Auf Biegen und Stechen

Vor Kurzem hatte ich ein Erlebnis der besonderen Art. Ich war als Gegenspieler in Vorhand, der Alleinspieler (Kreuzspiel) war in Mittelhand. Ich spielte von meinem Pik König mit 7 und 8 eine Lusche, der Alleinspieler übernahm mit dem Ass, mein Partner legt die Dame.

Der Alleinspieler spielte nun einen Buben, ich übernahm mit meinem Kreuz Buben, den ich als einzigen Trumpf hatte.

Ich entschied mich nun zum Farbwechsel. Und zwar weil ich davon ausgegangen bin, dass der Alleinspieler die Pik 10 und die 9 (von der ich noch König und 8 besaß) hatte. Aufgrund der Reizung und der Tatsache, dass mein Partner auf den ersten Trumpfstich nur eine Trumpf Lusche gelegt hat, ging ich zudem davon aus, dass mein Partner einigermaßen trumpfstark ist. Ich wollte daher lieber die Farbe(n) finden, die der Alleinspieler stechen muss, anstatt meinen Partner zum Stechen zu zwingen. Zudem konnte ich in Pik selbst noch einen Stich machen, wenn der Alleinspieler gezwungen ist, mit Pik zu kommen.

Ich spielte daher meine zweite Farbe zu Dritt an. In Herz hatte ich König, Dame und 8 und entschied mich für die Dame. Der Alleinspieler warf eine Karo Lusche ab. Mein Partner in Hinterhand seufzte deutlich hörbar und legte anschließend die Herz 7. Ich war ziemlich irritiert, ich konnte wohl kaum davon ausgehen, dass der Alleinspieler eine Karo Lusche auf der Hand behält während er Herz Ass und 10 drückt. Hand gespielt hat er jedenfalls nicht.

Ich spielte den Herz König, der Alleinspieler trumpfte, mein Partner legte die Herz 10. Er hatte neben Herz 10 und 7 übrigens natürlich auch noch das Ass auf der Hand.

Das war aber noch nicht alles. Der Alleinspieler spielte die Trumpf neun, mein Partner legte die Trumpf 8. Da ich kein Trumpf mehr hatte, warf ich eine Lusche ab. Später stellte sich heraus, dass er damit einen sicheren Trumpfstich hergeschenkt hatte, später musste er dem Alleinspieler deswegen sogar eine Trumpf Volle abgeben.

Nach dem Spiel bekam ich – ungefragt – die Erklärung für diese seltsame Spielweise. Ich war – natürlich – schuld. Ich hätte ja am Anfang Pik gespielt und wäre daher verpflichtet gewesen, auch weiter Pik zu spielen. Denn immerhin hatte ich durch mein Aufspiel ja zwingend diesen Weg vorgegeben. Er hatte daher darauf verzichtet, das Herz Ass sicher nach Hause zu bringen sowie einen sicheren Trumpfstich zu machen, damit ich nochmal die Gelegenheit bekomme, meine unüberlegte Spielweise zu überdenkenund doch noch Pik auszuspielen, so wie ich es von Anfang an hätte machen sollen.

Wir wurden übrigens Schneider. Bei einem Spiel, bei dem wir durchaus eine Gewinnchance hatten. Wenigstens wäre es ganz schön knapp geworden.

Mein Partner wusste nicht, welche Pikkarten ich oder der Alleinspieler noch hatten. Das war ihm aber auch egal. Er wollte Pik sehen und das um jeden Preis. Dass ich mir bei dem Farbwechsel irgendwas gedacht haben könnte, kam ihm gar nicht in den Sinn.

Natürlich wäre es möglich gewesen, dass mein Farbwechsel die falsche Entscheidung war und ich tatsächlich besser Pik hätte weiterspielen sollen. Aber ist das ein Grund, ein Spiel mit Absicht an die Wand zu fahren? Wäre mein Partner auf mein Spiel eingegangen und am Ende hätte sich herausgestellt, dass ich damit einen Fehler begangen habe, hätte ich mir seinen Einwand ja gerne angehört.

Der Alleinspieler hat sich über die zusätzlichen 12 Punkte für den Schneider jedenfalls gefreut.

 

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