Sie sind der Meinung, das war…

Wie wird eigentlich „Spitze“ gespielt?

Diese Frage wurde mir neulich gestellt. Ich musste dann erstmal ein wenig recherchieren, denn ich kannte diese Skatvariante so gut wie gar nicht.

„Spitze“ ist eine Variante aus dem „Kneipenskat“, sie ist also im offiziellen Regelwerk nicht zu finden.

Bei einer „Spitze“ muss der letzte Stich mit dem niedrigsten Trumpf (also der Trumpf 7 bei einem Farbspiel bzw. dem Karo Buben bei einem Grand) gemacht werden. Der Spielwert erhöht sich damit um 1 (also z.B. „Mit 1 Spiel 2 Hand 3 Spitze 4). Es kann auch noch weitere Spitzen geben, dann muss der vorletzte Stich mit dem zweitniedrigsten Trumpf gemacht werden usw. Jede gemachte Spitze erhöht den Spielwert um 1.

Zudem kann der Alleinspieler Spitzen ansagen. Damit erhöht sich sowohl der Reizwert als auch der Spielwert um 1, also z.B. „Mit 1 Spiel 2 Hand 3 Spitze angesagt 4“ (beim Spielwert kommt dann noch die erspielte Spitze dazu). In diesem Fall muss der Alleinspieler den letzten Stich mit dem niedrigsten Trumpf machen, sonst verliert er sein Spiel. Auch hier können weitere – theoretisch bis zu 10 – Spitzen angesagt werden.

Spitzen sind natürlich in erster Linie ein Teuermacher. Ein Spieler, der ein sehr gutes Blatt hat und das Glück hat, die niedrigsten Trümpfe auf der Hand zu haben, kann leicht ein einfaches Karospiel teurer als einen Grand machen.

Wesentlich interessanter sind angesagte Spitzen. Ist der Alleinspieler gezwungen, den letzten Stich mit dem kleinsten Trumpf zu machen, kann sich daraus ein völlig anderes Spiel ergeben. Denn die Gegenspieler haben nun zwei Möglichkeiten, das Spiel zu gewinnen: a) sie erhalten 60 Augen oder b) sie machen den letzten Stich. Da werden plötzlich vom Alleinspieler angebotene Asse nicht mehr gestochen sondern die eigenen Trümpfe werden geschont, damit man den letzten Stich mit der Trumpf 7 übernehmen kann. Der Alleinspieler hat dann zwar 110 Augen, aber dennoch verloren.

Ich bin dennoch kein Freund dieser Kneipenskatregel, denn meist macht sie ein ohnehin schon gutes Spiel einfach nur viel, viel teurer.

Zum Abschluss noch ein paar mir bekannte Varianten der „Spitze“:

  • Spitzen beim Grandspiel können erlaubt oder verboten werden
  • Man kann auf eine einzige oder eine maximale Anzahl Spitzen beschränken
  • Spitzen, die gewertet werden sollen, müssen vom Alleinspieler angesagt werden

Mit Reizen geizen

Ich hatte neulich dieses Blatt:

Kreuz BubeKaro BubePik AssPik KönigPik Dame
Pik 7Herz KönigHerz DameKaro AssKaro 9

Ich bin in Vorhand, Mittelhand passt sofort. Als Hinterhand mir 22 bietet, passe ich.

Hinterhand nimmt den Skat auf, drückt und sagt „Pik“ an. Aua. Er kommt mit 42 Punkten gerade so aus dem Schneider.

Was passiert ist, ist klar. Hinterhand hat die restlichen fünf Trumpf in Pik, Herz und Kreuz Ass und kann die Karo 10 sogar drücken. Da ich sechs Trumpf habe und zudem noch Kreuz frei bin, hat er dennoch keine Gewinnchance.

Nach dem Spiel musste ich mir Einiges anhören. „Maurer“ war noch die netteste Bezeichnung. Er hat sich darüber aufgeregt, dass ich bei 22 gepasst habe, obwohl ich ja selbst ein Pik-Spiel auf der Hand habe.

Und das ist genau der Punkt: Ich habe tatsächlich mein maximales Reizgebot nicht gehalten, sondern habe ein Reizgebot niedriger gepasst. Ich habe dabei aber – ausnahmsweise – alles richtig gemacht. Reizt Hinterhand selbst ein Pik-Spiel (was hier der Fall war),dann habe ich kaum eine Chance, das Spiel zu gewinnen. Reizt er etwas anderes (z.B. ein Kreuz-Spiel), dann nützt es mir nichts, dass ich die 22 halte, Hinterhand wird mir auch die 23 bieten. Also war es richtig von mir, bereits bei 22 zu passen.

