Skat im Schonwaschgang

Wir hatten vor einiger Zeit ein Spiel des Monats. Eigentlich war es kein besonders gutes Spiel, der Monat hat leider nicht viel hergegeben und die Auswahl war nicht groß. In dem Spiel wurden sehr viele Fehler gemacht, sowohl von den Gegenspielern als auch vom Alleinspieler.

Dennoch war das Spiel sehr interessant. Denn es zeigte eine ziemliche Unart beim Skatspielen. Der Alleinspieler hatte eigentlich keine Gewinnchance. Er hatte zwar die drei alten Bauern, aber vier Luschen in der Beikarte. Dennoch sind die Gegenspieler fast Schneider geworden, denn sie haben es das ganze Spiel über vermieden, auch nur eine einzige Volle anzufassen. Der Alleinspieler konnte sich seiner schlechten Beikarte sehr günstig entledigen.

Leider ist das keine Seltenheit. Aus lauter Angst, man könnte dem Alleinspieler zu viele Augen zum Stechen geben, wird dem Alleinspieler jede Gelegenheit gegeben, sein Blatt zu säubern.

Natürlich kann es manchmal wichtig sein, seine Vollen zu schonen. Hat man z.B. keine oder wenig Trumpf oder ist man eine Farbe frei, dann kann es richtig sein, seine Vollen zum Schmieren für den Partner aufzuheben.

Aber gerade im genannten Spiel des Monats hatten die Gegenspieler eigentlich kein Problem, die richtige Taktik zu finden. Jeder der Gegenspieler hatte alle Farben (wenigstens zwei Karten in jeder) und zwei bzw. drei Trumpf. Die Vollen können also nur dann eingebracht werden, wenn der Alleinspieler die jeweilige Farbe bekennen muss. Hätten die Gegenspieler ihre Vollen durchgespielt, hätten sie längst gewonnen, bevor der Alleinspieler überhaupt an den Stich gekommen wäre.

Das unverlierbare Spiel

Es gibt Spiele, die sind von Anfang an unverlierbar. Ein Beispiel ist z.B. das gemauerte Spiel, das in Vorhand immer ein unverlierbarer Kreuz Hand ist:

Kreuz BubePik BubeHerz BubeKaro BubeKreuz Dame
Kreuz 9Kreuz 7Pik AssHerz 7Karo König

Man gerät hier leicht in Versuchung, den Skat aufzunehmen. Zum einen, da man die Hoffnung hat, aus dem Spiel einen Grand zu machen (was ziemlich unwahrscheinlich ist), zum anderen aber, da man vielleicht das Bedürfnis verspürt, sich das Blatt „schönzudrücken“. Diese blanke Herz-Lusche und der blanke Karo König stören einfach die Optik.

Diesem Impuls sollte man widerstehen und sich lieber kurz die Zeit nehmen um zu überprüfen, ob man das Spiel denn überhaupt verlieren kann. Im obigen Beispiel ist das einfach. Die Gegenspieler machen zwei Stiche und können damit maximal auf 46 Augen kommen (zwei Asse, zwei 10er und der Karo König).

Ich bin mir sicher, dass viele Spieler dieses Spiel nicht aus der Hand spielen. Die Neugier auf das, was im Skat liegen könnte, ist einfach zu groß. Und wie sehr würde man sich ärgern, wenn am Ende dann doch das Kreuz Ass liegen würde. Aber hier sollte man sich kurz die Wahrscheinlichkeit vor Augen führen. Von 231 möglichen Findungen ist bei gerade einmal 21 Findungen das Kreuz Ass enthalten. Nehme ich noch die Findung von Herz und Karo Ass dazu (auch wenn der Grand theoretisch verlierbar ist), dann finde ich mit einer Wahrscheinlichkeit von gerade einmal 9,5% zum Grand. Und verzichte damit auf 12 sichere Punkte durch das Handspiel.

Bei anderen Spielen ist nicht ganz so schnell ersichtlich, dass man ein unverlierbares Spiel auf der Hand hat. Bestes Beispiel ist der „Klassiker“ unter den in Vorhand unverlierbaren Spielen:

Kreuz BubePik BubeKreuz AssKreuz 10Pik Ass
Pik 10Herz 8Herz 7Karo 8Karo 7

Nicht wenige Skatspieler reizen dieses Spiel gerade einmal bis 27. Und nehmen den Skat auf, wenn sie das Spiel bekommen. Dabei ist der Grand Hand in Vorhand unverlierbar. Auch hier bietet es sich an zu überlegen, wie viele Augen die Gegenspieler bekommen können. In vier Stichen sind das zwei Asse, zwei 10er und vier Könige. Macht 58 Augen.

