb der im 5. Kapitel definierten Grundwerte und Gewinnstufen vorsieht.

Also haben wir uns dazu entschieden, ein „echtes“ Spiel als Grundlage für die Abrechnung zu nehmen. Die Wahl fiel hierbei auf den größt möglichen Grundwert, den Grand. Damit wollten wir sicher stellen, dass es keine Situation gibt, die einen absichtlichen Spielabbruch attraktiver macht als eine reguläre Durchführung des Spiels.

Nachdem diese Entscheidung getroffen war, war der Rest ziemlich einfach. Der Grundwert von 24 war gesetzt. Da die Karten bereits verteilt wurden, können wir auch die Spitzen ermitteln. Und sofern gereizt wurde, können wir auch sicherstellen, dass der Spielwert wenigstens dem Reizwert entspricht (es ist also auch möglich, dass man sich bei vor der Spielansage abgebrochenen Spielen überreizt).

Wurde noch kein Alleinspieler ermittelt oder ist der Spieler, der das Spiel abgebrochen hat, der Alleinspieler, dann schreiben wir ihm den Grand als verlorenes Spiel ab. Wir gehen dabei zu Gunsten des Spielers davon aus, dass der Spieler nicht Hand spielt. Auch auf die Stufen „Schneider“ und „Schwarz“ verzichten wir (in Analogie zur ISkO 4.1.4: Hat jemand vor der Spielentscheidung unberechtigt ausgespielt oder einen anderen Regelverstoß begangen, ist das Spiel für die schuldige Partei in der Stufe einfach (nicht Schneider oder Schwarz) verloren.).

Punkt 3.3.9 der Skat-Online Skatordnung:

Verlässt ein Spieler vor der Beendigung des Reizvorgangs das Spiel, so wird ihm das laufende Spiel als einfacher verlorener Grand (nicht Schneider oder Schwarz) bewertet.

Und der zweite Teil des Punkts 3.4.6 der Skat-Online Skatordnung:

[…] Verlässt der Alleinspieler das Spiel vor der Spielansage, so wird ihm ein einfacher Grand (nicht Schneider oder Schwarz) als verloren angerechnet.

Wurde bereits ein Alleinspieler ermittelt und einer der Gegenspieler bricht vor der Spielansage das Spiel ab, dann gehen wir zu Gunsten des Alleinspielers – der an dem Spielabbruch ja keine Schuld trägt – davon aus, dass dieser einen Grand ansagt und wegen eines Regelverstoßes der Gegenpartei kampflos gewinnt.

Der erste Teil von Punkt 3.4.6 der Skat-Online Skatordnung regelt das:

Verlässt einer der Gegenspieler das Spiel vor der Spielansage, so wird dem Alleinspieler ein einfacher Grand (nicht Schneider oder Schwarz) als gewonnen angerechnet. […]

Auch diese Regel ist eine Regel der „ersten Stunde“, ist also fast unverändert von Anfang an in Skat-Online enthalten. Das bedeutet aber nicht, dass die Regel die ultimative und optimale Lösung darstellt. Wenn ich einen Grand Hand auf der Hand habe und ein anderer Spieler verabschiedet sich, dann ist es nur ein schwacher Trost, dass ich 40 Punkte für sein verlorenes Spiel kassiere.

Aber wie sähe eine bessere, fairere Regel aus? Es gab einige Ansätze von Spielern, die Regeln zu modifizieren, aber entweder standen diese im direkten Widerspruch zur ISkO oder die Modifikation löste nur bestimmte Spezialfälle, verschlechterte die Regeln aber in anderen Belangen.

Natürlich ist es ärgerlich, wenn ich ein gutes Spiel nicht spielen kann, aber ich vergleiche das dann gerne mit dem Fall, dass ich ein Bombenblatt bekomme und dann festgestellt wird, dass der Kartengeber sich vergeben hat. Und immerhin gibt es diesen Fall beim Online-Skat nicht.