Das geht natürlich nur, wenn ich in der „hören“-Position bin. Wenn ich selbst reizen muss, dann reize ich die 22, denn ich möchte meinem Gegenspieler ja kein Herzspiel überlassen.

Dass ich mich so verhalte, ist für meinen Partner eine wichtige Information. Denn er muss für den Fall, dass Hinterhand etwas anderes spielt wissen, dass ich kein Herz-Spiel, sondern ein Pik-Spiel gereizt habe.

Es gibt eine Ausnahme. Beim Reizwert 36 kommen zwei Spiele in Frage. Hinterhand kann dann ein Karo- oder ein Kreuz-Spiel reizen. Habe ich also z.B. ein Kreuz mit 2, dann werde ich die 36 halten, falls Hinterhand ein Karo ohne 3 reizt (oder ein Karo Hand ohne 2). Auch wenn ich damit riskiere, dass Hinterhand selbst ein Kreuz-Spiel gereizt hat.

Hinterhand war übrigens ein erfahrener Skatspieler, der das sehr genau kennt und auch selbst anwendet. Er war wohl einfach sauer wegen des verlorenen Spiels…

Black is beautiful

Aus einer Support-Anfrage:

Skat-Online hat (mal wieder) ein Spiel falsch abgerechnet. Er habe einen Grand gespielt und keinen einzigen Stich gemacht. Skat-Online habe daraufhin das Spiel „Schwarz“ abgerechnet, das wäre aber falsch, denn er hätte ja 14 Augen gedrückt.

Skat-Online hat aber (mal wieder) alles richtig gemacht. Denn die Definition von „Schwarz“ ist diese:

ISkO 5.2.4 Schwarz ist die Partei, die keinen Stich erhalten hat.

Augen spielen hier – im Gegensatz zum Schneider – also gar keine Rolle. Demnach ist eine Partei, die einen Stich mit 0 Augen macht, nicht Schwarz. Und außerdem ist es völlig egal, was der Alleinspieler gedrückt hat.

Übrigens: Bei Ouvert-Spielen ist es genauso. Auch hier spielen die Augen keine Rolle. Der Alleinspieler verliert, wenn die Gegenspieler einen Stich machen. Auch dann, wenn dieser Stich keine Augen enthält.

 

Kurze Freundschaft

Es gibt da im Skat eine „Regel“. Fast jeder Skatspieler ist in seinem Leben schonmal darüber gestolpert. Für viele war es die erste Regel, die sie – neben dem „reinen“ Regelwerk – kennengelernt haben. Und für viele ist sie nach wie vor heilig.

Dem Freunde kurz, dem Feinde lang.

Das Ziel dieser Regel: Spiele ich – insbesondere zum ersten Stich – aus, dann spiele ich eine Karte meiner langen Farbe, wenn der Alleinspieler (= Feind) in Mittelhand sitzt. Ist der Alleinspieler in Hinterhand und damit mein Partner (= Freund) in Mittelhand, dann soll ich eine Karte einer kurzen Farbe ausspielen.

Diese „Regel“ ist völliger Blödsinn.

Das Aufspiel ist beim Skat häufig spielentscheidend. Das richtige Aufspiel und das Spiel wird gewonnen, das falsche und dasselbe Spiel ist ungewinnbar. Diesen wichtigen Spielzug auf eine so simple Regel reduzieren zu wollen, kann überhaupt nicht funktionieren.

Leider gibt es nicht wenige Skatspieler, die diese Regel nicht als Orientierungshilfe für blutige Skatanfänger verstehen, sondern als unumstößliches Dogma betrachten. Sie betrachten es geradezu als Frevel, dagegen zu verstoßen.

Die Regel hat einen kleinen Nachteil: Sie stimmt. Manchmal. Natürlich gibt es Spiele, in denen genau die lange bzw. kurze Farbe die richtige Wahl ist und das Spiel daher gewonnen wird. Und genau diese Spiele sind es, die für die „Gläubigen“ den unwiederlegbaren Beweis dafür erbringen, dass diese Regel vollkommen richtig ist. Es soll ja auch Leute geben, die glauben, dass Punxsutawney Phil verlässlich voraussagen kann, wie der Frühling wird. Manchmal hat’s ja immerhin gestimmt.

Aber schauen wir uns die einzelnen Elemente der Regel mal genauer an:

Dem Feinde lang: Das ist erstmal gar nicht so verkehrt. Ist der Alleinspieler in Mittelhand, dann spiele ich meine lange Farbe vor. Mein Partner kann diese Farbe vielleicht stechen oder der Alleinspieler muss selbst einen Trumpf opfern.

