Der wandernde Skat

Eine sehr interessante Anfrage zur Skatordnung:

Mittelhand reizt 18, Vorhand passt. Mittelhand hebt eine Karte des Skats auf, woraufhin Hinterhand protestiert, da er mit dem Reizen an der Reihe gewesen wäre.

Die Karten von Mittelhand und der Skat werden daraufhin gemischt und der Skat daraus gezogen. Mittelhand wird vom Reizen ausgeschlossen.

Hinterhand nimmt nun den neu ermittelten Skat auf. Nun protestiert Vorhand: Es habe keine Reizung stattgefunden, nachdem Mittelhand vom Reizen ausgeschlossen wurde. Hinzerhand sagt, dass Vorhand ja bereits gepasst hatte und somit nur er als potenzieller Alleinspieler übrig bliebe.

Die beiden herbeigerufenen Schiedsrichter waren sich nicht einig.

Schiedsrichter A wollte, dass neu gegeben wird. Schiedsrichter B wollte, dass nun Hinterhand vom Reizen ausgeschlossen wird und Vorhand ein Reizgebot abgeben oder passen kann.

Ein ganz schön kniffliger Fall, den ich so auch nicht in der Entscheidungssammlung des Internationalen Skatgerichts vorgefunden habe.

Zunächst einmal ist eines ganz einfach: Schiedsrichter A hat auf keinen Fall recht! ISkO 3.2.16 regelt das:

Nach ordnungsgemäßem Geben muss ein gültiges Spiel zustande kommen. Auch ein eingepasstes Spiel ist ein gültiges Spiel […].

Es wurde ordnungsgemäß gegeben, also muss auch ein gültiges Spiel zustande kommen. Es gibt nur eine einzige Ausnahme zu dieser Regel, die hier aber nicht zu tragen kommt (ungleiche Karten bei beiden Parteien). Damit ist schonmal klar, dass die Entscheidung von Schiedsrichter A nicht richtig ist.

Fangen wir mal bei dem ersten Regelverstoß an. Mittelhand nimmt vor Beendigung des Reizens eine Karte des Skats auf. Eventuell wurde hier bereits ein Fehler gemacht. In ISkO 3.3.10 steht:

Will jemand ein Spiel machen, obwohl der Skat von einem Spieler vor Beendigung des Reizens aufgenommen wurde, hat der Kartengeber aus den 12 Karten, die vom Schuldigen zu mischen sind, zwei Karten als Skat verdeckt zu ziehen. Der ursprünglich gelegene Skat ist nur dann auszuhändigen, wenn er von allen Spielern eindeutig ausgemacht werden kann. Wird dieser Regelverstoß vor Beendigung des Reizens begangen, aber erst nach Beendigung des Reizens festgestellt, muss der Alleinspieler vor Skataufnahme entscheiden, ob er spielen oder einpassen will.

Wenn der Skat also noch identifizierbar war (immerhin war ja bislang auch nur eine einzige Karte aufgenommen worden), dann hätte der Skat gar nicht aus den Handkarten von Mittelhand gezogen werden dürfen.

Hinterhand war nun der Meinung, dass er nicht erneut reizen muss, da Mittelhand vom Reizen ausgeschlossen wurde und Vorhand bereits gepasst hatte. ISkO 3.3.9 regelt das:

Hat ein Spieler vor Beendigung des Reizens den Skat angesehen oder aufgenommen oder die Karten eines Mitspielers unberechtigt eingesehen, ist er vom weiteren Reizen auszuschließen. Außerdem sind die anderen Spieler nicht mehr an ihr Reizgebot gebunden. Sie können einpassen oder neu reizen. Das gilt auch, wenn der Kartengeber oder ein anderer Mitspieler den Skat vor Beendigung des Reizens angesehen hat. Spieler, die vor Abgabe eines Reizgebotes gepasst haben, dürfen nicht am neuen Reizvorgang teilnehmen […].

Vorhand darf also durchaus wieder am Reizen teilnehmen, da sie nicht mehr an ihr ursprüngliches Reizgebot gebunden ist. Hinterhand hat also den Skat ebenfalls unberechtigt aufgenommen und ist damit vom Reizen auszuschließen. Vorhand kann nun ganz alleine entscheiden, ob er ein Spiel wagen oder das Spiel einpassen möchte.

Im konkreten Fall hat sich übrigens Schiedsrichter A durchgesetzt, das Spiel wurde neu gegeben. Das Internationale Skatgericht macht in seiner Entscheidungssammlung aber sehr deutlich, dass die Skatregel 3.2.16 bindend ist und keine Ausnahme zulässt. Nachdem ordentlich gegeben wurde muss ein Spiel zustande kommen. Egal wie weit der Skat gewandert ist.