Falsche Signale

Vorhand spielte einen Grand und eröffnete mit dem Pik Buben. Mittelhand legte den Herz Buben. Ich hatte keinen Buben und legte eine Lusche.

Dieser Stich sagte sehr viel über das Blatt des Alleinspielers und das meines Partners. Es sagte mir Folgendes:

Vorhand hatte drei Buben, nämlich Kreuz, Pik und Karo. Mein Partner hatte nur den Herz Buben.

Klar: Hätte mein Partner den Kreuz Buben, dann hätte er den Stich übernommen. Hat er nicht, also hat Vorhand den Kreuz Buben. Der Karo Bube liegt auch bei Vorhand. Denn andernfalls hätte mein Partner in Mittelhand den Karo Buben auf den Pik Buben gelegt, nicht den Herz Buben.

Und genau da sollte ich mich irren. Mein Partner hatte durchaus den Karo Buben. Und dieser Irrtum hat uns am Ende das Spiel gekostet. Wir hatten über 50 Augen liegen. Hätte ich geahnt, dass mein Partner noch einen Buben haben könnte, dann hätte ich anders gespielt und wir hätten einen Stich mehr gemacht. Der hätte zum Sieg gereicht.

Nach dem Spiel sprach ich meinen Mitspieler darauf an, dass er mir mit dem Herz Buben ein falsches Signal gesendet hat. „Wieso? Ob ich den Karo oder den Herz Buben lege macht doch keinen Unterschied!“. Eben doch. Der Alleinspieler weiß, welche Buben er hat und welche bei uns liegen. Mein Mitspieler wusste es nach dem ersten Spiel auch. Nur ich konnte nicht wissen, wie die beiden letzten Buben verteilt sind. Wenn es also – aus seiner Sicht – egal ist, welchen Buben er spielt, dann wäre es richtig gewesen, wenn er mir mit dem Karo Buben angezeigt hätte, dass er den Herz Buben auch noch hat.

Noch ein ähnliches Beispiel:

Der Alleinspieler spielt ein Farbspiel. Ich habe in Vorhand in einer Fehlfarbe alle Karten bis auf 7, 8 und Ass. Ich spiele die 9 aus, der Alleinspieler übernimmt mit dem Ass, mein Partner spielt die 8.

Damit ist für mich klar, dass die 7 der Fehlfarbe beim Alleinspieler liegen muss. Er kann sie natürlich gedrückt haben. Aber eins ist klar: Mein Partner hat die 7 nicht, sonst hätte er sie auf das Ass gelegt. Auch hier gilt: 7 und 8 sind gleichwertig. Beide bringen dem Alleinspieler 0 Augen und beide machen sicherlich keinen Stich. Aber die 8 signalisiert: Ich habe die 7 nicht! Die 7 bedeutet: Ich habe vielleicht auch noch die 8. Solche kleinen aber feinen Unterschiede können schonmal den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage – oder Schneider und nicht Schneider – ausmachen.

Beim Skat darf man keine Äußerungen machen, die Auskunft über die eigenen Karten geben (ISkO 4.2.9). Umso wichtiger ist es, seinem Partner durch solche Feinheiten auf erlaubtem Wege möglichst viel über sein Blatt zu verraten.

264? Ja!

Das höchst mögliche Reizgebot beim Skat ist 264. Das entspricht einem Grand Ouvert mit vieren (Mit 4 Spiel 5 Hand 6 Schneider 7 angesagt 8 Schwarz 9 angesagt 10 Ouvert 11 Mal 24 = 264). Beim „Offline“-Skat wird dieser Reizwert wohl eher selten gereizt werden. Die Gegenspieler werden viel früher passen oder der Spieler mit dem Grand Ouvert sagt diesen während des Reizens an („Irgendwer mehr als ein Grand Ouvert?“).

Beim Online-Skat hatten wir zu Beginn von Skat-Online ab und an den Fall, dass Spieler diesen Reizwert genannt haben in der Hoffnung, dass ein Spieler mit einem guten Blatt zu schnell auf „Ja“ klickt, da er von der Sprungreizung überrascht wurde. Dieser Spieler hat sein Spiel damit natürlich überreizt und wird es ziemlich teuer verlieren.