Aber angenommen, ich habe in der Trumpffarbe ein blankes Ass und in einer anderen Farbe eine blanke Lusche. Warum sollte ich hier nicht mal die blanke Lusche vorspielen? Mein Partner hat vielleicht das Ass dieser Farbe oder der Alleinspieler schnippelt und bringt so meinen Partner an den Stich. Der kann die Farbe nachspielen und ich versteche mein blankes Trumpf Ass.

Dem Freunde kurz: Das ist nun wirklich absoluter Humbug. Der „Sinn“ dieser Regel ist der: Ich spiele eine kurze – wenn möglich blanke – Farbe aus, mein Partner kann diese übernehmen und die Farbe dann weiter dem Alleinspieler – der jetzt in der für die Gegenspieler günstigeren Mittelhandposition sitzt – diese Farbe präsentieren, auf die ich dann schmieren oder die ich stechen kann.

Natürlich gibt es auch hier Beispiele, bei denen das blanke Ausspiel genau die richtige Eröffnung ist. Sie kann z.B. dann sinnvoll sein, wenn mein Partner diese Farbe gereizt hat. Aber sehr, sehr oft ist das blanke Ausspiel die Garantie für den Alleinspieler, sein Spiel zu gewinnen.

Ein Beispiel:

Spiel des Monats September 2008: Der Alleinspieler in Hinterhand spielt ein Kreuz mit 5, Karo Ass auf der Hand und 13 Augen gedrück. Der Ausspieler eröffnet entgegen der Regel mit seiner längsten Farbe, der Alleinspieler verliert mit 53 Augen. Hätte der Ausspieler mit seiner kurzen Farbe (das Herz Ass) eröffnet, hätte der Gegenspieler in Mittelhand keine Möglichkeit mehr, seinen Partner ans Spiel zu bringen und der Alleinspieler hätte das Spiel gewonnen.

Man erkennt oftmals schnell, wenn Spieler immer nach dieser Regel eröffnen. Man kann sich dann sehr gut darauf einstellen und dann Spiele wagen, die man sonst vielleicht nicht spielen würde. Das beste Beispiel ist der an anderer Stelle vorgestellte „Blender-Grand“. Habe ich einen „Dem Freunde kurz“-Jünger am Tisch in Vorhand, bin ich eher bereit, den Grand zu wagen, da er, wenn er meine lange Farbe blank hat, diese ausspielen wird und ich Mittelhand so die 10 rausschnippeln kann.

 

Die Gegenfarbe

Ich habe ja neulich über den erlaubten Kartenverrat beim Doppelkopf geschimpft. Ich muss das jetzt ein wenig revidieren.

Denn auch beim Skat gibt es durchaus einige – reguläre – Möglichkeiten, seinem Mitspieler Hinweise auf sein Blatt zu geben. Die meiner Meinung nach wichtigste Möglichkeit möchte ich hier kurz vorstellen.

Der Alleinspieler spielt einen Grand. Ich bin Teil der Gegenpartei und mein Partner in Vorhand spielt den Kreuz Buben aus.

Dies kann bedeuten, dass er selbst trumpfstark ist (z.B. hat er neben dem Kreuz Buben noch einen zweiten oder sogar dritten Buben), es kann aber auch bedeuten, dass er kein Ass zum Anspielen hat und sich von mir eine Information wünscht, welche Farbe er nachspielen soll.

Egal, aus welchem Grund mein Partner den Kreuz Bubgen gespielt hat: Jetzt ist es an mir, meinem Partner zu helfen und ihm zu zeigen, was ich auf der Hand habe. Und hier greift das Konzept der „Gegenfarbe“. Angenommen, ich habe eine ziemlich lange Farbe mit dem Ass. Ich kann dieses Ass nun schmieren und werde das ggf. auch genau dann tun, wenn ich neben dem Ass noch mindestens die 10, besser auch noch den König habe. Viel besser ist es aber, wenn ich meinem Partner dieses Ass anzeigen kann, ohne die Farbe selbst spielen zu müssen. Und genau hier greift das Konzept der Gegenfarbe. Ich lege also die höchste Karte der Gegenfarbe in den Stich. Mein Partner kann jetzt meine Ass-Farbe ausspielen und ich kann mit dem Ass den Alleinspieler zum Stechen zwingen.

Was genau ist aber die Gegenfarbe? Das ist ganz einfach:

Die Gegenfarbe zu Kreuz ist Pik und umgekehrt.
Die Gegenfarbe zu Herz ist Karo und umgekehrt.