Es lohnt sich also, insbesondere bei den guten Spielen genau hinzuschauen, ob ich nicht ein von vornherein unverlierbares Spiel auf der Hand habe. Durch das Handspiel kann man sich einige zusätzliche Punkte sichern.

Update 19:00 Uhr:

Christoph schreibt auf Facebook korrekterweise, dass ich bei der Bewertung des Kreuz Hand-Spiels die Schneider- und Schwarz-Möglichkeit außer acht gelassen habe. Das stimmt, weswegen ich das hier gerne ergänze.

Bei 21 möglichen Findungen ist das Kreuz Ass enthalten und ich kann einen sicheren Grand spielen. Bei weiteren 18 Findungen wird das Kreuzspiel schwarz oder ich habe ebenfalls einen Grand (z.B. Kreuz 10, 8 oder Pik 10, Herz Ass).

Finde ich nur ein Kreuz oder ein Ass oder die Pik 10 wird das Kreuzspiel auf jeden Fall Schneider und das Spiel ist damit genauso teuer wie das Kreuz Hand. Dafür gibt es insgesamt 90 weitere mögliche Findungen. Hinzu kommt die Findung von Karo bzw. Herz 10 und König, bei denen das Spiel mit großer Wahrscheinlichkeit Schneider wird. Macht insgesamt 92.

Das bedeutet: In 17% aller Fälle wird das Spiel nach der Findung teurer als durch das Handspiel (Grand oder Kreuz schwarz). In 40% aller Fälle wird das Spiel nach der Skataufnahme sicher Schneider und ist damit genauso teuer wie das Handspiel.

Damit wird bei mehr als jedem zweiten Spiel (57%) das Spiel nach Skataufnahme genauso teuer oder teurer als das Handspiel. Bleiben 43% der Spiele, bei denen ich auf die 12 sicheren Punkte durch das Handspiel verzichte.

Ich muss meine Aussage oben, dass dieses Spiel besser immer aus der Hand gespielt wird, revidieren.

Gut geschnitten ist halb gewonnen

Wenn wir schon beim Schnippeln sind.

In der Regel schneidet man ja auf die 10 des Gegners. Das ist aber nur die halbe Wahrheit.

Angenommen, ich bin in Hinterhand und habe in einer Fehlfarbe diese Karten:

Herz 10Herz DameHerz 8

Der Alleinspieler in Vorhand spielt nun aus:

Herz 7Herz 9

Jetzt bin ich dran. Natürlich ist es erstmal naheliegend, die Herz 10 zu spielen. Und es gibt eine ganze Menge Spiele, in denen diese Karte genau die richtige wäre. Wenn der Alleinspieler aber neben der 7 auch noch das Ass und den König in Herz hat, dann kann ich versuchen, auf seinen König zu schnippeln. Ich nehme dann den Stich nur mit der Dame mit.

Wenn mein Plan aufgeht und der Alleinspieler muss irgendwann den Herz König ausspielen, dann kann mein Partner auch noch auf den Stich schmieren. Das wären bis zu 18 Augen mehr, als wenn ich gleich die Herz 10 spiele. Das kann schonmal spielentscheidend sein.

Bevor ich mich dazu entscheide, die Herz Dame statt der Herz 10 zu nehmen, sollte ich aber eine Abwägung vornehmen. Es besteht nämlich die Möglichkeit, dass die Karten ganz anders sitzen:

Vielleicht hat mein Partner das Herz Ass und er vermutet die Herz 10 beim Alleinspieler. Dann hätten wir beide geschnippelt, ich auf den König und mein Partner auf die 10. Und der Alleinspieler wäre eine blanke Lusche sehr, sehr billig losgeworden.

Selbst wenn der Alleinspieler den König und das Ass hat, kann er den König immernoch gedrückt haben. Und selbst wenn er den König noch auf der Hand hat, kann er ihn vielleicht bei nächster Gelegenheit irgendwo abwerfen.

Am Besten funktioniert das Schnippeln auf den König dann, wenn die Gegenspieler zu dem Zeitpunkt mindestens 28 Augen und maximal 49 Augen haben. Mit der Herz Dame sind die Gegenspieler sicher aus dem Schneider und sie können durch die 10 nicht gewinnen. Das Risiko ist also minimal. Zudem hilft es, wenn ich die Karten des Alleinspielers genau kenne. Wenn ich die Trümpfe und anderen Fehlfarben genau beobachtet habe, kann ich besser abschätzen, wie wahrscheinlich es ist, dass der Alleinspieler neben der ausgespielten Karte auch noch Ass und König auf der Hand hat.