Fazit

Die Internationale Skatordnung wurde für den „echten“ Skat entwickelt. Viele Regeln lassen sich nicht oder nicht sinnvoll auf den Online-Skat übertragen. Zudem ergeben sich online einige Situationen, die durch zusätzliche Regeln abgedeckt werden müssen.

Dennoch ist es möglich, den Geist der Internationalen Skatordnung auch auf den Online-Skat übertragen.

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Abweichungen von der ISkO beim Online-Skat (3)

Im ersten Teil der Serie haben wir uns eine Regel angeschaut, die in Skat-Online sinnerhaltend gekürzt wurde. Im zweiten Teil haben wir eine Regel behandelt, die wir in Skat-Online komplett modifiziert haben. In diesem Teil schauen wir uns die größte Menge der Anpassungen an: Die entfallenen Regeln.

Und davon gibt es eine ganze Menge. Sehr viele Regeln der Internationalen Skatordnung sind in der Skat-Online Skatordnung ersatzlos entfallen.

Ein Beispiel:

ISkO 3.2.3: Werden vom Kartengeber die Karten beim Mischen gestochen oder geblättert, so ist vor dem Abheben noch einmal durchzumischen.

Warum es diese Regel in der Skat-Online Skatordnung nicht gibt, ist klar: Es gibt in Skat-Online keine „echten“ Karten. Es ist also gar nicht möglich, Karten beim Mischen zu blättern. Also gibt es auch keine Erfordernis, die Karten vor dem Abheben nochmal durchzumischen.

Ein Großteil der entfallenen Regeln beschäftigt sich mit Situationen, die es im Online-Skat überhaupt nicht geben kann. Noch ein Beispiel:

ISkO 3.2.14: Ein Spieler, der während oder nach ordnungsgemäßem Geben den Skat ansieht oder aufwirft, darf nicht am Reizen teilnehmen.

Auch diese Situation kann überhaupt nicht eintreten. Skat-Online sorgt dafür, dass der Skat nicht unberechtigt eingesehen werden kann, also entfällt diese Regel ersatzlos.

Auf den ersten Blick ist das nachfolgende Beispiel ebenfalls aus dieser Kategorie, dennoch ist es hier etwas anders:

ISkO 4.2.3: Hat jemand eine ausgespielte Farbe oder geforderten Trumpf nicht bedient, obwohl es möglich war ist das Spiel sofort beendet und nach den Bestimmungen 4.1.3 bis 4.1.6 zu entscheiden. Wird Weiterspielen verlangt, ist der Fehler zu berichtigen.

In Skat-Online ist es nicht möglich, falsch zu bedienen. Daher kann die Regel entfallen. Die Frage ist aber, ob Skat-Online damit, dass es falsches Bedienen verhindert, unverhältnismäßig in das Skatregelwerk eingegriffen hat.

Viele der entfallenen Regeln haben für das Skatspiel selbst keinerlei Bedeutung (im obigen ersten Beispiel wird der Fehler einfach korrigiert und nochmal neu durchgemischt). Bei dem letzten Beispiel ist das aber anders. Der Verstoß gegen diese Regel kann den Spielausgang wesentlich beeinflussen! Es gibt weitere Beispiele, die ich hier auflisten möchte (Liste nicht vollständig):

  • Ungültige Spielansage (ISkO 3.4.4 bis 3.4.5)
  • Zu viele oder zu wenige Karten gedrückt (ISkO 3.4.6)
  • Skateinsicht nach Spielansage (ISkO 3.4.8)
  • Unberechtigtes Ausspiel (ISkO 4.1.3 bis 4.1.8)
  • Zwei oder mehr gleichzeitig ausgespielte Karten (ISkO 4.1.9)
  • Zu viel oder zu wenige Karten auf der Hand (ISkO 4.2.6)
  • Spielbeeinflussendes Vorziehen einer Karte (ISkO 4.2.7)
  • Aufdecken des Skats (ISkO 4.2.8)
  • Kartenverrat (ISkO 4.2.9)
  • Korrektes Einziehen der Stiche, Nichteinziehen von Stichen (ISkO 4.4.4, 4.4.5)
  • Nachsehen von Stichen (ISkO 4.4.6)

Bleiben wir aber stellvertretend bei dem genannten Beispiel: Es ist in Skat-Online nicht möglich, falsch zu bedienen. Ein deutlicher Unterschied zum „Offline“-Skat. Dort geht das, und es kommt in der Praxis auch ziemlich häufig vor.