Wir haben bereits sehr früh auf diese Unsportlichkeit reagiert. Wird jetzt bei Skat-Online ein Reizwert übersprungen, wird der „Ja“-Button erst mit einer Verzögerung von zwei Sekunden aktiv.

Dennoch kommt es – wenn auch sehr selten – vor, dass ein Spieler trotzdem auf den Bluff mit der hohen Reizung hereinfällt. Gerade neulich erreichte mich eine entsprechende Beschwerde mit der Bitte, den Spieler zu verwarnen und die Bewertung des Spiels rückgängig zu machen.

Ersteres haben wir gemacht. Zweiteres war nicht möglich. ISkO 3.3.8 ist hier eindeutig:

Die Erklärung des Passens sowie das Bieten und Halten eines Reizwertes sind unwiderruflich […].

Als es die Verzögerung beim „Ja“-Button noch nicht gab, hatten wir das beim Internationalen Skatgericht angefragt, das dieses Vorgehen entsprechend bestätigt hat. Auszüge aus der Begründung:

Der Unterschied zwischen Computerskat und Realität unterscheidet sich darin, dass beim Computerskat der Reizwert angezeigt und in der Realität akustisch zu vernehmen ist. In beiden Fällen müssen die Mitspieler darauf achten, was angesagt bzw. angezeigt wird. In dem o.g. Fall hat Vorhand übereilt und ohne den angezeigten Reizwert zu überprüfen, diesen mit „Ja“ bestätigt. Nachdem kein höheres Reizgebot erfolgt ist (erfolgen kann), ist Vorhand verpflichtet, ein Spiel mit dem gehaltenen Reizgebot anzusagen und durchzuführen.

Da Vorhand einen Grand spielen will ist wahrscheinlich ausgeschlossen, dass Mittelhand einen Grand ouvert spielen kann. Dieses überhöhte Reizgebot wurde sicher mit dem Hintergedanken abgegeben, dass Vorhand dieses Gebot (ohne den Reizwert zu überprüfen) bestätigt. Wenn Vorhand den Reizwert überprüft und gepasst hätte, wäre Mittelhand verpflichtet gewesen, ein Spiel entsprechend des letzten Reizgebotes durchzuführen. Da es offensichtlich ist, dass Mittelhand (vorsätzlich) ein Reizgebot über ein Spiel abgegeben hat, das er nicht gewinnen (durchführen) kann, ist Mittelhand in jedem Fall zu verwarnen und im Wiederholungsfall vom weiteren Spiel auszuschließen.

[…]

Update 10:37 Uhr: Ein Grand Ouvert mit 4en hat natürlich den Reizwert 264, nicht 268. Danke, Thomas!

Das einmal gewonnene Spiel

Ein Skat-Online-Spieler hat sich bei mir beschwert. Er war Alleinspieler und einer der Gegenspieler hatte während des Spiels ein technisches Problem, weswegen das Spiel abgebrochen wurde. Obwohl nicht er, sondern ein anderer Spieler das Problem hatte, wurde ihm das Spiel als verloren abgerechnet.

Ich hatte mir das Spiel angeschaut und kam zu dem Ergebnis, dass alles seine Richtigkeit hatte. Der Abbruch erfolgte im siebten Stich des Spiels, zu diesem Zeitpunkt hatte der Alleinspieler sein Spiel bereits verloren. Durch den Spielabbruch gingen der siebte und alle weiteren Stiche an den Alleinspieler.

Der Spieler war damit nicht einverstanden. Er bestand darauf, dass das Spiel durch den Spielabbruch zu seinen Gunsten gewertet werden sollte.

Die Skatordnung ist in diesem Punkt aber eindeutig. Ein einmal verlorenes Spiel kann auch durch einen Regelverstoß der Gegenpartei nicht mehr gewonnen werden. Dies ist in 4.1.3 der Internationalen Skatordnung geregelt, auf die bei allen in der Skatordnung beschriebenen Regelverstößen verwiesen wird:

Unberechtigtes Ausspielen beendet das Spiel. Ist es bereits entschieden, gewinnt die betreffende Partei mit den von ihr bis dahin eingebrachten Augen.

