264? Ja!

Das höchst mögliche Reizgebot beim Skat ist 264. Das entspricht einem Grand Ouvert mit vieren (Mit 4 Spiel 5 Hand 6 Schneider 7 angesagt 8 Schwarz 9 angesagt 10 Ouvert 11 Mal 24 = 264). Beim „Offline“-Skat wird dieser Reizwert wohl eher selten gereizt werden. Die Gegenspieler werden viel früher passen oder der Spieler mit dem Grand Ouvert sagt diesen während des Reizens an („Irgendwer mehr als ein Grand Ouvert?“).

Beim Online-Skat hatten wir zu Beginn von Skat-Online ab und an den Fall, dass Spieler diesen Reizwert genannt haben in der Hoffnung, dass ein Spieler mit einem guten Blatt zu schnell auf „Ja“ klickt, da er von der Sprungreizung überrascht wurde. Dieser Spieler hat sein Spiel damit natürlich überreizt und wird es ziemlich teuer verlieren.

Wir haben bereits sehr früh auf diese Unsportlichkeit reagiert. Wird jetzt bei Skat-Online ein Reizwert übersprungen, wird der „Ja“-Button erst mit einer Verzögerung von zwei Sekunden aktiv.

Dennoch kommt es – wenn auch sehr selten – vor, dass ein Spieler trotzdem auf den Bluff mit der hohen Reizung hereinfällt. Gerade neulich erreichte mich eine entsprechende Beschwerde mit der Bitte, den Spieler zu verwarnen und die Bewertung des Spiels rückgängig zu machen.

Ersteres haben wir gemacht. Zweiteres war nicht möglich. ISkO 3.3.8 ist hier eindeutig:

Die Erklärung des Passens sowie das Bieten und Halten eines Reizwertes sind unwiderruflich […].

Als es die Verzögerung beim „Ja“-Button noch nicht gab, hatten wir das beim Internationalen Skatgericht angefragt, das dieses Vorgehen entsprechend bestätigt hat. Auszüge aus der Begründung:

Der Unterschied zwischen Computerskat und Realität unterscheidet sich darin, dass beim Computerskat der Reizwert angezeigt und in der Realität akustisch zu vernehmen ist. In beiden Fällen müssen die Mitspieler darauf achten, was angesagt bzw. angezeigt wird. In dem o.g. Fall hat Vorhand übereilt und ohne den angezeigten Reizwert zu überprüfen, diesen mit „Ja“ bestätigt. Nachdem kein höheres Reizgebot erfolgt ist (erfolgen kann), ist Vorhand verpflichtet, ein Spiel mit dem gehaltenen Reizgebot anzusagen und durchzuführen.

Da Vorhand einen Grand spielen will ist wahrscheinlich ausgeschlossen, dass Mittelhand einen Grand ouvert spielen kann. Dieses überhöhte Reizgebot wurde sicher mit dem Hintergedanken abgegeben, dass Vorhand dieses Gebot (ohne den Reizwert zu überprüfen) bestätigt. Wenn Vorhand den Reizwert überprüft und gepasst hätte, wäre Mittelhand verpflichtet gewesen, ein Spiel entsprechend des letzten Reizgebotes durchzuführen. Da es offensichtlich ist, dass Mittelhand (vorsätzlich) ein Reizgebot über ein Spiel abgegeben hat, das er nicht gewinnen (durchführen) kann, ist Mittelhand in jedem Fall zu verwarnen und im Wiederholungsfall vom weiteren Spiel auszuschließen.

[…]

Update 10:37 Uhr: Ein Grand Ouvert mit 4en hat natürlich den Reizwert 264, nicht 268. Danke, Thomas!

Der wandernde Skat

Eine sehr interessante Anfrage zur Skatordnung:

Mittelhand reizt 18, Vorhand passt. Mittelhand hebt eine Karte des Skats auf, woraufhin Hinterhand protestiert, da er mit dem Reizen an der Reihe gewesen wäre.

Die Karten von Mittelhand und der Skat werden daraufhin gemischt und der Skat daraus gezogen. Mittelhand wird vom Reizen ausgeschlossen.

Hinterhand nimmt nun den neu ermittelten Skat auf. Nun protestiert Vorhand: Es habe keine Reizung stattgefunden, nachdem Mittelhand vom Reizen ausgeschlossen wurde. Hinzerhand sagt, dass Vorhand ja bereits gepasst hatte und somit nur er als potenzieller Alleinspieler übrig bliebe.

Die beiden herbeigerufenen Schiedsrichter waren sich nicht einig.

Schiedsrichter A wollte, dass neu gegeben wird. Schiedsrichter B wollte, dass nun Hinterhand vom Reizen ausgeschlossen wird und Vorhand ein Reizgebot abgeben oder passen kann.

Ein ganz schön kniffliger Fall, den ich so auch nicht in der Entscheidungssammlung des Internationalen Skatgerichts vorgefunden habe.

Zunächst einmal ist eines ganz einfach: Schiedsrichter A hat auf keinen Fall recht! ISkO 3.2.16 regelt das:

Nach ordnungsgemäßem Geben muss ein gültiges Spiel zustande kommen. Auch ein eingepasstes Spiel ist ein gültiges Spiel […].

Es wurde ordnungsgemäß gegeben, also muss auch ein gültiges Spiel zustande kommen. Es gibt nur eine einzige Ausnahme zu dieser Regel, die hier aber nicht zu tragen kommt (ungleiche Karten bei beiden Parteien). Damit ist schonmal klar, dass die Entscheidung von Schiedsrichter A nicht richtig ist.

