Das einmal gewonnene Spiel

Ein Skat-Online-Spieler hat sich bei mir beschwert. Er war Alleinspieler und einer der Gegenspieler hatte während des Spiels ein technisches Problem, weswegen das Spiel abgebrochen wurde. Obwohl nicht er, sondern ein anderer Spieler das Problem hatte, wurde ihm das Spiel als verloren abgerechnet.

Ich hatte mir das Spiel angeschaut und kam zu dem Ergebnis, dass alles seine Richtigkeit hatte. Der Abbruch erfolgte im siebten Stich des Spiels, zu diesem Zeitpunkt hatte der Alleinspieler sein Spiel bereits verloren. Durch den Spielabbruch gingen der siebte und alle weiteren Stiche an den Alleinspieler.

Der Spieler war damit nicht einverstanden. Er bestand darauf, dass das Spiel durch den Spielabbruch zu seinen Gunsten gewertet werden sollte.

Die Skatordnung ist in diesem Punkt aber eindeutig. Ein einmal verlorenes Spiel kann auch durch einen Regelverstoß der Gegenpartei nicht mehr gewonnen werden. Dies ist in 4.1.3 der Internationalen Skatordnung geregelt, auf die bei allen in der Skatordnung beschriebenen Regelverstößen verwiesen wird:

Unberechtigtes Ausspielen beendet das Spiel. Ist es bereits entschieden, gewinnt die betreffende Partei mit den von ihr bis dahin eingebrachten Augen.

Im Anhang zur Skatordnung („Wissenswertes für den Skatspieler“) ist dies auch nochmal ausführlich beschrieben:

Wie bei einem Rennen mit dem Zerreißen des Zielbandes der Sieg unwiderruflich feststeht, so ist es auch hier mit dem 61. Auge für den Alleinspieler. Ein Spiel, das bereits gewonnen ist, kann nie mehr verloren werden.

Skat-Online setzt den Ausstieg aufgrund technischer Gründe mit einer Spielaufgabe dieses Spielers gleich. Und auch bei einer Spielaufgabe durch die Gegenspieler wird – wenig überraschend – auf ISkO 4.1.3 verwiesen.

Das alles überzeugte den Spieler nicht, er wolle doch mal sehen, ob andere Plattformen das nicht besser lösen würden. Würde mich wundern…

Spielfehler: Absicht oder Versehen?

Neulich wurde ich bei einem Skatturnier Zeuge über eine Streitigkeit am Nachbartisch. Ein Spieler hatte den Schiedsrichter gerufen, da er seinem Mitspieler vorsätzliches Falschspiel unterstellte.

Die beiden Spieler waren Gegenspieler und der Beschwerdeführer hat dem beschuldigten Spieler vorgeworfen, durch absichtlich schlechtes Spiel das Spiel des Alleinspielers gewonnen zu haben. Im Endspiel hat der Spieler seinem Partner nur einen König zugegeben, obwohl er noch ein Ass gehabt hätte, das er stattdessen hätte schmieren können. Die Gegenspieler hatten am Ende 56 Augen in ihren Stichen, mit dem Ass hätten sie das Spiel gewonnen.

Der Beschuldigte räumte den Spielfehler ein, bestritt aber die Absicht. Er hatte sich verzählt und war daher der Meinung, das Ass würde zum Spielsieg nicht ausreichen, er hatte das Ass daher nicht gelegt, da er damit ggf. noch einen Stich hätte machen können.

Erschwerend kam hinzu, dass sowohl der Alleinspieler als auch der beschuldigte Gegenspieler Mitglied im selben Skatverein waren.

Der Beschwerdeführer hat nun verlangt, dass der Alleinspieler sein Spiel als verloren abgeschrieben bekommt und der Gegenspieler zudem verwarnt wird.

Der herbeigerufene Schiedsrichter hat die Beschwerde verworfen. Er hat auch keine Verwarnung ausgesprochen.

Meiner Meinung nach war das die einzig richtige Entscheidung. Der Alleinspieler kann kaum für das schlechte Gegenspiel der Gegenspieler verantwortlich gemacht werden, unabhängig davon ob das schlechte Spiel Absicht war oder nicht. Beide Gegenspieler haften gleichermaßen für die Handlungen des anderen Spielers. ISkO 3.5.2:

Jeder einzelne der Gegenpartei ist gleichermaßen am Erfolg wie Misserfolg der Gegenspieler beteiligt. Es haften demnach auch alle gemeinsam für die Folge von Regelverstößen im Gegenspiel oder Spielaufgabe.

Die Erklärung des Gegenspielers für seinen Spielfehler ist zudem plausibel. Nicht alle Spieler zählen mit und auch gute Skatspieler verzählen sich mal oder verlieren den Überblick. Wenn ein solcher Spielfehler jedesmal zu einer Rüge, Verwarnung oder gar Sperre eines Spielers führen würde, hätten Schiedsrichter viel zu tun.

Aus einem einzigen Spiel lässt sich also noch lange keine Absicht ableiten und dass die beiden Spieler im selben Verein sind bedeutet noch lange nicht, dass man seinen Vereinskollegen absichtlich gewinnen lässt. Immerhin hat der Spieler sich mit seinem Spielfehler auch selbst geschadet.

Was aber, wenn der Spielfehler wesentlich auffälliger ist oder sich solche Spielfehler immer genau dann häufen, wenn sie zugunsten eines bestimmten Spielers geschehen? Auch hier sagt das Internationale Skatgericht mit Hinweis auf ISkO 3.5.2, dass der Spielausgang auf keinen Fall korrigiert wird. Das Spiel wird stets nach seinem tatsächlichen und nicht nach seinem möglichen Ausgang bewertet.