Im Anhang zur Skatordnung („Wissenswertes für den Skatspieler“) ist dies auch nochmal ausführlich beschrieben:

Wie bei einem Rennen mit dem Zerreißen des Zielbandes der Sieg unwiderruflich feststeht, so ist es auch hier mit dem 61. Auge für den Alleinspieler. Ein Spiel, das bereits gewonnen ist, kann nie mehr verloren werden.

Skat-Online setzt den Ausstieg aufgrund technischer Gründe mit einer Spielaufgabe dieses Spielers gleich. Und auch bei einer Spielaufgabe durch die Gegenspieler wird – wenig überraschend – auf ISkO 4.1.3 verwiesen.

Das alles überzeugte den Spieler nicht, er wolle doch mal sehen, ob andere Plattformen das nicht besser lösen würden. Würde mich wundern…

Das eingepasste Spiel

Wenn alle drei Spieler passen, dann ist das Spiel damit beendet. Es wird als „eingepasst“ in die Liste eingetragen, kein Spieler erhält oder verliert Punkte. Ein „vergeudetes“ Spiel sozusagen. Der einzige Spieler, der einigermaßen von einem eingepassten Spiel profitiert ist der Kartengeber an einem Vierertisch, da keiner der spielenden Spieler punktet.

Erfahrungsgemäß gibt es bei Turnieren über ein oder zwei Serien weniger eingepasste Spiele als bei Meisterschaften und Turnieren über mehrere Serien. Ist ja auch verständlich, bei kurzen Turnieren ist man durchaus eher einmal bereit, auch mit einem schwachen Blatt 18 zu sagen, bei längeren Turnieren vermeidet man eher mal riskante Spiele.

Ich erinnere mich an eine Quali zur Deutschen Mannschaftsmeisterschaft. Hier haben wir in einer Serie (48 Spiele) ganze 13 Spiele eingepasst. Mehr als drei Runden wurden also nicht gespielt. Wir haben uns bei jedem der 13 Spiele den Skat angeschaut, bei einer Mehrheit der Spiele hätte keiner der Spieler ein brauchbares Spiel zusammenbekommen. Kein einziges Mal hat ein Spieler einen „Riesen“ verpasst.

Das ist natürlich eher die Ausnahme. Ich habe mal in unserer Turnier- und Ligadatenbank geschaut. In der Skat-Online Liga wurden 5,23% der Spiele eingepasst, also etwas mehr als eins von 20 Spielen bzw. 1,9 Spiele je 36er Serie.

Im Turnierbereich kommen wir auf 4,97% der Spiele (entspricht 1,8 Spiele je 36er Serie), hier zeigt sich also, dass im Turnierbereich offensiver gereizt wird.

Es kommt natürlich immer sehr stark auf die am Tisch beteiligten Spieler an. Es gibt Tische, da sind eingepasste Spiele von vornherein so gut wie ausgeschlossen. Stoßen defensive Spieler aufeinander, steigt die Anzahl.

Ich bin eher ein offensiver Spieler und wenn es nur um mich gegangen wäre, hätte es in der Serie bei der Quali keine 13 eingepassten Spiele gegeben. Allerdings hatte ich 7 davon selbst gegeben und bei einem Mannschaftsturnier spielt man nunmal nicht nur für sich. Zum Glück, ich hätte die meisten Spiele wohl verloren.

Spielfehler: Absicht oder Versehen?

Neulich wurde ich bei einem Skatturnier Zeuge über eine Streitigkeit am Nachbartisch. Ein Spieler hatte den Schiedsrichter gerufen, da er seinem Mitspieler vorsätzliches Falschspiel unterstellte.

Die beiden Spieler waren Gegenspieler und der Beschwerdeführer hat dem beschuldigten Spieler vorgeworfen, durch absichtlich schlechtes Spiel das Spiel des Alleinspielers gewonnen zu haben. Im Endspiel hat der Spieler seinem Partner nur einen König zugegeben, obwohl er noch ein Ass gehabt hätte, das er stattdessen hätte schmieren können. Die Gegenspieler hatten am Ende 56 Augen in ihren Stichen, mit dem Ass hätten sie das Spiel gewonnen.

