Spielfehler: Absicht oder Versehen?

Neulich wurde ich bei einem Skatturnier Zeuge über eine Streitigkeit am Nachbartisch. Ein Spieler hatte den Schiedsrichter gerufen, da er seinem Mitspieler vorsätzliches Falschspiel unterstellte.

Die beiden Spieler waren Gegenspieler und der Beschwerdeführer hat dem beschuldigten Spieler vorgeworfen, durch absichtlich schlechtes Spiel das Spiel des Alleinspielers gewonnen zu haben. Im Endspiel hat der Spieler seinem Partner nur einen König zugegeben, obwohl er noch ein Ass gehabt hätte, das er stattdessen hätte schmieren können. Die Gegenspieler hatten am Ende 56 Augen in ihren Stichen, mit dem Ass hätten sie das Spiel gewonnen.

Der Beschuldigte räumte den Spielfehler ein, bestritt aber die Absicht. Er hatte sich verzählt und war daher der Meinung, das Ass würde zum Spielsieg nicht ausreichen, er hatte das Ass daher nicht gelegt, da er damit ggf. noch einen Stich hätte machen können.

Erschwerend kam hinzu, dass sowohl der Alleinspieler als auch der beschuldigte Gegenspieler Mitglied im selben Skatverein waren.

Der Beschwerdeführer hat nun verlangt, dass der Alleinspieler sein Spiel als verloren abgeschrieben bekommt und der Gegenspieler zudem verwarnt wird.

Der herbeigerufene Schiedsrichter hat die Beschwerde verworfen. Er hat auch keine Verwarnung ausgesprochen.

Meiner Meinung nach war das die einzig richtige Entscheidung. Der Alleinspieler kann kaum für das schlechte Gegenspiel der Gegenspieler verantwortlich gemacht werden, unabhängig davon ob das schlechte Spiel Absicht war oder nicht. Beide Gegenspieler haften gleichermaßen für die Handlungen des anderen Spielers. ISkO 3.5.2:

Jeder einzelne der Gegenpartei ist gleichermaßen am Erfolg wie Misserfolg der Gegenspieler beteiligt. Es haften demnach auch alle gemeinsam für die Folge von Regelverstößen im Gegenspiel oder Spielaufgabe.

Die Erklärung des Gegenspielers für seinen Spielfehler ist zudem plausibel. Nicht alle Spieler zählen mit und auch gute Skatspieler verzählen sich mal oder verlieren den Überblick. Wenn ein solcher Spielfehler jedesmal zu einer Rüge, Verwarnung oder gar Sperre eines Spielers führen würde, hätten Schiedsrichter viel zu tun.

Aus einem einzigen Spiel lässt sich also noch lange keine Absicht ableiten und dass die beiden Spieler im selben Verein sind bedeutet noch lange nicht, dass man seinen Vereinskollegen absichtlich gewinnen lässt. Immerhin hat der Spieler sich mit seinem Spielfehler auch selbst geschadet.

Was aber, wenn der Spielfehler wesentlich auffälliger ist oder sich solche Spielfehler immer genau dann häufen, wenn sie zugunsten eines bestimmten Spielers geschehen? Auch hier sagt das Internationale Skatgericht mit Hinweis auf ISkO 3.5.2, dass der Spielausgang auf keinen Fall korrigiert wird. Das Spiel wird stets nach seinem tatsächlichen und nicht nach seinem möglichen Ausgang bewertet.

Wenn allerdings das Falschspiel eines Spielers zweifelsfrei nachgewiesen werden kann, kann man den oder die betroffenen Spieler vom Spielbetrieb ausschließen und ggf. sogar eine Sperre für weitere Veranstaltungen aussprechen. Und selbst wenn sich das Falschspiel nicht zweifelsfrei nachweisen lässt, kann der Veranstalter immernoch ohne Angaben von Gründen von seinem Hausrecht Gebrauch machen. 4.3 der Skatwettspielordnung regelt das:

Veranstalter und Spielleitung haben das Recht, bei nachweisbar willkürlichen Verstößen Teilnehmer ohne weiteres vom Weiterspiel auszuschließen. Die Teilnehmergebühr ist dann verfallen. Jede erneute Beteiligung kann versagt werden. Ebenso ist der Veranstalter berechtigt, die Teilnahme am Wettspiel ohne Angabe von Gründen zu verweigern.