Es geht hier auch nicht darum, dass es nicht möglich wäre, diese Regel umzusetzen. Auf den ersten Blick ist das sogar sehr einfach: Man erlaubt, jede Handkarte zu spielen und der Computer meckert, wenn falsch bedient wurde. Das wäre aber nur eine sehr unzureichende Umsetzung, tatsächlich gehört noch etwas mehr dazu:

Die Gegenpartei (also die Partei, die nicht falsch bedient hat) muss die Gelegenheit bekommen, trotz Regelverstoß weiterzuspielen (weil sie eine höhere Gewinnstufe erreichen möchte). Zudem darf der Fehler gar nicht automatisch vom Computer reklamiert werden, die Reklamation muss durch einen Spieler erfolgen. Wird ein Regelverstoß nämlich nicht reklamiert, gilt er als nicht begangen (vergleiche z.B. ISkO 4.1.7: Wird unberechtigtes Ausspielen erst bemerkt, nachdem der Stich vollendet ist, muss auf rechtmäßiges Ausspielen erkannt werden […]).

Und das macht die Umsetzung deutlich komplizierter. Es muss ein „Reklamieren“-Button eingeführt werden. Die Art der Reklamation muss dann ausgewählt werden. Der Computer muss prüfen, ob die Reklamation berechtigt war. War sie es, muss die Partei entscheiden, ob dennoch weitergespielt wird oder nicht. Falls ja, muss der Regelverstoß (der ggf. mehrere Stiche zurücklag) korrigiert und von dort aus weitergespielt werden.

Ziemlich kompliziert. Ich kenne kein einziges Skatprogramm, das sich diese Mühe gemacht hat. Es gab aber tatsächlich mal ein Skatprogramm, das die vereinfachte Umsetzung wie oben beschrieben realisiert hatte. Es handelte sich nicht um ein Online-Skatspiel, sondern „nur“ um ein Spiel gegen die KI des Computers. Man konnte hier falsch bedienen und der Computer hat dann das Spiel sofort beendet und gemäß ISkO abgerechnet.

Kommen wir aber nun zur Bewertung dieser Einschränkung: Ist es ein Manko, dass ein Online-Skatspiel diese Regeln nicht 1:1 umsetzt und stattdessen einfach per Programm dafür sorgt, dass solche Verstöße gar nicht erst begangen werden können?

Auch hier gilt, was ich in den anderen Teilen dieser Serie geschrieben habe: Online-Skat ist nicht „Offline“-Skat. Wäre es möglich, beim Online-Skat falsch zu bedienen, dann würde dies wesentlich häufiger vorkommen als beim „Offline“-Skat. Um mit echten Karten in der Hand falsch zu bedienen sind wesentlich mehr Schritte erforderlich. Ich schaue auf den Tisch und dann in meine Handkarten und suche dort die passende Karte. Ich nehme diese Karte in die Hand und ziehe sie aus meinen Handkarten. Dann lege ich die Karte zu den anderen Karten auf den Tisch. Online positioniere ich meinen Mauszeiger und klicke darauf. Und nur weil ich einmal zwei Pixel danebengeklickt habe, soll ich gleich mein Spiel verlieren?

Online-Skat ist hier also viel „ehrlicher“ als „Offline“-Skat. Spiele können nur durch reines Können gewonnen bzw. verloren werden. Und nicht wegen einer kleinen Unaufmerksamkeit oder weil zwei Karten zusammenkleben.