Der Beschuldigte räumte den Spielfehler ein, bestritt aber die Absicht. Er hatte sich verzählt und war daher der Meinung, das Ass würde zum Spielsieg nicht ausreichen, er hatte das Ass daher nicht gelegt, da er damit ggf. noch einen Stich hätte machen können.

Erschwerend kam hinzu, dass sowohl der Alleinspieler als auch der beschuldigte Gegenspieler Mitglied im selben Skatverein waren.

Der Beschwerdeführer hat nun verlangt, dass der Alleinspieler sein Spiel als verloren abgeschrieben bekommt und der Gegenspieler zudem verwarnt wird.

Der herbeigerufene Schiedsrichter hat die Beschwerde verworfen. Er hat auch keine Verwarnung ausgesprochen.

Meiner Meinung nach war das die einzig richtige Entscheidung. Der Alleinspieler kann kaum für das schlechte Gegenspiel der Gegenspieler verantwortlich gemacht werden, unabhängig davon ob das schlechte Spiel Absicht war oder nicht. Beide Gegenspieler haften gleichermaßen für die Handlungen des anderen Spielers. ISkO 3.5.2:

Jeder einzelne der Gegenpartei ist gleichermaßen am Erfolg wie Misserfolg der Gegenspieler beteiligt. Es haften demnach auch alle gemeinsam für die Folge von Regelverstößen im Gegenspiel oder Spielaufgabe.

Die Erklärung des Gegenspielers für seinen Spielfehler ist zudem plausibel. Nicht alle Spieler zählen mit und auch gute Skatspieler verzählen sich mal oder verlieren den Überblick. Wenn ein solcher Spielfehler jedesmal zu einer Rüge, Verwarnung oder gar Sperre eines Spielers führen würde, hätten Schiedsrichter viel zu tun.

Aus einem einzigen Spiel lässt sich also noch lange keine Absicht ableiten und dass die beiden Spieler im selben Verein sind bedeutet noch lange nicht, dass man seinen Vereinskollegen absichtlich gewinnen lässt. Immerhin hat der Spieler sich mit seinem Spielfehler auch selbst geschadet.

Was aber, wenn der Spielfehler wesentlich auffälliger ist oder sich solche Spielfehler immer genau dann häufen, wenn sie zugunsten eines bestimmten Spielers geschehen? Auch hier sagt das Internationale Skatgericht mit Hinweis auf ISkO 3.5.2, dass der Spielausgang auf keinen Fall korrigiert wird. Das Spiel wird stets nach seinem tatsächlichen und nicht nach seinem möglichen Ausgang bewertet.

Wenn allerdings das Falschspiel eines Spielers zweifelsfrei nachgewiesen werden kann, kann man den oder die betroffenen Spieler vom Spielbetrieb ausschließen und ggf. sogar eine Sperre für weitere Veranstaltungen aussprechen. Und selbst wenn sich das Falschspiel nicht zweifelsfrei nachweisen lässt, kann der Veranstalter immernoch ohne Angaben von Gründen von seinem Hausrecht Gebrauch machen. 4.3 der Skatwettspielordnung regelt das:

Veranstalter und Spielleitung haben das Recht, bei nachweisbar willkürlichen Verstößen Teilnehmer ohne weiteres vom Weiterspiel auszuschließen. Die Teilnehmergebühr ist dann verfallen. Jede erneute Beteiligung kann versagt werden. Ebenso ist der Veranstalter berechtigt, die Teilnahme am Wettspiel ohne Angabe von Gründen zu verweigern.

Zudem besteht natürlich die Möglichkeit, Spieler desselben Vereins nicht an einem Tisch spielen zu lassen. Idealerweise gibt der Veranstalter dies bereits in der Ausschreibung der Veranstaltung an.

Wir hatten online 2003 einmal einen ähnlichen Fall, den wir damals dem Internationalen Skatgericht zur Entscheidung vorgelegt hatten.