Zudem besteht natürlich die Möglichkeit, Spieler desselben Vereins nicht an einem Tisch spielen zu lassen. Idealerweise gibt der Veranstalter dies bereits in der Ausschreibung der Veranstaltung an.

Wir hatten online 2003 einmal einen ähnlichen Fall, den wir damals dem Internationalen Skatgericht zur Entscheidung vorgelegt hatten.

 

Von Assen lassen

Eine weitere Skat-Bauernregel.

Beim Grand spielt man Asse!

Wenn ein Gegenspieler in Vorhand ist, soll man beim Grand also möglichst Asse ausspielen. Ziel ist, den Alleinspieler möglichst schnell trumpffrei zu spielen. Beim Grand gibt es nur die vier Buben als Trumpf, muss der Alleinspieler einstechen und noch Buben bei den Gegenspielern ziehen, wird er schnell trumpfarm oder sogar -frei. Insbesondere dann, wenn der Alleinspieler nur zwei Buben hat oder ihm der Kreuz Bube fehlt, kann das Spiel schnell spannend werden.

Ein Beispiel: Der Alleinspieler in Mittelhand spielt Grand mit folgendem Blatt:

Pik BubeHerz BubeKaro BubeKreuz 10Kreuz König
Kreuz DameKreuz 9Kreuz 8Pik AssPik Dame

Vorhand spielt ein rotes Ass, der Alleinspieler sticht. Nun muss er zunächst Kreuz klären. Damit kommen die Gegenspieler wieder ans Spiel und spielen dem Alleinspieler ein weiteres Volles vor. Da der Kreuz Bube weiterhin im Spiel ist, muss der Alleinspieler nun über Kreuz versuchen, den Kreuz Buben zu ziehen. Zusätzlich zu dem Pik-Abgeber wird das Spiel ziemlich spannend und ist für den Alleinspieler verlierbar.

Es sieht also so aus, als wäre die Skatregel sehr sinnvoll. Aber natürlich gibt es auch hier Ausnahmen. Bleiben wir beim obigen Beispiel. Wenn Vorhand das Kreuz Ass ausspielt, spielt er dem Alleinspieler damit ins Blatt. Das Spiel des Alleinspielers wird sofort unverlierbar und die Gegenspieler kämpfen nach dem ersten Stich schon nur noch um das „Schneider frei“.

Von blanken oder kurzen Assen sollte man also ggf. die Finger lassen und stattdessen eine lange Farbe, von der das Ass fehlt, ausspielen. Wenn der Partner allerdings genau die Farbe gereizt hat, kann auch ein blankes oder kurzes Ass die richtige Wahl sein.

Zusammengefasst ist dies durchaus eine der sinnvolleren Skatregeln. In vielen Situationen gibt sie genau den richtigen Weg vor. Aber auch diese Regel kennt ihre Ausnahmen und sollte nicht blind und ohne nachzudenken befolgt werden.

Von dieser Regel gibt es übrigens eine mutmaßlich hessische Variante: „Beim Grand spielt man Asse oder man soll’s lasse“. Eine Variante dieser Variante soll die Wichtigkeit der Regel wohl unterstreichen: „Beim Grand spielt man Ässe oder es gibt was auf die Fresse“.

 

Der wandernde Skat

Eine sehr interessante Anfrage zur Skatordnung:

Mittelhand reizt 18, Vorhand passt. Mittelhand hebt eine Karte des Skats auf, woraufhin Hinterhand protestiert, da er mit dem Reizen an der Reihe gewesen wäre.

Die Karten von Mittelhand und der Skat werden daraufhin gemischt und der Skat daraus gezogen. Mittelhand wird vom Reizen ausgeschlossen.