Außerdem ist es hilfreich, wenn ich sicherstellen kann, dass der Alleinspieler den König in der Farbe nicht oder nicht billig abwerfen kann. Wenn ich z.B. einen kleinen Trumpf habe, über den ich den Alleinspieler wieder an den Stich bringen kann. Oder ich kann ihm ein Volles anbiete. Bevor ich die Dame lege sollte ich also gut überlegen, wie mein nächstes Ausspiel aussieht.

Wenn ich als Alleinspieler in der Situation bin, dass ein Gegenspieler auf meinen König geschnitten hat, dann muss ich darauf reagieren. Eine Möglichkeit habe ich bereits geschildert: ich kann versuchen, den König billig abzuwerfen.

Ich sollte auf jeden Fall versuchen herauszufinden, welcher der Gegenspieler die 10 in der Farbe hat. Vielleicht gelingt es mir im Endspiel, diesen Spieler an den Stich zu bekommen, so dass er gezwungen ist, diese Farbe auszuspielen. Dann dreht sich das Blatt. Anstatt dass er mir meinen König herausschnippelt, schneide ich ihm seine 10 heraus.

Ohne das mit Zahlen belegen zu können, habe ich das Gefühl, dass das Herausschneiden des Königs deutlich öfter mislingt als gelingt. Aber in den Spielen, bei denen es gelungen ist, war das oftmals der einzige Weg, das Spiel des Alleinspielers zu Fall zu bringen.

 

Zeigt her Eure Karten

Neulich wurde mir ein interessanter Fall geschildert. Auf den ersten Blick ist dieser auch ganz einfach zu entscheiden. Aber der hat es ganz schön in sich.

Die Gegenspieler haben 10 Augen in ihren Stichen, als ein Gegenspieler seine Karten offen auf den Tisch legt und das Spiel aufgibt. Der Alleinspieler reklamiert nun, dass die Gegenspieler Schneider sind und das Spiel entsprechend zu werten ist. Die Gegenspieler argumentieren, dass der Schneider erspielt werden muss. Wenn der Alleinspieler also die Stufe Schneider gewertet haben möchte, dann muss der Gegenspieler seine Karten wieder aufnehmen und das Spiel muss fortgesetzt werden.

Wer hat recht?

Auf den ersten Blick die Gegenspieler. Bei so ziemlich allen Regelverstößen, die ein Gegenspieler begehen kann (z.B. falsch Bedienen, falsches Ausspiel) muss der Schneider explizit erspielt werden. Und ISkO 4.3.3 beschreibt dementsprechend genau die geschilderte Situation:

Alle Spiele sind beendet, sobald einer der Gegenpartei das Spiel aufgibt; die Bestimmungen > 4.1.3 bis 4.1.6 gelten entsprechend (gemeinsame Haftung).

In ISkO 4.1.4 steht schließlich, dass der Schneider erspielt werden muss:

Hat jemand vor der Spielentscheidung unberechtigt ausgespielt oder einen anderen Regelverstoß begangen, ist das Spiel für die schuldige Partei in der Stufe einfach (nicht Schneider oder Schwarz) verloren.

Überraschenderweise hat aber hier der Alleinspieler recht. Das Spiel muss in der Stufe „Schneider“ abgerechnet werden. Und hätten die Gegenspieler noch keinen einzigen Stich, hätte es auch in der Stufe „Schwarz“ abgerechnet werden müssen.

ISkO 4.3.3 kann hier gar nicht angewendet werden, denn der Gegenspieler hat ja nicht nur das Spiel aufgegeben, sondern er hat auch noch seine Karten offen hingeworfen. Und damit greift ISkO 4.3.6:

Offenes Hinwerfen der Karten beendet das Spiel für die betreffende Partei mit den von ihr bis dahin eingebrachten Augen […].

Schaut man sich die Entscheidungssammlung des Internationalen Skatgerichts zur ISkO 4.3.3 und ISkO 4.3.6 an, so wird der Unterschied zwischen den beiden Regeln deutlich. Zu ISkO 4.3.3 gibt es genau ein einziges Fallbeispiel, in dem einer der Gegenspieler ein offenes Nullspiel aufgibt. Das oben beschriebene Beispiel findet sich fast identisch als Fallbeispiel zur ISkO 4.3.6 und wurde entsprechend zu Gunsten des Alleinspielers entschieden.

Möchte einer der Gegenspieler zur Spielabkürzung das Spiel aufgeben, sollten die Gegenspieler also entweder bereits aus dem Schneider sein oder der Gegenspieler sollte seine Spielaufgabe ansagen, ohne seine Karten zu zeigen.