Diese Regelreduktion wird allgemein auch akzeptiert. Mit der einzigen oben erwähnten (und sehr halbherzig umgesetzten) Ausnahme hat kein einziges mir bekanntes Skatprogramm diese Regeln implementiert. Und das hat sicherlich nichts damit zu tun, dass die Programmierer zu faul dazu waren, sondern dass auch hier wieder weniger mehr ist: Das Fehlen der Regeln steigert die Qualität und mindert sie nicht.

Im vierten und letzten Teil der Serie geht es um eine Regel, die wir eigens für Skat-Online entwickelt haben und die man in der ISkO vergeblich sucht.

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Abweichungen von der ISkO beim Online-Skat (2)

Im ersten Teil der Serie haben wir eine Regel der Internationalen Skatordnung für den Online-Skat „zusammengestutzt“. Nun schauen wir uns eine Regel an, die wir für Skat-Online nicht nur vereinfacht, sondern tatsächlich abgeändert haben. ISkO 4.3.3:

Alle Spiele sind beendet, sobald einer der Gegenpartei das Spiel aufgibt; die Bestimmungen 4.1.3 bis 4.1.6 gelten entsprechend (gemeinsame Haftung).

Die entsprechende Regel der Skat-Online Skatordnung ist quasi das genaue Gegenteil:

Ein Spiel ist als beendet anzusehen, sobald beide Gegenspieler ohne Absprache das Spiel aufgeben.

Es wäre leicht, die urpsrüngliche Regel der ISkO umzusetzen. Und die Spieler, die von Anfang an bei Skat-Online dabei waren, wissen, dass dies in der allerersten Skat-Online-Version auch noch so war. Ein Gegenspieler hat das Spiel aufgegeben und das Spiel wurde gemäß ISkO 4.3.3 beendet.

Es dauerte nicht lange, da wurden wir mit einer Eigenheit des Online-Skatspiels konfrontiert, die bereits als Argument für die von uns gewählte Umsetzung der Zeigens der Karten durch den Alleinspieler gedient hat: Online-Skat wird wesentlich flotter gespielt als der „normale“ Skat. Und somit haben sehr viele Spieler als Gegenspieler ein Spiel aufgegeben, obwohl das Spiel noch nicht entschieden war. Hier war Geschwindigkeit oftmals wichtiger als Schneider frei zu werden. Und das hat nicht selten zu Frust bei dem anderen Gegenspieler geführt, der gerne das Maximum aus dem Spiel herausgeholt hätte.

Kleine Notiz am Rande: Als Skat-Online im Jahr 2000 online ging, waren 55.6er Modems noch „State of the Art“.

Natürlich gibt es eine solche Situation auch beim „Offline“-Skat. Ein Gegenspieler wirft die Karten hin und der andere Gegenspieler hätte das Spiel noch entscheiden können. Aber was „offline“ die Ausnahme ist, war online eher die Regel.

Also haben wir in kürzester Zeit Skat-Online angepasst, wie wir es heute kennen. Bereits in Version 1.1 war diese Änderung enthalten. Beide Gegenspieler müssen unabhängig voneinander das Spiel aufgeben, erst dann wird das Spiel durch die Gegenpartei aufgegeben.

Die Umsetzung war gut durchdacht. Der zweite Gegenspieler erfährt nicht, dass der erste Gegenspieler das Spiel aufgegeben hat. Dies könnte sonst Kartenverrat im Sinne der ISkO 4.2.9 sein, denn immerhin zeigt damit der erste Gegenspieler an, dass er glaubt, keinen Stich mehr zu machen und der zweite Gegenspieler kann daraus Rückschlüsse ziehen.

Alle Mitspieler haben sich jeglicher Äußerungen und Gesten zu enthalten, die geeignet sind, die Karten zu verraten oder den Spielverlauf zu beeinträchtigen. Bei Verstößen ergeben sich Konsequenzen aus den Bestimmungen 4.1.3 bis 4.1.6.