 

Der wandernde Skat

Eine sehr interessante Anfrage zur Skatordnung:

Mittelhand reizt 18, Vorhand passt. Mittelhand hebt eine Karte des Skats auf, woraufhin Hinterhand protestiert, da er mit dem Reizen an der Reihe gewesen wäre.

Die Karten von Mittelhand und der Skat werden daraufhin gemischt und der Skat daraus gezogen. Mittelhand wird vom Reizen ausgeschlossen.

Hinterhand nimmt nun den neu ermittelten Skat auf. Nun protestiert Vorhand: Es habe keine Reizung stattgefunden, nachdem Mittelhand vom Reizen ausgeschlossen wurde. Hinzerhand sagt, dass Vorhand ja bereits gepasst hatte und somit nur er als potenzieller Alleinspieler übrig bliebe.

Die beiden herbeigerufenen Schiedsrichter waren sich nicht einig.

Schiedsrichter A wollte, dass neu gegeben wird. Schiedsrichter B wollte, dass nun Hinterhand vom Reizen ausgeschlossen wird und Vorhand ein Reizgebot abgeben oder passen kann.

Ein ganz schön kniffliger Fall, den ich so auch nicht in der Entscheidungssammlung des Internationalen Skatgerichts vorgefunden habe.

Zunächst einmal ist eines ganz einfach: Schiedsrichter A hat auf keinen Fall recht! ISkO 3.2.16 regelt das:

Nach ordnungsgemäßem Geben muss ein gültiges Spiel zustande kommen. Auch ein eingepasstes Spiel ist ein gültiges Spiel […].

Es wurde ordnungsgemäß gegeben, also muss auch ein gültiges Spiel zustande kommen. Es gibt nur eine einzige Ausnahme zu dieser Regel, die hier aber nicht zu tragen kommt (ungleiche Karten bei beiden Parteien). Damit ist schonmal klar, dass die Entscheidung von Schiedsrichter A nicht richtig ist.

Fangen wir mal bei dem ersten Regelverstoß an. Mittelhand nimmt vor Beendigung des Reizens eine Karte des Skats auf. Eventuell wurde hier bereits ein Fehler gemacht. In ISkO 3.3.10 steht:

Will jemand ein Spiel machen, obwohl der Skat von einem Spieler vor Beendigung des Reizens aufgenommen wurde, hat der Kartengeber aus den 12 Karten, die vom Schuldigen zu mischen sind, zwei Karten als Skat verdeckt zu ziehen. Der ursprünglich gelegene Skat ist nur dann auszuhändigen, wenn er von allen Spielern eindeutig ausgemacht werden kann. Wird dieser Regelverstoß vor Beendigung des Reizens begangen, aber erst nach Beendigung des Reizens festgestellt, muss der Alleinspieler vor Skataufnahme entscheiden, ob er spielen oder einpassen will.

Wenn der Skat also noch identifizierbar war (immerhin war ja bislang auch nur eine einzige Karte aufgenommen worden), dann hätte der Skat gar nicht aus den Handkarten von Mittelhand gezogen werden dürfen.

Hinterhand war nun der Meinung, dass er nicht erneut reizen muss, da Mittelhand vom Reizen ausgeschlossen wurde und Vorhand bereits gepasst hatte. ISkO 3.3.9 regelt das:

Hat ein Spieler vor Beendigung des Reizens den Skat angesehen oder aufgenommen oder die Karten eines Mitspielers unberechtigt eingesehen, ist er vom weiteren Reizen auszuschließen. Außerdem sind die anderen Spieler nicht mehr an ihr Reizgebot gebunden. Sie können einpassen oder neu reizen. Das gilt auch, wenn der Kartengeber oder ein anderer Mitspieler den Skat vor Beendigung des Reizens angesehen hat. Spieler, die vor Abgabe eines Reizgebotes gepasst haben, dürfen nicht am neuen Reizvorgang teilnehmen […].

Vorhand darf also durchaus wieder am Reizen teilnehmen, da sie nicht mehr an ihr ursprüngliches Reizgebot gebunden ist. Hinterhand hat also den Skat ebenfalls unberechtigt aufgenommen und ist damit vom Reizen auszuschließen. Vorhand kann nun ganz alleine entscheiden, ob er ein Spiel wagen oder das Spiel einpassen möchte.