Hinterhand nimmt nun den neu ermittelten Skat auf. Nun protestiert Vorhand: Es habe keine Reizung stattgefunden, nachdem Mittelhand vom Reizen ausgeschlossen wurde. Hinzerhand sagt, dass Vorhand ja bereits gepasst hatte und somit nur er als potenzieller Alleinspieler übrig bliebe.

Die beiden herbeigerufenen Schiedsrichter waren sich nicht einig.

Schiedsrichter A wollte, dass neu gegeben wird. Schiedsrichter B wollte, dass nun Hinterhand vom Reizen ausgeschlossen wird und Vorhand ein Reizgebot abgeben oder passen kann.

Ein ganz schön kniffliger Fall, den ich so auch nicht in der Entscheidungssammlung des Internationalen Skatgerichts vorgefunden habe.

Zunächst einmal ist eines ganz einfach: Schiedsrichter A hat auf keinen Fall recht! ISkO 3.2.16 regelt das:

Nach ordnungsgemäßem Geben muss ein gültiges Spiel zustande kommen. Auch ein eingepasstes Spiel ist ein gültiges Spiel […].

Es wurde ordnungsgemäß gegeben, also muss auch ein gültiges Spiel zustande kommen. Es gibt nur eine einzige Ausnahme zu dieser Regel, die hier aber nicht zu tragen kommt (ungleiche Karten bei beiden Parteien). Damit ist schonmal klar, dass die Entscheidung von Schiedsrichter A nicht richtig ist.

Fangen wir mal bei dem ersten Regelverstoß an. Mittelhand nimmt vor Beendigung des Reizens eine Karte des Skats auf. Eventuell wurde hier bereits ein Fehler gemacht. In ISkO 3.3.10 steht:

Will jemand ein Spiel machen, obwohl der Skat von einem Spieler vor Beendigung des Reizens aufgenommen wurde, hat der Kartengeber aus den 12 Karten, die vom Schuldigen zu mischen sind, zwei Karten als Skat verdeckt zu ziehen. Der ursprünglich gelegene Skat ist nur dann auszuhändigen, wenn er von allen Spielern eindeutig ausgemacht werden kann. Wird dieser Regelverstoß vor Beendigung des Reizens begangen, aber erst nach Beendigung des Reizens festgestellt, muss der Alleinspieler vor Skataufnahme entscheiden, ob er spielen oder einpassen will.

Wenn der Skat also noch identifizierbar war (immerhin war ja bislang auch nur eine einzige Karte aufgenommen worden), dann hätte der Skat gar nicht aus den Handkarten von Mittelhand gezogen werden dürfen.

Hinterhand war nun der Meinung, dass er nicht erneut reizen muss, da Mittelhand vom Reizen ausgeschlossen wurde und Vorhand bereits gepasst hatte. ISkO 3.3.9 regelt das:

Hat ein Spieler vor Beendigung des Reizens den Skat angesehen oder aufgenommen oder die Karten eines Mitspielers unberechtigt eingesehen, ist er vom weiteren Reizen auszuschließen. Außerdem sind die anderen Spieler nicht mehr an ihr Reizgebot gebunden. Sie können einpassen oder neu reizen. Das gilt auch, wenn der Kartengeber oder ein anderer Mitspieler den Skat vor Beendigung des Reizens angesehen hat. Spieler, die vor Abgabe eines Reizgebotes gepasst haben, dürfen nicht am neuen Reizvorgang teilnehmen […].

Vorhand darf also durchaus wieder am Reizen teilnehmen, da sie nicht mehr an ihr ursprüngliches Reizgebot gebunden ist. Hinterhand hat also den Skat ebenfalls unberechtigt aufgenommen und ist damit vom Reizen auszuschließen. Vorhand kann nun ganz alleine entscheiden, ob er ein Spiel wagen oder das Spiel einpassen möchte.