Auch wenn ich selbst kein eigenes Ass habe, muss ich die Gegenfarbe bei meiner Wahl berücksichtigen. Habe ich z.B. in einer Farbe 10 und Lusche auf der Hand, dann möchte ich nicht, dass mein Partner diese Farbe anspielt (und der Alleinspieler meine 10 rausschnippeln kann). Also werde ich die Gegenfarbe meiden.

Es gibt zahlreiche Situationen, in der die richtige Anzeige der Gegenfarbe über Sieg oder Niederlage entscheidet. Oft sind beide Gegenspieler nur gemeinsam stark und dann kann es entscheidend sein, dass mein Partner möglichst schnell über meine Stärken informiert wird.

Ein Beispiel: Im Spiel des Monats März 2011 muss der Alleinspieler wegen dem Pik Buben im Skat einen Notgrand spielen. Er gewinnt das Spiel. Hätte der Gegenspieler den Kreuz Buben gespielt, um seinem Partner die Möglichkeit zu geben, seine starke Farbe zu zeigen (hier: die Karo 8 um das Herz Ass zu zeigen), wäre der Alleinspieler schwarz geworden.

Auch zu dieser Regel gibt es natürlich Ausnahmen. Wenn mein Partner den Kreuz Buben spielt und ich habe eine blanke 10 auf der Hand, dann kann es sinnvoll sein, diese zuzugeben statt stur auf die Gegenfarbe hinzuweisen. Eventuell kann mein Partner ja auf Grund meiner Reizung auf meine lange Farbe schließen, dann ist ein weiterer Hinweis über die Gegenfarbe gar nicht erforderlich.

Die Gegenfarbe ist also ein sehr mächtiges Instrument für die Gegenspieler, um dem Partner früh im Spiel oftmals entscheidende Hinweise zu geben. Und das völlig regelkonform!

Der Grand, der (vielleicht?) keiner ist

Folgendes Blatt in Vorhand:

Kreuz BubeKaro BubeHerz AssHerz KönigHerz Dame
Herz 9Herz 7Karo AssKaro 10Karo 7

Auf den ersten Blick ein gutes Blatt. Ein todsicherer Grand. Oder?

Der Grand wird immer genau dann sicher gewonnen, wenn entweder die beiden restlichen Bauern verteilt sind oder die Herz 10 blank sitzt. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird der Grand dann sogar Schneider. Liegen aber sowohl die Bauern auf einer Hand und die Herz 10 ist nicht blank, dann wird es schwierig, dieses Spiel zu gewinnen.

Die Wahrscheinlichkeit, dass sowohl die Bauen als auch die beiden Herzkarten auf einer Hand sitzen, liegt bei weniger als 25% (50% für die Bauern, 50% für die Herzkarten und durch den Skat, in dem ja auch noch Bauern und/oder Herz liegen können, kommen wir auf unter 25% Gesamtwahrscheinlichkeit).

Aber selbst dann habe ich das Spiel ja noch nicht verloren. Ich habe immerhin zwei Bauern, drei Volle und bin in Vorhand.

Bei einem Grand, bei dem Bauern und Herz auf einer Hand sitzen, mache ich aus eigener Kraft mindestens 41 Augen:

Ich spiele Kreuz Bauer, darauf fällt Herz Bauer und eine Lusche (+4). Herz Ass wird mir abgestochen, Hinterhand legt natürlich die Herz 8 drauf. Mir wird ein schwarzes Ass angeboten (wieder mit einer Lusche), das ich steche (+13). Jetzt spiele ich noch Karo Ass und 10, auf das ich mindestens die Karo Dame bekomme (+24).

Für ein Blatt, das auf den ersten Blick so gut aussieht, sind 41 Augen nicht allzu viel. Aber ich mache schlimmstenfalls gerade einmal vier Stiche!

Das Blatt ist also ein klassischer Blender. Es gaukelt mir einen großartigen Grand vor. Eine todsichere Sache ist der Grand aber auf keinen Fall.

Immerhin: In mindestens drei von vier Fällen ist der Grand unverlierbar und wird mit großer Wahrscheinlichkeit sogar Schneider gespielt. Und selbst im „Fall der Fälle“ habe ich den Grand noch lange nicht verloren. Ich erreiche mindestens 41 Augen aus eigener Kraft, zusätzlich zu den Karten im Skat. Sobald ich mehr Augen zum Stechen angeboten bekomme oder die Karokarten besser verteilt sitzen, kann ich kaum noch verlieren.

Ich möchte aber an diesem Beispiel zeigen, dass es sich lohnt, jedes Blatt nocheinmal genau anzuschauen, bevor man sich blenden lässt und plötzlich mit einem verlorenen Spiel dasteht.