Die Regel hat gut funktioniert und ist bis heute quasi unverändert in Skat-Online enthalten.

Interessanterweise veranschaulicht diese Regel sehr deutlich den Unterschied zwischen „Offline“- und Online-Skat: Die von uns umgesetzte Regel für den Online-Skat ließe sich beim „normalen“ Skat überhaupt nicht umsetzen, denn wie sollte ein Gegenspieler eine Spielaufgabe anmelden, ohne dass der andere Gegenspieler das mitbekommt?

Im dritten Teil der Serie schauen wir uns gleich eine ganze Reihe von Regeln an, die es im Online-Skat überhaupt nicht gibt.

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Abweichungen von der ISkO beim Online-Skat (1)

Wir sind sehr stolz darauf, dass wir die Regeln der Internationalen Skatordnung vollständig in Skat-Online umgesetzt haben. Auch wenn der ein oder andere Spieler Kontra und Re schmerzlich vermisst, so ist es für uns sehr wichtig, dass wir uns an das offizielle Regelwerk halten.

Aber tun wir das auch? Wenn man die Skat-Online Skatordnung mit der Internationalen Skatordnung vergleicht, dann stellt man fest, dass a) Erstere viel, viel kürzer ist und b) es doch einige Abweichungen gibt. Sehr viele Regeln sind gar nicht umgesetzt, zwei Regeln wurden abgeändert und eine Regel ist sogar zusätzlich dazu gekommen.

In einer kleinen vierteiligen Serie möchten wir Euch diese Abweichungen vorstellen und darlegen, wie es zu den Änderungen kam.

Im ersten Teil der Serie geht es um unsere Auslegung der ISkO 4.3.4:

Durch das Auflegen oder Vorzeigen seiner Karten während eines Farb- oder Grandspiels ohne Abgabe einer zutreffenden Erklärung zeigt der Alleinspieler an, dass er alle weiteren Stiche macht. Trifft das nicht zu, ist das Spiel beendet. Die Bestimmungen 4.1.3 bis 4.1.6 gelten entsprechend. Bei Nullspielen zeigt er auf dieselbe Weise an, keinen Stich zu erhalten.

In Skat-Online ist die Regel modifiziert. Sie lautet:

Dem Alleinspieler ist erlaubt, zwecks Spielabkürzung seine Karten den Gegenspielern zu zeigen. Weder ihm noch den Gegenspielern entsteht daraus ein rechtlicher Vor- oder Nachteil.

Das bedeutet, dass bei Skat-Online der Alleinspieler jederzeit seine Karten zeigen kann, egal ob die Gegenspieler noch einen Stich machen.

Ist das ein Widerspruch zur ISkO?

Nein. ISkO 4.3.4 verlangt nicht, dass der Alleinspieler in jedem Fall alle restlichen Stiche machen muss. Er muss nur eine zutreffende Erklärung abgeben. Eine allgemeine Erklärung wie „Ich gewinne“ reicht dabei vollkommen aus (Skatgerichtsentscheidung zu ISkO 4.3.4, Fall 13). Bei Skat-Online gehen wir also davon aus, dass der Spieler beim Zeigen der Karten genau so eine Erklärung abgibt und damit sind die Bedingungen der ISkO 4.3.4 erfüllt.

Ohne Frage ist dies eine Abweichung zum „normalen“ Skat. Es ist in Skat-Online nicht möglich, eine andere Erklärung abzugeben als „Ich gewinne“. Somit nehmen wir den Gegenspielern die Möglichkeit, eine fehlende oder falsche Aussage des Alleinspielers beim Zeigen der Karten dazu zu nutzen, das Spiel des Alleinspielers zu Fall zu bringen.