Im konkreten Fall hat sich übrigens Schiedsrichter A durchgesetzt, das Spiel wurde neu gegeben. Das Internationale Skatgericht macht in seiner Entscheidungssammlung aber sehr deutlich, dass die Skatregel 3.2.16 bindend ist und keine Ausnahme zulässt. Nachdem ordentlich gegeben wurde muss ein Spiel zustande kommen. Egal wie weit der Skat gewandert ist.

Viva la Revolution

Ich werde häufiger mal nach der Spielart „Revolution“ gefragt.

Um das gleich zu Beginn klarzustellen: Revolution gibt es beim Skat nicht. Es ist kein Bestandteil des Regelwerks! Die Revolution gehört also zum sogenannten Kneipenskat.

Die Revolution ist eine Variante des Nullspiels. Eigentlich ist es ein reiner Teuermacher. Sie hat den Reiz- und Spielwert 92 (wobei mir auch schon andere Werte untergekommen sind). Allerding können die Gegenspieler sich gegenseitig die Karten austauschen. Auch mit dem Skat können Karten getauscht werden.

Man spielt eine Revolution also nur dann, wenn man einen in jeder Hinsicht unverlierbaren Null Ouvert Hand auf der Hand hat. Und dann kann man sogar höher als die meisten Grandspiele reizen.

Damit ist auch klar, warum das Spiel nicht in das normale Skatspiel passt. Der Skat gehört immer dem Alleinspieler, nicht den Gegenspielern. Sich gegenseitig in die Karten schauen dürfen die Gegenspieler auch nicht. Und wild Karten hin- und herschieben sowieso nicht.

Ich bin durchaus ein Freund der ein oder anderen Kneipenskatregel. Privat spiele ich schonmal gerne mit Kontra, Re, Bock und Ramsch. Aber Revolution hat mich immer schon genervt…

 

Schneider sind auch nur Leute

Ich saß in der Qualifikation zur Einzelmeisterschaft (LV Hessen). Während ich nach dem Samstag an Tisch 2 saß, lief es am Sonntag nicht so gut. In der letzten Serie fehlten mir noch ein paar Spiele, um mich sicher für die EM zu qualifizieren. Leider fehlte mir das Kartenglück, ich stand ca. zwei Runden vor Ende 5:1 da. Da bekam ich ein ziemlich gutes Kreuzspiel auf die Hand. Aber ich kam in Vorhand nicht an das Spiel ran, da der Spieler in Mittelhand der Meinung war, unbedingt noch ein Spiel verlieren zu müssen. Er hatte sich längst qualifiziert, er stand da mit 13:2 Spielen.

Nachdem ich selbst mit Hand-Reizung das Spiel nicht bekam, nahm er den Skat auf und fing sofort an zu jammern. Da habe man schon nichts auf der Hand und finde auch noch Müll. Er sagte dann einen Grand an.

Nach fünf oder sechs Stichen warf er die Karten mit den Worten hin „Das kann ich wohl nicht mehr gewinnen“. Konnte er nicht, wir hatten bereits 64 Augen in unseren Stichen. Ich hatte daher auf Weiterspiel bestanden. Warum auch nicht, gewonnen hatten wir bereits und ich hatte mich über die überflüssige Abreizerei so geärgert, dass mir der Sinn nach etwas Demütigung stand.

Am Ende hatten wir 91 Augen erzielt und er konnte sich über 144 Nasse und einen Euro Abreizgeld freuen.

Gerne würde ich jetzt berichten, dass ich den Rest der Serie noch die mir fehlenden Spiele bekommen und mein Abreizer-Freund sich nicht mehr qualifiziert hatte. Aber Skat ist nunmal grausam. Er hat es sogar aufs Treppchen geschafft, bei mir blieb es beim 5:1 und ich landete auf dem undankbaren ersten Nachrücker-Platz. Aber bis auf diesen einen Vorfall war es ein sehr netter Tisch und für meine schlechten Karten konnte schließlich niemand etwas.