Ich habe für mich aus diesem Blatt folgende Schlüsse gezogen:

  • Bei einem Preisskat oder Clubabend werde ich damit immer einen Grand reizen und spielen.
  • Ich werde beim Grand immer in den Skat schauen. Ich muss wissen, was und wie viele Augen im Skat liegen, damit ich im „Fall der Fälle“ genau weiß, wann ich gewonnen habe.
  • Bei einem Liga-Spiel oder Mannschaftswettbewerb werde ich vermutlich nur das unverlierbare Herz Hand spielen. Wenn mich aber einer der Gegenspieler über die 30 hebt, werde ich auf Grand gehen (immerhin steigt damit auch die Wahrscheinlichkeit, dass er „ohne 2“ reizt und damit die Bauern verteilt sind).

So, und jetzt könnt Ihr mich einen Feigling nennen.

Das Skatparadoxon

Ja, der Artikel ist nicht neu. Ich habe ihn in ähnlicher Form schon vor einigen Jahren auf der Skatwelt veröffentlicht. Da hatte ich noch studiert und bin das erste Mal mit dem Geburtstagsparadoxon konfrontiert worden. Da ich das Thema sehr faszinierend finde, lasse ich es hier im Blog nochmals aufleben.

Das Geburtstagsparadoxon besagt folgendes: Es gibt 365 verschiedene Tage, an denen ein Mensch Geburtstag haben kann (den 29. Februar lassen wir jetzt mal weg). Man sollte jetzt denken, dass man daher sehr viele Menschen benötigt, um zwei zu finden, die am selben Tag Geburtstag haben. Tatsächlich sind es aber sehr, sehr viel weniger.

Wir arbeiten hier nämlich mit Wahrscheinlichkeiten. Ich kann 350 Personen in einem Raum haben und dennoch gibt es nicht zwei, die am selben Tag Geburtstag haben. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass es diese zwei Personen mit demselben Geburtstag gibt, ist natürlich sehr hoch.

Tatsächlich genügen bereits 23 Personen, um mit 50%iger Wahrscheinlichkeit zwei Personen mit dem selben Geburtstag zu finden. Bei 50 Personen beträgt die Wahrscheinlichkeit sogar über 97%!

Was hat das Ganze mit Skat zu tun?

Skat ist das Spiel der großen Zahlen. Und die größte mir bekannte Zahl in diesem Zusammenhang ist die Anzahl der möglichen Kartenverteilungen. Und die Zahl ist ganz schön groß.

2.753.294.408.504.640

Das sind 2,7 Billiarden! Zum Vergleich: Die aktuelle Höhe der Staatsschulden der Bundesrepublik Deutschland beträgt (Stand August 2012) 2,1 Billionen. Das ist weniger als ein Tausendstel!

Die Zahl ist so groß, dass sie gerne als Beweis für die Komplexität des Skatspiels herangezogen wird.

So schreibt Egbert Odenbach in seinem Buch „Skat-Therapie“:

Es dauert somit Millionen Jahre, bis drei Spieler genau dasselbe Blatt bekommen, auch wenn sie jeden Tag 10 oder ein paar mehr Stunden zusammensitzen. Zum leichteren Nachrechnen: An fünfzig Millionen Tischen müßten einhundertfünzig Millionen Skatspieler einhundert Jahre lang reizen, ehe sich ein Spiel wiederholt.

Wie ich jetzt zeige, ist diese Aussage falsch. Denn tatsächlich würde es so lange dauern, bis alle möglichen Kartenverteilungen durchgespielt wurden. Aber die Karten werden nach jedem Spiel neu gemischt. Und damit spielen vorangegangene Spiele überhaupt keine Rolle mehr. Theoretisch wäre es also möglich, dass direkt zwei Mal hintereinander die selbe Kartenverteilung gegeben wird (die Wahrscheinlichkeit dafür liegt aber bei gerade einmal 0,000000000000036%).

Genauso wenig, wie wir 365 Personen benötigen, um mit großer Wahrscheinlichkeit zwei Personen mit demselben Geburtstag zu finden, müssen wir nicht 2,7 Billiarden Kartenverteilungen spielen, um zwei Mal auf die selbe Verteilung zu stoßen.

Jetzt zur Mathematik:

Bezeichne p die Wahrscheinlichkeit, dass ein Skatspieler zweimal die gleiche Kartenverteilung erhält. Damit ist q = 1 – p die Wahrscheinlichkeit, dass er nicht zweimal die gleiche Kartenverteilung erhält. Es dürfte klar sein, dass p mit steigender Anzahl von gespielten Spielen ansteigt (und q in gleichem Maße abnimmt).