Wenn allerdings das Falschspiel eines Spielers zweifelsfrei nachgewiesen werden kann, kann man den oder die betroffenen Spieler vom Spielbetrieb ausschließen und ggf. sogar eine Sperre für weitere Veranstaltungen aussprechen. Und selbst wenn sich das Falschspiel nicht zweifelsfrei nachweisen lässt, kann der Veranstalter immernoch ohne Angaben von Gründen von seinem Hausrecht Gebrauch machen. 4.3 der Skatwettspielordnung regelt das:

Veranstalter und Spielleitung haben das Recht, bei nachweisbar willkürlichen Verstößen Teilnehmer ohne weiteres vom Weiterspiel auszuschließen. Die Teilnehmergebühr ist dann verfallen. Jede erneute Beteiligung kann versagt werden. Ebenso ist der Veranstalter berechtigt, die Teilnahme am Wettspiel ohne Angabe von Gründen zu verweigern.

Zudem besteht natürlich die Möglichkeit, Spieler desselben Vereins nicht an einem Tisch spielen zu lassen. Idealerweise gibt der Veranstalter dies bereits in der Ausschreibung der Veranstaltung an.

Wir hatten online 2003 einmal einen ähnlichen Fall, den wir damals dem Internationalen Skatgericht zur Entscheidung vorgelegt hatten.

 

Abweichungen von der ISkO beim Online-Skat (2)

Im ersten Teil der Serie haben wir eine Regel der Internationalen Skatordnung für den Online-Skat „zusammengestutzt“. Nun schauen wir uns eine Regel an, die wir für Skat-Online nicht nur vereinfacht, sondern tatsächlich abgeändert haben. ISkO 4.3.3:

Alle Spiele sind beendet, sobald einer der Gegenpartei das Spiel aufgibt; die Bestimmungen 4.1.3 bis 4.1.6 gelten entsprechend (gemeinsame Haftung).

Die entsprechende Regel der Skat-Online Skatordnung ist quasi das genaue Gegenteil:

Ein Spiel ist als beendet anzusehen, sobald beide Gegenspieler ohne Absprache das Spiel aufgeben.

Es wäre leicht, die urpsrüngliche Regel der ISkO umzusetzen. Und die Spieler, die von Anfang an bei Skat-Online dabei waren, wissen, dass dies in der allerersten Skat-Online-Version auch noch so war. Ein Gegenspieler hat das Spiel aufgegeben und das Spiel wurde gemäß ISkO 4.3.3 beendet.

Es dauerte nicht lange, da wurden wir mit einer Eigenheit des Online-Skatspiels konfrontiert, die bereits als Argument für die von uns gewählte Umsetzung der Zeigens der Karten durch den Alleinspieler gedient hat: Online-Skat wird wesentlich flotter gespielt als der „normale“ Skat. Und somit haben sehr viele Spieler als Gegenspieler ein Spiel aufgegeben, obwohl das Spiel noch nicht entschieden war. Hier war Geschwindigkeit oftmals wichtiger als Schneider frei zu werden. Und das hat nicht selten zu Frust bei dem anderen Gegenspieler geführt, der gerne das Maximum aus dem Spiel herausgeholt hätte.

Kleine Notiz am Rande: Als Skat-Online im Jahr 2000 online ging, waren 55.6er Modems noch „State of the Art“.

Natürlich gibt es eine solche Situation auch beim „Offline“-Skat. Ein Gegenspieler wirft die Karten hin und der andere Gegenspieler hätte das Spiel noch entscheiden können. Aber was „offline“ die Ausnahme ist, war online eher die Regel.

Also haben wir in kürzester Zeit Skat-Online angepasst, wie wir es heute kennen. Bereits in Version 1.1 war diese Änderung enthalten. Beide Gegenspieler müssen unabhängig voneinander das Spiel aufgeben, erst dann wird das Spiel durch die Gegenpartei aufgegeben.

Die Umsetzung war gut durchdacht. Der zweite Gegenspieler erfährt nicht, dass der erste Gegenspieler das Spiel aufgegeben hat. Dies könnte sonst Kartenverrat im Sinne der ISkO 4.2.9 sein, denn immerhin zeigt damit der erste Gegenspieler an, dass er glaubt, keinen Stich mehr zu machen und der zweite Gegenspieler kann daraus Rückschlüsse ziehen.

Alle Mitspieler haben sich jeglicher Äußerungen und Gesten zu enthalten, die geeignet sind, die Karten zu verraten oder den Spielverlauf zu beeinträchtigen. Bei Verstößen ergeben sich Konsequenzen aus den Bestimmungen 4.1.3 bis 4.1.6.

Die Regel hat gut funktioniert und ist bis heute quasi unverändert in Skat-Online enthalten.

Interessanterweise veranschaulicht diese Regel sehr deutlich den Unterschied zwischen „Offline“- und Online-Skat: Die von uns umgesetzte Regel für den Online-Skat ließe sich beim „normalen“ Skat überhaupt nicht umsetzen, denn wie sollte ein Gegenspieler eine Spielaufgabe anmelden, ohne dass der andere Gegenspieler das mitbekommt?

Im dritten Teil der Serie schauen wir uns gleich eine ganze Reihe von Regeln an, die es im Online-Skat überhaupt nicht gibt.

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