Was würde es bedeuten, wenn wir ISkO 4.3.4 vollständig in den Online-Skat übernehmen. Wir müssten es dem Alleinspieler ermöglichen, eine Erklärung abzugeben. Also erscheint bei „Karten zeigen“ ein Popup: „Bitte gib eine Erklärung ab (leerlassen, wenn Du keine Erklärung abgeben möchtest)“. Wie soll er nun diese Erklärung abgeben? Freie Texteingabe? Oder eine Auswahl an möglichen Erklärungen? Letzteres kommt nicht in Frage, denn ISkO 4.3.4 erlaubt eine beliebige Erklärung, also dürfen wir hier nicht einschränken. Zudem würde dann vermutlich ohnehin jeder Spieler „Ich gewinne“ als Möglichkeit auswählen, und damit können wir das auch gleich lassen.

Also bieten wir ein Textfeld an, in das der Spieler eine Erklärung eintippen kann. Was nun, wenn die Gegenspieler noch einen Stich machen? Die Erklärung müsste daraufhin geprüft werden, ob sie zutreffend war oder nicht. Eine solche Prüfung darf man kaum dem Computer überlassen. Davon abgesehen, dass das sehr kompliziert wäre, dürfte es genügend Fälle geben, in denen eine solche Prüfung nicht möglich ist (z.B. Tippfehler) oder falsche Ergebnisse liefert.

Und mal ehrlich: Welcher Spieler würde sich die Mühe machen, zum Zeigen der Karten eine lange Erklärung einzutippen? Das Zeigen der Karten dient der Spielabkürzung. Wer länger bei Skat-Online spielt stellt fest, dass die Karten manchmal noch im 8. Stich gezeigt werden, um das Spiel abzukürzen. Muss ich erst mühsam einen Text eingeben, würde das kaum den gewünschten Beschleunigungseffekt haben.

Eine vollautomatisierte Umsetzung ist also wenn überhaupt nur mit erheblichem Aufwand möglich. Die Umsetzung in Skat-Online macht das, was sie soll: Sie erlaubt es, ein Spiel abzukürzen. Und das im Sinne der ISkO. Mehr wäre hier definitiv zu viel.

Im zweiten Teil der Serie schauen wir uns eine Regel der ISkO an, die wir – mit Absicht – für Skat-Online völlig umgeschrieben haben.

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Mauern gibt’s nicht… oder doch?

Neulich hatten wir bei einem Online-Turnier einen Fall, der zu einer Beschwerde geführt hat. Der Spieler in Vorhand hatte folgendes Blatt:

Kreuz BubePik BubeHerz BubeKaro BubeKreuz Dame
Kreuz 9Kreuz 7Pik AssHerz 7Karo König

Er passte bei 18. Das „Opfer“ in Mittelhand hat ein ganz ansehnliches Pik ohne 5 auf der Hand, nachdem ihm Vorhand aber alle Trümpfe abgezogen hatte, war das Spiel bereits verloren.

Der Alleinspieler, der sein Spiel verloren hat, legt nun nach einigem Zögern Beschwerde gegen das Reizverhalten von Vorhand ein. Dieser verteidigt sich. Mittelhand sei für sein Reizen selbst verantwortlich, es gäbe für ihn keine Verpflichtung zu reizen. Später räumt er ein, dass dieses Spiel die Revanche für ein vorangegangenes Spiel gewesen sei. Er hatte hier fünf Trumpf, sein Gegenspieler (das spätere „Opfer“) sechs Trumpf in Pik. Er warf dem Spieler vor, sein Spiel nicht ausgereizt zu haben (er reizte ohne zwei „nur“ bis 22).

Der Beschwerde wurde stattgegeben, der Spieler wurde verwarnt.