Die emotionale Seite des Skats

Skat wird ja oftmals als sehr kalkulierbar, strategisch und damit als „emotionslos“ dargestellt. Durchaus auch in diesem Blog. Es gibt natürlich Ausnahmen.

In inzwischen über einem Dutzend Jahren Skat-Online gab es auch einige sehr emotionale Momente. Von zweien, die mir besonders im Gedächtnis geblieben sind, möchte ich Euch erzählen.

Diese Geschichte hatte ich schonmal erzählt. Ein älterer Spieler schrieb mich an. Er wäre leidenschaftlicher Skatspieler und dank Skat-Online wäre er wieder in der Lage, sein liebstes Hobby auszuüben. Er war behindert und konnte daher nicht mehr an „echten“ Skatturnieren teilnehmen. Er hätte aber einen Wunsch. Er könne wegen seiner Behinderung die Maus nur schwer bedienen. Er bat darum, eine Tastatursteuerung in Skat-Online einzubauen. Ich habe das sofort eingebaut und kurze Zeit später online gebracht. Das Feature ist noch heute drin, mit der EINFG-Taste kann man die Tastaturbelegung während des Spiels ein- und ausschalten. Der Spieler, für den ich das eingebaut habe, hat davon leider keinen Gebrauch mehr machen können, wie ich später erfahren musste.

Eines Tages erreichte mich eine E-Mail mit einem Foto eines Paares und einem erst wenige Tage alten Baby auf dem Arm der Mutter. Die stolzen Eltern hatten sich auf Skat-Online kennen gelernt. Sie kamen aus zwei völlig unterschiedlichen Ecken der Republik und kommunizierten erst lange Zeit online. Nach ca. einem Jahr trafen sie sich erstmals, kurze Zeit später zogen sie zusammen. Und nein, sie wollten Ihren Sohn nicht Wenzel nennen.

Wenn es Skat nicht bereits gäbe, müsste man es echt erfinden.

Auf Biegen und Stechen

Vor Kurzem hatte ich ein Erlebnis der besonderen Art. Ich war als Gegenspieler in Vorhand, der Alleinspieler (Kreuzspiel) war in Mittelhand. Ich spielte von meinem Pik König mit 7 und 8 eine Lusche, der Alleinspieler übernahm mit dem Ass, mein Partner legt die Dame.

Der Alleinspieler spielte nun einen Buben, ich übernahm mit meinem Kreuz Buben, den ich als einzigen Trumpf hatte.

Ich entschied mich nun zum Farbwechsel. Und zwar weil ich davon ausgegangen bin, dass der Alleinspieler die Pik 10 und die 9 (von der ich noch König und 8 besaß) hatte. Aufgrund der Reizung und der Tatsache, dass mein Partner auf den ersten Trumpfstich nur eine Trumpf Lusche gelegt hat, ging ich zudem davon aus, dass mein Partner einigermaßen trumpfstark ist. Ich wollte daher lieber die Farbe(n) finden, die der Alleinspieler stechen muss, anstatt meinen Partner zum Stechen zu zwingen. Zudem konnte ich in Pik selbst noch einen Stich machen, wenn der Alleinspieler gezwungen ist, mit Pik zu kommen.

Ich spielte daher meine zweite Farbe zu Dritt an. In Herz hatte ich König, Dame und 8 und entschied mich für die Dame. Der Alleinspieler warf eine Karo Lusche ab. Mein Partner in Hinterhand seufzte deutlich hörbar und legte anschließend die Herz 7. Ich war ziemlich irritiert, ich konnte wohl kaum davon ausgehen, dass der Alleinspieler eine Karo Lusche auf der Hand behält während er Herz Ass und 10 drückt. Hand gespielt hat er jedenfalls nicht.

Ich spielte den Herz König, der Alleinspieler trumpfte, mein Partner legte die Herz 10. Er hatte neben Herz 10 und 7 übrigens natürlich auch noch das Ass auf der Hand.