Diese Wahrscheinlichkeit beträgt

Wobei n die Anzahl möglicher Kartenkombinationen (s.o.) und k die Anzahl gespielter Spiele darstellt. Zur effizienteren Berechnung von q und zur Ermittlung von k gibt es folgende Abschätzung:

Für k errechnen wir nun k = 40.714.229.

Somit erhalten wir für q die Wahrscheinlichkeit von 0,5, also 50%! Somit ist die Wahrscheinlichkeit für p natürlich ebenfalls 0,5.

Dies bedeutet: Nach „nur“ 40.714.229 (vierzig Millionen) Spielen hat der Spieler mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% zwei Spiele mit der gleichen Kartenverteilung gespielt.

Also: Obwohl der Spieler „erst“ 1 / 70.000.000 (ein Siebzigmillionstel) aller möglichen Spiele gespielt hat, hat er mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zwei der Spiele mit der gleichen Kartenverteilung gespielt.

Wenn drei Spieler Tag und Nacht Skat spielen und für jedes Spiel 3 Minuten benötigen, dann benötigen Sie über 15 Millarden (genau: 15.715.150.733) Jahre, um alle möglichen Kartenverteilungen durchzuspielen. Aber sie benötigen „nur“ 232 Jahre, um mit 50% Wahrscheinlichkeit einmal dasselbe Spiel zu spielen.

Natürlich sind 232 Jahre immer noch ganz schön viel. Aber es ist deutlich weniger als 15 Milliarden Jahre.

Also stimmt die Aussage immernoch: Man wird in seinem Leben niemals dieselbe Kartenverteilung zwei Mal spielen.

Oder doch?

Gehen wir das Problem einmal von der anderen Seite an. Wir nehmen uns einen sehr aktiven Skatspieler. Dieser spielt zwischen seinem 20. und 80. Lebensjahr 250 Spiele pro Woche (also ca. 7 Serien am Dreiertisch). Er spielt in diesen 60 Jahren also ca. 780.000 Spiele. Runden wir einmal großzügig auf 800.000 Spiele auf. Das ist immernoch ziemlich weit weg von 2,7 Billiarden (es sind 0,0000003% aller möglichen Kartenverteilungen).

Die Wahrscheinlichkeit, dass er in diesen 800.000 Spielen zwei Mal dieselbe Kartenverteilung gespielt hat, beträgt immerhin 0,03%. Auf den ersten Blick ist das immernoch sehr, sehr unwahrscheinlich, aber wenn man bedenkt, dass die Wahrscheinlichkeit für 6 Richtige mit Zusatzzahl beim Lotto bei gerade einmal 0,0000007% liegt…

Also ist es durchaus möglich, zweimal im Leben dieselbe Kartenverteilung zu spielen. Ich glaube aber nicht, dass das Skatspiel deshalb an Faszination verlieren wird.

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Die blanke 10

Für den Gegenspieler bedeutet eine blanke 10 oftmals ein Ärgernis. Denn in den meisten Fällen profitiert der Alleinspieler davon (siehe hierzu z.B. den Artikel über den Blender-Grand oder – ein ganz extremes Beispiel – unser Spiel des Monats April 2011).

Für den Alleinspieler ist so eine blanke 10 in der Regel etwas sehr Positives. Er kann 10 Augen drücken und ist anschließend in dieser Farbe frei.

Die blanke 10 spielt aber auch eine entscheidende Rolle, wenn das Blatt des Alleinspielers ziemlich schwach ist. Er kann sich dann nämlich dazu entscheiden, die 10 stehen zu lassen in der Hoffnung, dass der Besitzer des Asses unter dem Ass anspielt, da er die Farbe so lang hat, dass er vermutet, dass der Alleinspieler diese Farbe nicht hat. Das kann sogar soweit gehen, dass der Alleinspieler sich eine 10 erst blank drückt (siehe hierzu zum Beispiel das Spiel des Monats Juli 2011). Wenn die blanke 10 einen Stich macht, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass der Spieler mit dem Ass dieses bei nächster Gelegenheit nachspielen wird, da er eine weitere Karte dieser Farbe beim Alleinspieler vermuten wird.

Eine blanke 10 lässt man natürlich nur dann oben, wenn man sonst kaum eine Chance hat, das Spiel zu gewinnen. Und kommt dann doch das Ass auf den Tisch, dann ist der Sieg vermutlich unmöglich.

Es ist aber erstaunlich, wie oft dieser Bluff funktioniert. Gerade dann, wenn man mit den Spielern schon eine Weile spielt und weiß, dass der eine oder andere seine lange Farbe gerne unter dem Ass anfasst. Wenn dann noch die Farbe, in der man die blanke 10 hat, gereizt wurde, dann kann man sich schon fast sicher sein, dass man seine 10 nach Hause bekommt.