Eine Analyse dieser Entscheidung:

Diese Entscheidung basiert auf einer Entscheidung des Internationalen Skatgerichts aus dem Jahr 2003. Wir hatten damals einen sehr ähnlichen Fall, weswegen wir eine Anfrage an das Skatgericht gestellt hatten. Das Skatgericht bewertet das „Mauern“ analog zum Abreizen. Die wichtigsten Erkenntnisse aus dieser Entscheidung geben zunächst dem „Maurer“ Recht:

  • Jeder Spieler ist für sein abgegebenes Reizgebot selbst verantwortlich. Wer reizt muss auch damit rechnen, dass er das Spiel bekommt.
  • Natürlich darf man sich eine bestimmte Kartenverteilung bei den Gegenspielern wünschen, einen Anspruch darauf hat man aber nicht.

Ein sehr schönes Zitat aus der Entscheidung:

In keiner Bestimmung der ISkO ist festgehalten, wie viele Spiele ein Spieler verlieren oder gewinnen darf. Wir können und wollen nicht das defensive oder offensive Verhalten der einzelnen Spieler durch ein Reglement beeinflussen.

Es gibt keine Beurteilungskriterien oder Entscheidungen darüber, ob ein Spieler bis an die Grenze seiner Reizmöglichkeiten geht oder nicht, dies ist meist von mehreren Faktoren abhängig. Aggressive, risikobereite Spieler oder solche, die alle Möglichkeiten ausschöpfen wollen, um eventuell noch einen Preis zu erlangen, gehen in den meisten Fällen bis zum höchstmöglichen Reizwert. Sie nehmen dabei in Kauf, ein teures Spiel zu verlieren und werden des Öfteren des Abreizens („Abreizer“) bezichtigt.

Und später:

Beide Varianten des Reizverhaltens [gemeint sind defensives und offensives Reizen] sind verständlich, normal, nachvollziehbar und meist von der jeweiligen Situation abhängig. Daher gibt es für diese beiden Varianten des Reizens keine Bestimmungen in der ISkO.

Es gibt ein „Aber“. Wenn ich ein Spiel allein deswegen reize, weil ich einem anderen Spieler ein Spiel wegnehmen möchte und dabei selbst keinerlei Aussicht darauf habe, das Spiel zu gewinnen, dann ist das Abreizen. Dies kommt ziemlich häufig vor. Fast jede zweite Beschwerde, die bei uns eingereicht wird, beschäftigt sich damit (wobei natürlich bei weitem nicht jede Beschwerde berechtigt ist). Dieser Fall ist sogar so häufig, dass er in der DSkV Turnierordnung explizit behandelt wird. Ab dem 5. verlorenen Spiel kann die Turnierleitung informiert werden (Punkt 16, in der Turnierordnung der Verbandsgruppe 11 im Landesverband 1 beispielsweise ist dieses „kann“ sogar durch ein „muss“ ersetzt worden). Zudem kann eine Verwarnung wegen Abreizens ausgesprochen werden (ebenfalls Punkt 16). Wiederholtes Abreizen kann zudem ein Grund sein, einen Spieler von der weiteren Teilnahme an der Veranstaltung auszuschließen (Punkt 17).

Auch im vorsätzlichen „Mauern“ sieht das Internationale Skatgericht eine Ausnahme.

Aber wo hört defensives Reizen auf und fängt „Mauern“ an? Ab wann bin ich ein offensiver Reizer und ab wann ein Abreizer?

Entscheidend ist der Vorsatz: Wenn ich alleine deswegen ein Spiel reize (Abreizen) bzw. nicht reize (Mauern), um einem anderen Spieler ein Spiel wegzunehmen bzw. umzumachen, dann ist das unsportlich und kann geahndet werden.

Zitat aus der Entscheidung des Internationalen Skatgerichts:

Anders verhält es sich, wenn ein Mitspieler bewusst, vorsätzlich und nachweisbar abreizt oder sein Spiel unter Wert abgibt (z.B. mit vier Buben bei einem Reizgebot von „18 oder 20“ passen). In diesen Fällen können die Mitspieler einen Schiedsrichter hinzuziehen, der dann aufgrund der Aussagen entscheidet, ob der betroffene Spieler zu verwarnen (und im Wiederholungsfall auszuschließen) ist. Hier ist die Bestimmung 4.5.2 der ISkO und die Turnierordnung für Meisterschaften […] des DSkV anzuwenden.