Im konkreten Fall hat sich übrigens Schiedsrichter A durchgesetzt, das Spiel wurde neu gegeben. Das Internationale Skatgericht macht in seiner Entscheidungssammlung aber sehr deutlich, dass die Skatregel 3.2.16 bindend ist und keine Ausnahme zulässt. Nachdem ordentlich gegeben wurde muss ein Spiel zustande kommen. Egal wie weit der Skat gewandert ist.

Viva la Revolution

Ich werde häufiger mal nach der Spielart „Revolution“ gefragt.

Um das gleich zu Beginn klarzustellen: Revolution gibt es beim Skat nicht. Es ist kein Bestandteil des Regelwerks! Die Revolution gehört also zum sogenannten Kneipenskat.

Die Revolution ist eine Variante des Nullspiels. Eigentlich ist es ein reiner Teuermacher. Sie hat den Reiz- und Spielwert 92 (wobei mir auch schon andere Werte untergekommen sind). Allerding können die Gegenspieler sich gegenseitig die Karten austauschen. Auch mit dem Skat können Karten getauscht werden.

Man spielt eine Revolution also nur dann, wenn man einen in jeder Hinsicht unverlierbaren Null Ouvert Hand auf der Hand hat. Und dann kann man sogar höher als die meisten Grandspiele reizen.

Damit ist auch klar, warum das Spiel nicht in das normale Skatspiel passt. Der Skat gehört immer dem Alleinspieler, nicht den Gegenspielern. Sich gegenseitig in die Karten schauen dürfen die Gegenspieler auch nicht. Und wild Karten hin- und herschieben sowieso nicht.

Ich bin durchaus ein Freund der ein oder anderen Kneipenskatregel. Privat spiele ich schonmal gerne mit Kontra, Re, Bock und Ramsch. Aber Revolution hat mich immer schon genervt…

 

Grand, Schneider angesagt

Pech gehabt. Da hat ein Spieler bei einem Turnier ein Bombenblatt auf der Hand. Er bekommt das Spiel, lässt den Skat unbesehen liegen und sagt „Grand, Schneider angesagt“ an. Die Gegenspieler machen 20 Augen.

Die Ansage „Schneider angesagt“ ist nur bei vorherigen Handspielen möglich (ISkO 5.2.1). Den Skat hat der Spieler zwar nicht angesehen, er hat es aber versäumt, das Handspiel auch anzusagen. Damit wird die Stufe auch nicht gewertet. In ISkO 3.4.1 heißt es dazu:

[Die Spielansage] muss vollständig sein, d.h. auch ein Hand- oder Ouvertspiel muss angesagt werden, wenn es als Berechnungsstufe gewertet werden soll.

Da also kein Handspiel vorliegt, ist auch die Ansage „Schneider angesagt“ ungültig und wird nicht gewertet.

Jetzt könnte man argumentieren, dass der Alleinspieler sein Spiel wegen der ungültigen Spielansage automatisch verloren hat. Das ist aber nicht der Fall. ISkO 3.4.4:

Eine Spielansage ist ungültig, wenn sie in einem für alle Mitspieler erkennbaren Widerspruch zu grundlegenden Spielbedingungen steht. Darunter fallen die Ansage eines Handspiels, von offenen Farbspielen, Grand ouvert und Gewinnstufen jeweils nach Skataufnahme. […]

Und weiter in ISkO 3.4.5:

Eine ungültige Spielansage – nicht strafbar – ist sofort zu korrigieren. Dabei muss das angesagte Spiel innerhalb derselben Spielgattung/Farbe erhalten bleiben.

Ausschlaggebend ist hierbei das „nicht strafbar“.

Angenommen, die Gegenspieler wären aus dem Schneider gekommen. Sie hätten sich dann auch nicht darauf berufen können, dass der Alleinspieler Schneider angesagt hat. Denn wenn die Stufe wie oben beschrieben nicht gewertet wird, dann gilt das natürlich auch für die Gegenspieler.