Bei Handspielen funktioniert dieser Bluff übrigens nur selten. Bei Handspielen ist die Bereitschaft der Gegenspieler, auch bei einer langen Farbe ein Ass vorzuspielen, deutlich höher.

Hier sind noch ein paar schöne Beispiele, bei denen die blanke 10 der Schlüssel zum Gewinn des Spiels war:

Übrigens: Ich habe es bislang noch nicht erlebt, dass der Bluff zwei Mal in einer Serie geklappt hätte…

 

Die Auflösung der Advent-Rätsel

Wir haben sehr viele Einsendungen von Lösungen erhalten. Vielen Dank dafür! Leider haben nicht alle Skatspieler an allen Rätseln teilgenommen und natürlich waren auch einige falsche Antworten dabei. Die Gewinner werden benachrichtigt.

Und hier nun die Auflösungen der Skataufgaben:

Skataufgabe zum 1. Advent 2012

Zu Frage 1: Welche Karten muss er drücken, um seinen Grand unabhängig von der Kartenverteilung sicher zu gewinnen?

Der Alleinspieler muss die Karo 10 und das Herz Ass drücken, um seinen Grand sicher zu gewinnen. Das Herz Ass ist hierbei ausschlaggebend. Wird es oben behalten und z.B. eine Pik Lusche gedrückt, dann kann es passieren, dass der Alleinspieler das Herz Ass abgestochen bekommt.

Es ergibt sich z.B. folgender Spielverlauf:

1. Herz 10Karo BubeHerz Ass (23 Augen)

2. Karo KönigHerz BubeKaro 7

3. Pik AssPik 9Herz 7

4. Pik 7Pik 10Karo Ass (44 Augen)

5. Pik KönigHerz KönigPik Bube

6. Kreuz AssKreuz DameHerz 8

7. Kreuz 7Kreuz 10Herz Dame (57 Augen)

8. Kreuz KönigHerz 9Kreuz 8 (61 Augen)

Selbst bei anderer Spielweise des Alleinspielers können die Gegenspieler immer genug Augen einbringen.

Umgekehrt können die Gegenspieler niemals genug Augen erreichen, wenn das Herz Ass gedrück wird. In Kreuz und Pik können jeweils die 10 und der König eingebracht werden (28 Augen). Darauf können die Gegenspieler maximal das Karo Ass, die Herz 10 und zwei Könige schmieren. Macht insgesamt maximal 57 Augen für die Gegenspieler.

Zu Frage 2: Was muss der Alleinspieler drücken und spielen, wenn er sich in Mittelhand befindet, um sein Spiel unabhängig von der Kartenverteilung sicher zu gewinnen?

Angenommen, der Alleinspieler geht hier genauso vor: Er drückt Karo 10 und Herz Ass und spielt Grand. In Mittelhand kann er diesen Grand verlieren. In Mittelhand besteht nämlich die Gefahr, dass er eines seiner schwarzen Asse abgestochen bekommt. Angenommen, er bekommt das Kreuz Ass abgestochen (23 Augen). Daneben gibt er noch weitere 7 Augen in Kreuz und 14 Augen in Pik ab (21 Augen). Auf diese Stiche können die Gegenspieler Karo Ass, Herz 10 und zwei Könige schmieren (29 Augen). Macht insgesamt 73 mögliche Augen. So viele Augen bekommen die Gegenspieler natürlich nicht, bereits im zweiten Stiche müssen einige Augen angeboten werden, damit der Alleinspieler nicht einfach abwirft. Aber sie können das Spiel bei richtiger Spielweise immer gewinnen.

Der Alleinspieler drückt hier also Karo 10 und eine Pik-Lusche und spielt Kreuz. Selbst bei extrem ungünstigem Spielverlauf kommen die Gegenspieler maximal auf 52 Augen. Herz Ass wird mit Kreuz 10 gestochen (31 Augen), die Pik 10 geht mit Karo Ass nach Hause (21 Augen). Da die Kreuz 10 verstochen wurde, machen die Gegenspieler keinen Trumpfstich.

Nachtrag (14:39 Uhr): Es gibt noch andere Lösungen als die genannte. Der Alleinspieler gewinnt z.B. auch wenn er genau so drückt wie in Frage 1 (Karo 10, Herz Ass). Wichtig für die Lösung: Er muss Kreuz spielen, da der Grand verlierbar ist.