Das war aber noch nicht alles. Der Alleinspieler spielte die Trumpf neun, mein Partner legte die Trumpf 8. Da ich kein Trumpf mehr hatte, warf ich eine Lusche ab. Später stellte sich heraus, dass er damit einen sicheren Trumpfstich hergeschenkt hatte, später musste er dem Alleinspieler deswegen sogar eine Trumpf Volle abgeben.

Nach dem Spiel bekam ich – ungefragt – die Erklärung für diese seltsame Spielweise. Ich war – natürlich – schuld. Ich hätte ja am Anfang Pik gespielt und wäre daher verpflichtet gewesen, auch weiter Pik zu spielen. Denn immerhin hatte ich durch mein Aufspiel ja zwingend diesen Weg vorgegeben. Er hatte daher darauf verzichtet, das Herz Ass sicher nach Hause zu bringen sowie einen sicheren Trumpfstich zu machen, damit ich nochmal die Gelegenheit bekomme, meine unüberlegte Spielweise zu überdenkenund doch noch Pik auszuspielen, so wie ich es von Anfang an hätte machen sollen.

Wir wurden übrigens Schneider. Bei einem Spiel, bei dem wir durchaus eine Gewinnchance hatten. Wenigstens wäre es ganz schön knapp geworden.

Mein Partner wusste nicht, welche Pikkarten ich oder der Alleinspieler noch hatten. Das war ihm aber auch egal. Er wollte Pik sehen und das um jeden Preis. Dass ich mir bei dem Farbwechsel irgendwas gedacht haben könnte, kam ihm gar nicht in den Sinn.

Natürlich wäre es möglich gewesen, dass mein Farbwechsel die falsche Entscheidung war und ich tatsächlich besser Pik hätte weiterspielen sollen. Aber ist das ein Grund, ein Spiel mit Absicht an die Wand zu fahren? Wäre mein Partner auf mein Spiel eingegangen und am Ende hätte sich herausgestellt, dass ich damit einen Fehler begangen habe, hätte ich mir seinen Einwand ja gerne angehört.

Der Alleinspieler hat sich über die zusätzlichen 12 Punkte für den Schneider jedenfalls gefreut.

 

Grand, Schneider angesagt

Pech gehabt. Da hat ein Spieler bei einem Turnier ein Bombenblatt auf der Hand. Er bekommt das Spiel, lässt den Skat unbesehen liegen und sagt „Grand, Schneider angesagt“ an. Die Gegenspieler machen 20 Augen.

Die Ansage „Schneider angesagt“ ist nur bei vorherigen Handspielen möglich (ISkO 5.2.1). Den Skat hat der Spieler zwar nicht angesehen, er hat es aber versäumt, das Handspiel auch anzusagen. Damit wird die Stufe auch nicht gewertet. In ISkO 3.4.1 heißt es dazu:

[Die Spielansage] muss vollständig sein, d.h. auch ein Hand- oder Ouvertspiel muss angesagt werden, wenn es als Berechnungsstufe gewertet werden soll.

Da also kein Handspiel vorliegt, ist auch die Ansage „Schneider angesagt“ ungültig und wird nicht gewertet.

Jetzt könnte man argumentieren, dass der Alleinspieler sein Spiel wegen der ungültigen Spielansage automatisch verloren hat. Das ist aber nicht der Fall. ISkO 3.4.4:

Eine Spielansage ist ungültig, wenn sie in einem für alle Mitspieler erkennbaren Widerspruch zu grundlegenden Spielbedingungen steht. Darunter fallen die Ansage eines Handspiels, von offenen Farbspielen, Grand ouvert und Gewinnstufen jeweils nach Skataufnahme. […]

Und weiter in ISkO 3.4.5:

Eine ungültige Spielansage – nicht strafbar – ist sofort zu korrigieren. Dabei muss das angesagte Spiel innerhalb derselben Spielgattung/Farbe erhalten bleiben.

Ausschlaggebend ist hierbei das „nicht strafbar“.