Eine sehr salomonische Entscheidung des Skatgerichts. Der Vorsatz macht den Unterschied zwischen offensivem Reizen (erlaubt) und Abreizen (verboten) bzw. devensivem Reizen (erlaubt) und Mauern (verboten) aus. Dieser Vorsatz muss dem Spieler nachgewiesen werden. Zudem muss dem Spieler bewusst gewesen sein, dass er einen Regelverstoß begangen hat.

Im hier diskutierten Beispiel war der Nachweis des Vorsatzes leicht zu führen. Der Alleinspieler hat ein unter allen Umständen und Kartenverteilungen absolut unverlierbares Kreuz Hand auf der Hand. Die Gegenspieler können unabhängig von der Spielweise und aller möglichen Kartenverteilungen maximal 47 Punkte erreichen. Jetzt kann es sein, dass dieser Umstand dem Spieler überhaupt nicht bewusst war. Auf den ersten Blick sieht das Blatt – bis auf die vier Buben – tatsächlich nicht besonders gut aus. In einer ersten Stellungnahme hat der Spieler auch geschrieben, dass er da er keine Aussicht mehr auf einen Preis hatte kein Risikospiel mehr spielen wollte. Wenn dem Spieler also nicht bewusst war, dass er mauert, hat er auch nicht gemauert. Denn wo man sich irrt kann man nicht vorsätzlich handeln.

Dagegen spricht aber, dass der Spieler kein Anfänger ist. Selbst wenn er den Vorsatz später nicht eingeräumt hätte wäre man daher wohl zu dem Ergebnis gekommen, dass die Begründung nur vorgeschoben war.

Der Spieler handelte also bewusst, vorsätzlich und nachweisbar. Analog zur Skatgerichtsentscheidung war die Verwarnung des Spielers also die richtige Entscheidung.

Bei mutmaßlich abgereizten Spielen ist es generell wesentlich schwieriger, einen Vorsatz nachzuweisen. Bei so ziemlich jedem abgereizten Spiel gibt es einen möglichen Skat oder eine mögliche Kartenverteilung, mit der der Alleinspieler sein Spiel hätte gewinnen können. Wenn man nun bei jedem Spiel, das auch nur theoretisch gewinnbar ist annimmt, dass der Spieler nicht abgereizt hat, dann gibt es Abreizen so gut wie überhaupt nicht.

Man sieht also: Hier ist viel Fingerspitzengefühl seitens der Turnierleitung und der Schiedsrichter gefragt. Jeder Fall muss individuell geprüft und entschieden werden. Neben dem reinen Kartenstand gibt es noch viele andere Faktoren, die zur Entscheidung herangezogen werden müssen. Beispielsweise:

  • Der aktuelle Punktestand in der Serie (ein Spieler, der mit einem riskanten Spiel noch in die Preise geraten kann hat nicht unbedingt abgereizt, ein Spieler, der bei 300 Punkten steht schon eher).
  • Die Professionalität des Spielers (einem Deutschen Meister darf man getrost zutrauen, dass er weiß, dass der Kreuz Hand unverlierbar ist, einem Spieler, der zum ersten Mal ein Turnier spielt nicht unbedingt).
  • Die geführte Diskussion am Tisch.

Abschließen möchte ich mit dem berühmt berüchtigten Absatz aus der Internationalen Skatordnung, der auch in der Skatgerichtsentscheidung zitiert wurde. Er ist kurz, lässt sehr viel Spielraum für Interpretationen und eigentlich eine Selbstverständlichkeit.

4.5.2 Alle Teilnehmer haben sich in jeder Situation fair, sachlich und sportlich zu verhalten und kein fadenscheiniges Recht zu suchen.

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