Skataufgabe zum 2. Advent 2012

Zu Frage 1:

Der Alleinspieler gewinnt sein Spiel gemäß ISkO 4.1.3:

4.1.3 Unberechtigtes Ausspielen beendet das Spiel. Ist es bereits entschieden, gewinnt die betreffende Partei mit den von ihr bis dahin eingebrachten Augen […].

Das Spiel war noch nicht entschieden und somit gewinnt die Partei, die den Regelverstoß nicht begangen hat, also der Alleinspieler. Es ist dabei unerheblich, dass die Gegenspieler das Spiel gewonnen hätten, wenn der Regelverstoß nicht begangen worden wäre.

Zu Frage 2:

Beide Parteien haben die falsche Anzahl an Karten auf der Hand. Das ist die einzige Situation im Skat, bei der ein Spiel auch nach der Spielansage neu gegeben werden muss. ISkO 3.2.9 regelt das.

3.2.9 Wurden die Karten vergeben, indem sie zahlenmäßig ungleich verteilt sind, ist nur dann noch einmal zu geben, wenn die Beanstandung vor Beendigung des Reizens erfolgte oder wenn beide Parteien eine fehlerhafte Kartenzahl haben […].

Zu Frage 3:

Der Alleinspieler hat sein Spiel gewonnen. Der Spielwert beträgt: Mit 1 Spiel 2 Hand 3 Schneider 4 mal Pik (11) = 44. Damit liegt der Spielwert über dem Reizwert (40) und somit ist das Spiel nicht überreizt.

In solchen Situationen werden gerne folgende Fehler gemacht:

Den Kreuz Buben nicht zu den Spitzen zu zählen (da Hand gespielt wurde) ist falsch. Der Skat gehört auch bei Handspielen dem Alleinspieler und somit zählen auch Trümpfe im Skat zu den Spitzen.

Ebenso wäre es falsch, nur wegen dem Kreuz Buben im Skat anzunehmen, dass das Spiel überreizt wurde. Das Spiel wird am Ende abgerechnet und solange der Spielwert mindestens gleich dem Reizwert ist, hat der Alleinspieler sein Spiel nicht überreizt. Er hat hier also ohne es zu wissen mit stillem Schneider gespielt.

Skataufgabe zum 3. Advent 2012

Das teuerste Spiel, das der Alleinspieler gewinnen kann, ist ein Kreuz ohne 11. Er drückt Pik Ass und Herz Ass (22 Augen). Wenn Pik (10 Augen) und Herz (17 Augen) je einmal läuft und Karo Ass und 10 ebenfalls laufen (oder er auf Karo Ass wenigstens ein Bild bekommt), gewinnt er sein Spiel.

Der Grand ohne 4 würde natürlich genauso gespielt werden, bringt aber nur 120 Punkte (ohne 4 Spiel 5 mal Grand (24) = 120). Das Kreuzspiel ohne 11 bringt 144 Punkte (ohne 11 Spiel 12 mal Kreuz (12) = 144).

Skataufgabe zum 4. Advent 2012

Der Gegenspieler in Mittelhand hat seine Karten gezeigt. Damit muss er alle restlichen Stiche machen. Es genügt nicht, dass seine Partei die restlichen Stiche macht, er ganz persönlich muss alle Stiche machen. ISkO 4.3.5 regelt das.

4.3.5 Ein Gegenspieler darf bei einem Farb- und Grandspiel nur dann offen spielen, wenn er unabhängig von Kartenstand und Spielführung alle weiteren Stiche macht. Andernfalls gehören sie dem Alleinspieler. […]

Damit der Alleinspieler sein Spiel noch gewinnt, muss er also dafür sorgen, dass entweder er oder der andere Gegenspieler (in Hinterhand) noch einen Stich macht.

Er selbst kann keinen Stich mehr machen. Aber wenn er Herz ausspielt (egal ob Dame oder 7), dann macht zwingend der Gegenspieler in Hinterhand einen Stich.

Mittelhand muss die Herz-Karte stechen, sonst geht dieser Stich bereits an Hinterhand. Anschließend kann er den Trumpf und die Karo 10 spielen. Die Karo 7 muss Hinterhand aber übernehmen. Somit gehen alle Stiche seit dem Zeigen der Karten an den Alleinspieler. Da das Spiel zu diesem Zeitpunkt noch nicht entschieden war, gewinnt der Alleinspieler. Der Alleinspieler gewinnt das Spiel übrigens nicht in der Stufe Schneider (ISkO 4.1.4).

Spielt der Alleinspieler Trumpf oder Karo, gewinnen die Gegenspieler. Der Spieler in Mittelhand zieht zwei Mal Trumpf, beim zweiten Mal wirft der Spieler in Hinterhand eine Karo-Karte ab. Die Karo 7 muss er dann nicht übernehmen.