Angenommen, die Gegenspieler wären aus dem Schneider gekommen. Sie hätten sich dann auch nicht darauf berufen können, dass der Alleinspieler Schneider angesagt hat. Denn wenn die Stufe wie oben beschrieben nicht gewertet wird, dann gilt das natürlich auch für die Gegenspieler.

Der Alleinspieler gewinnt also seinen Grand, nicht Hand und nicht Schneider angesagt.

 

 

Die Gabel ist Trumpf

Bereits mehrmals wurde die „Trumpfgabel“ erwähnt. In diesem Beitrag möchte ich diesen Spielzug einmal ausführlich vorstellen.

Kurz zusammengefasst: Der Alleinspieler baut eine Trumpfgabel auf, um einen zusätzlichen oder einen besseren Trumpfstich zu machen. Ganz einfaches Beispiel:

Der Alleinspieler in Vorhand spielt Herz und hat noch folgende Karten:

Kreuz BubeHerz BubeKreuz 8

Der Gegenspieler in Mittelhand hat noch folgende Karten:

Pik BubeKaro BubeKreuz Dame

Der Gegenspieler in Hinterhand hat weder Kreuz noch Trumpf auf der Hand.

Hier kann der Alleinspieler nun ganz einfach eine Trumpfgabel aufbauen. Er spielt die Kreuz 8, der Spieler in Mittelhand muss übernehmen und nun selbst mit Trumpf kommen. Der Alleinspieler kann nun beide Trumpfstiche machen. Hätte der Alleinspieler selbst mit Trumpf kommen müssen, hätte der Gegenspieler mit dem Pik Buben noch einen Trumpfstich gemacht.

Natürlich ist der Aufbau der Trumpfgabel nicht immer so einfach wie in diesem Beispiel. Aber das Prinzip ist immer dasselbe: Der Alleinspieler geht mit einer Fehlfarbe vom Stich mit dem Ziel, die Gegenspieler dazu zu zwingen, selbst mit Trumpf kommen zu müssen.

Die Trumpfgabel ist z.B. immer dann sinnvoll, wenn die Trümpfe bei den Gegenspieler schlecht verteilt sind und der Spielgewinn deshalb in Gefahr ist. Natürlich klappt die Trumpfgabel auch nicht immer, z.B. weil der falsche Gegenspieler an den Stich kommt.

Einige schöne Beispiele für eine erfolgreiche Trumpfgabel gibt es im Skat-Online „Spiel des Monats“:

Im Spiel des Monats November 2013 stellt der Alleinspieler bereits im ersten Stich fest, dass die Trümpfe schlecht verteilt sind. Er beginnt daher direkt im zweiten Stich mit dem Aufbau der Trumpfgabel. Mit Erfolg, er kann das Trumpf Ass der Gegenspieler kassieren.

Im Spiel des Monats Juli 2009 opfert der Alleinspieler sogar ein Fehl-Ass, um mit einer Trumpfgabel einen zusätzlichen Trumpfstich zu erhalten und das Trumpf-Ass zu fangen. Er gewinnt verdient mit 61 Augen.

Ein paar Tipps zum Aufbau einer Trumpfgabel: Es gibt eigentlich keinen Unterschied zum Versuch, eine 10 bei den Gegenspielern herauszuschnippeln. Man geht mit einer Fehlfarbe vom Stich. Zudem muss man es vermeiden, ungewollt wieder an den Stich zu kommen. Fehlfarben, mit denen man wieder an den Stich kommen kann, sollten daher zunächst geklärt werden. Habe ich z.B. ein blankes Ass auf der Hand, dann sollte ich dieses zunächst spielen, bevor ich vom Stich gehe. Sonst kann ein Gegenspieler mich mit dieser Farbe wieder an den Stich bringen und vorbei ist es mit meiner Gabel.

Wenn ich Gegenspieler bin und bemerke, dass der Alleinspieler einen Trumpfgabel aufbauen möchte, dann ist es an mir, genau das zu verhindern. Eine Möglichkeit kann sein, den Alleinspieler wieder an den Stich zu bringen. Ich kann hohe Fehlkarten anbieten, um den Alleinspieler zum Stechen zu bringen. oder ich finde eine Farbe, in der ich den Alleinspieler einspielen kann.