Fangen wir mal bei dem ersten Regelverstoß an. Mittelhand nimmt vor Beendigung des Reizens eine Karte des Skats auf. Eventuell wurde hier bereits ein Fehler gemacht. In ISkO 3.3.10 steht:

Will jemand ein Spiel machen, obwohl der Skat von einem Spieler vor Beendigung des Reizens aufgenommen wurde, hat der Kartengeber aus den 12 Karten, die vom Schuldigen zu mischen sind, zwei Karten als Skat verdeckt zu ziehen. Der ursprünglich gelegene Skat ist nur dann auszuhändigen, wenn er von allen Spielern eindeutig ausgemacht werden kann. Wird dieser Regelverstoß vor Beendigung des Reizens begangen, aber erst nach Beendigung des Reizens festgestellt, muss der Alleinspieler vor Skataufnahme entscheiden, ob er spielen oder einpassen will.

Wenn der Skat also noch identifizierbar war (immerhin war ja bislang auch nur eine einzige Karte aufgenommen worden), dann hätte der Skat gar nicht aus den Handkarten von Mittelhand gezogen werden dürfen.

Hinterhand war nun der Meinung, dass er nicht erneut reizen muss, da Mittelhand vom Reizen ausgeschlossen wurde und Vorhand bereits gepasst hatte. ISkO 3.3.9 regelt das:

Hat ein Spieler vor Beendigung des Reizens den Skat angesehen oder aufgenommen oder die Karten eines Mitspielers unberechtigt eingesehen, ist er vom weiteren Reizen auszuschließen. Außerdem sind die anderen Spieler nicht mehr an ihr Reizgebot gebunden. Sie können einpassen oder neu reizen. Das gilt auch, wenn der Kartengeber oder ein anderer Mitspieler den Skat vor Beendigung des Reizens angesehen hat. Spieler, die vor Abgabe eines Reizgebotes gepasst haben, dürfen nicht am neuen Reizvorgang teilnehmen […].

Vorhand darf also durchaus wieder am Reizen teilnehmen, da sie nicht mehr an ihr ursprüngliches Reizgebot gebunden ist. Hinterhand hat also den Skat ebenfalls unberechtigt aufgenommen und ist damit vom Reizen auszuschließen. Vorhand kann nun ganz alleine entscheiden, ob er ein Spiel wagen oder das Spiel einpassen möchte.

Im konkreten Fall hat sich übrigens Schiedsrichter A durchgesetzt, das Spiel wurde neu gegeben. Das Internationale Skatgericht macht in seiner Entscheidungssammlung aber sehr deutlich, dass die Skatregel 3.2.16 bindend ist und keine Ausnahme zulässt. Nachdem ordentlich gegeben wurde muss ein Spiel zustande kommen. Egal wie weit der Skat gewandert ist.

Mit Reizen geizen

Ich hatte neulich dieses Blatt:

Kreuz BubeKaro BubePik AssPik KönigPik Dame
Pik 7Herz KönigHerz DameKaro AssKaro 9

Ich bin in Vorhand, Mittelhand passt sofort. Als Hinterhand mir 22 bietet, passe ich.

Hinterhand nimmt den Skat auf, drückt und sagt „Pik“ an. Aua. Er kommt mit 42 Punkten gerade so aus dem Schneider.

Was passiert ist, ist klar. Hinterhand hat die restlichen fünf Trumpf in Pik, Herz und Kreuz Ass und kann die Karo 10 sogar drücken. Da ich sechs Trumpf habe und zudem noch Kreuz frei bin, hat er dennoch keine Gewinnchance.

Nach dem Spiel musste ich mir Einiges anhören. „Maurer“ war noch die netteste Bezeichnung. Er hat sich darüber aufgeregt, dass ich bei 22 gepasst habe, obwohl ich ja selbst ein Pik-Spiel auf der Hand habe.

Und das ist genau der Punkt: Ich habe tatsächlich mein maximales Reizgebot nicht gehalten, sondern habe ein Reizgebot niedriger gepasst. Ich habe dabei aber – ausnahmsweise – alles richtig gemacht. Reizt Hinterhand selbst ein Pik-Spiel (was hier der Fall war),dann habe ich kaum eine Chance, das Spiel zu gewinnen. Reizt er etwas anderes (z.B. ein Kreuz-Spiel), dann nützt es mir nichts, dass ich die 22 halte, Hinterhand wird mir auch die 23 bieten. Also war es richtig von mir, bereits bei 22 zu passen.

Das geht natürlich nur, wenn ich in der „hören“-Position bin. Wenn ich selbst reizen muss, dann reize ich die 22, denn ich möchte meinem Gegenspieler ja kein Herzspiel überlassen.

Dass ich mich so verhalte, ist für meinen Partner eine wichtige Information. Denn er muss für den Fall, dass Hinterhand etwas anderes spielt wissen, dass ich kein Herz-Spiel, sondern ein Pik-Spiel gereizt habe.

Es gibt eine Ausnahme. Beim Reizwert 36 kommen zwei Spiele in Frage. Hinterhand kann dann ein Karo- oder ein Kreuz-Spiel reizen. Habe ich also z.B. ein Kreuz mit 2, dann werde ich die 36 halten, falls Hinterhand ein Karo ohne 3 reizt (oder ein Karo Hand ohne 2). Auch wenn ich damit riskiere, dass Hinterhand selbst ein Kreuz-Spiel gereizt hat.

Hinterhand war übrigens ein erfahrener Skatspieler, der das sehr genau kennt und auch selbst anwendet. Er war wohl einfach sauer wegen des verlorenen Spiels…