Der Alleinspieler gewinnt also seinen Grand, nicht Hand und nicht Schneider angesagt.

 

 

Da waren’s nur noch neun

Interessanter Streitfall: Ein Spieler reizt bis 44 und sagt dann Pik Hand an. Er reizte ohne zwei. Jetzt wird festgestellt, dass drei Karten im Skat liegen. Einer der Gegenspieler hat nur neun Karten auf der Hand, die beiden anderen Spieler haben die richtige Anzahl an Karten.

Zunächst einmal ist festzustellen, dass das Spiel nicht neu gegeben wird. ISkO 3.2.9:

Wurden die Karten vergeben, indem sie zahlenmäßig ungleich verteilt sind, ist nur dann noch einmal zu geben, wenn die Beanstandung vor Beendigung des Reizens erfolgte oder wenn beide Parteien eine fehlerhafte Kartenzahl haben […].

Da das Reizen bereits beendet ist, wird nicht neu gegeben. Dadurch, dass der Alleinspieler die richtige Anzahl an Karten hat, gewinnt er damit automatisch sein Spiel. Daran ändern auch die drei Karten im Skat nichts.

Eine der drei Karten im Skat ist der Kreuz Bube. Der Alleinspieler hat sich also eigentlich überreizt.

Das Internationale Skatgericht hat in einem vergleichbaren Fall entschieden, dass die drei Karten im Skat für die Spielbewertung gar nicht herangezogen werden sollen. Denn sonst müsste man ja insgesamt 13 Karten für die Spielbewertung berücksichtigen. Es bleibt also bei den 10 Handkarten des Alleinspielers und damit bei einem „ohne 2 Hand 3 Spiel 4“-Spiel, das nicht überreizt ist.

 

Das fadenscheinige Wünsch-Dir-Was

Eine Anfrage zur Skatordnung:

Es sind noch vier Stiche zu spielen. Der Alleinspieler in Vorhand zeigt seine Karten und sagt „Der Rest ist mir!“. Er hat noch die drei höchsten Trümpfe und die letzte im Spiel befindliche Herzkarte. Einer der Gegenspieler meldet nun an, dass die restlichen Stiche an die Gegenspieler gehen, denn der Alleinspieler könnte noch einen Stich abgeben wenn er anstatt einer seiner Trumpfkarten die letzte Herzkarte ausspielen würde. Er selbst könnte diese dann stechen.

Ein klassischer Fall für ISkO 4.5.2:

Alle Teilnehmer haben sich in jeder Situation fair, sachlich und sportlich zu verhalten und kein fadenscheiniges Recht zu suchen.

Der Gegenspieler sucht hier natürlich fadenscheiniges Recht. Die Gegenspieler können das Spiel nicht gewinnen und anstatt dies zu akzeptieren wird ein Regelverstoß konstruiert, um das unverlierbare Spiel des Alleinspielers umzubiegen.

Durch das Zeigen der Karten und die Abgabe der Erklärung „Der Rest ist mir!“ ist der Alleinspieler verpflichtet, alle restlichen Stiche zu machen. In der Skatordnung steht aber nirgends, dass der Alleinspieler dabei auch noch die dümmst mögliche Karte auszuspielen hat. Mit dieser „Argumentation“ könnte man jedesmal, wenn der Alleinspieler seine Karten zeigt, soetwas konstruieren. Der Alleinspieler könnte ja falsch bedienen oder plötzlich auf „Mau Mau“ umschwenken und beim Ausspiel einer 7 zwei Karten ziehen.

Wenn die Gegenspieler der Meinung sind, dass sie noch einen Stich machen, dann wird das Spiel einfach – mit offengelegten Karten des Alleinspielers – fortgesetzt. Der Alleinspieler darf dann aber natürlich weiterhin nach seinem Belieben weiterspielen. Er muss sich auch nicht die Augen verbinden oder beide Hände auf dem Rücken verschränken. Machen die Gegenspieler dann tatsächlich einen Stich, dann gehen alle Stiche seit dem Auflegen der Karten an sie. Das soll ja recht häufig vorkommen.