Eine andere Abwehr kann aber z.B. sein, erst gar nicht an den Stich zu gehen. Das leicht abgewandelte Beispiel vom Anfang:

Der Alleinspieler in Vorhand spielt Herz und hat folgende Karten:

Kreuz BubeHerz BubeKreuz Dame

Der Gegenspieler in Mittelhand hat folgende Karten:

Pik AssKreuz KönigKreuz 8

Hinterhand hat folgende Karten:

Pik BubeKaro BubeKaro König

Wenn der Alleinspieler nun die Kreuz Dame ausspielt, um die Trumpfgabel aufzubauen, dann kann der Gegenspieler in Mittelhand den Aufbau der Gabel verhindern, indem er auf die Kreuz Dame die Kreuz 8 legt. Der Alleinspieler macht dann zwei Stiche mit insgesamt 15 Augen, die Gegenspieler einen Stich mit ebenfalls 15 Augen. Würde der Gegenspieler in Mittelhand die Kreuz Dame mitnehmen, macht der Alleinspieler in zwei Stichen 19 Augen, während die Gegenspieler 11 Augen machen. Immerhin ein Unterschied von vier Augen, das kann schonmal spielentscheidend sein.

Ein weiteres Beispiel, wie man den Aufbau einer Trumpfgabel verhindern kann. Der Alleinspieler spielt Herz mit folgenden Karten:

Kreuz BubeHerz 10Karo AssKaro 9

Der Gegenspieler in Hinterhand hat folgende Karten:

Karo BubeHerz 8Karo DameKaro 7

Der Gegenspieler in Mittelhand hat weder Trumpf noch Karo.

Der Alleinspieler baut die Trumpfgabel auf, indem er zunächst das Karo Ass und dann Karo 9 ausspielt. Er macht dann die beiden restlichen Trumpfstiche. Der Gegenspieler in Hinterhand kann das verhindern, indem er auf das Karo Ass die Karo Dame dazugibt. Der Alleinspieler kann dann die Gegenspieler mit der Karo 9 nicht mehr an den Stich bringen. Die Trumpf 10 geht dann an die Gegenspieler, die 7 Augen mehr machen als in dem Stich mit der Karo Dame.

Da waren’s nur noch neun

Interessanter Streitfall: Ein Spieler reizt bis 44 und sagt dann Pik Hand an. Er reizte ohne zwei. Jetzt wird festgestellt, dass drei Karten im Skat liegen. Einer der Gegenspieler hat nur neun Karten auf der Hand, die beiden anderen Spieler haben die richtige Anzahl an Karten.

Zunächst einmal ist festzustellen, dass das Spiel nicht neu gegeben wird. ISkO 3.2.9:

Wurden die Karten vergeben, indem sie zahlenmäßig ungleich verteilt sind, ist nur dann noch einmal zu geben, wenn die Beanstandung vor Beendigung des Reizens erfolgte oder wenn beide Parteien eine fehlerhafte Kartenzahl haben […].

Da das Reizen bereits beendet ist, wird nicht neu gegeben. Dadurch, dass der Alleinspieler die richtige Anzahl an Karten hat, gewinnt er damit automatisch sein Spiel. Daran ändern auch die drei Karten im Skat nichts.

Eine der drei Karten im Skat ist der Kreuz Bube. Der Alleinspieler hat sich also eigentlich überreizt.

Das Internationale Skatgericht hat in einem vergleichbaren Fall entschieden, dass die drei Karten im Skat für die Spielbewertung gar nicht herangezogen werden sollen. Denn sonst müsste man ja insgesamt 13 Karten für die Spielbewertung berücksichtigen. Es bleibt also bei den 10 Handkarten des Alleinspielers und damit bei einem „ohne 2 Hand 3 Spiel 4“-Spiel, das nicht überreizt ist.