Der nicht begangene Regelverstoß (2)

Ich muss zu meinem letzten Beitrag ein paar Punkte ergänzen, ich habe es mir an zwei Stellen etwas einfach gemacht.

Wird ein Regelverstoß begangen, nachdem das Spiel bereits entschieden ist, spielt der Regelverstoß keine Rolle. Ein einmal gewonnenes Spiel kann auch durch einen Regelverstoß nicht mehr verloren werden.

Außerdem gibt es eine Situation, in der ein Spiel doch in der Stufe „Schneider“ abgerechnet wird, wenn die Gegenspieler einen Regelverstoß begehen. Nämlich genau dann, wenn der Alleinspieler auf Grund der Reizhöhe die Gegenspieler Schneider spielen muss. Aber auch hier gilt: Wenn die Gegenspieler bereits aus dem Schneider waren, verliert der Alleinspieler auch nach einem Regelverstoß der Gegenspieler.

Der nicht begangene Regelverstoß

Eine häufig gestellte Frage. Ein Gegenspieler begeht einen Regelverstoß, z.B. indem er die ausgespielte Farbe nicht bekennt. Der Alleinspieler kann jetzt das Spiel zu seinen Gunsten beenden. Das Spiel wird dann in der Stufe einfach, also nicht Schneider oder Schwarz, beendet.

Angenommen, die Gegenspieler sind zum Zeitpunkt des Regelverstoßes noch nicht aus dem Schneider und der Alleinspieler sieht gute Chancen, dass er die Gegenspieler Schneider spielen kann. Er kann dann darauf bestehen, dass der Regelverstoß korrigiert und weitergespielt wird.

Und jetzt kommt die häufig gestellte Frage: Muss der Alleinspieler die Gegenspieler dann Schneider spielen?

Nein, muss er nicht. Der Regelverstoß wird einfach korrigiert und es wird weitergespielt, als wäre er nicht begangen worden. Ob die Gegenspieler Schneider werden oder nicht spielt keine Rolle. Aber: Der Alleinspieler kann sein Spiel auch verlieren!

ISkO 4.1.6: Die schuldige Partei ist zum Weiterspiel verpflichtet, wenn es die andere Partei verlangt. Dann zählt der Regelverstoß als nicht begangen.

Im Zweifel sollte man dem geschenkten Gaul also nicht ins Maul schauen sondern den Regelverstoß der Gegenspieler dankend annehmen und das Spiel beenden.

Das Blatt des Anderen

Ich habe neulich mal wieder Doppelkopf gespielt. Beim Doppelkopf muss man innerhalb einer Serie (24 Spiele) ein Solo spielen. Schafft man das nicht, muss man ein „Pflichtsolo“ spielen, man wird also zum Solo gezwungen.

Ich lag in der Serie abgeschlagen auf dem letzten Platz, dann kam mein Pflichtsolo. Normalerweise ein Schlachtfest für die Gegenspieler. Ich hatte aber das Glück, ein echt gutes Blatt auf die Hand zu bekommen. Ich spielte einen „Fleischlosen“ (da gibt es gar kein Trumpf). Ich konnte das Spiel allenfalls theoretisch verlieren.

Beim Doppelkopf muss man eine Ansage machen, bevor man seine zweite Karte spielt. Obwohl ich das Spiel nicht verlieren konnte, habe ich meine Klappe gehalten. Prompt kam von einem der Gegenspieler das bei Pflichtsoli fast schon obligatorische „Kontra“. Ich habe im nächsten Stich dann „Re“ gesagt, denn durch das „Kontra“ der Gegenspieler hatte ich einen Stich mehr Zeit bekommen für meine Ansage. Am Ende habe ich erwartungsgemäß mein Spiel deutlich gewonnen. Durch die doppelte Ansage kam ich dann vom letzten auf den ersten Platz.

Der Spieler, der Kontra gesagt hatte, war ziemlich sauer. Auf mich. Denn wenn mein Spiel so unverlierbar wäre, hätte ich ja gleich Re ansagen können.

Aber ich habe ihn ja nicht zu seinem Kontra gezwungen. Er hat nur deswegen Kontra gesagt, weil er der Meinung war, dass man soetwas bei einem Pflichtsolo nunmal tut. Es steht aber nirgendwo geschrieben, dass man sein Pflichtsolo unbedingt verlieren muss. Und erst recht steht nirgendwo geschrieben, dass man mit einem unverlierbaren Pflichtsolo auf jeden Fall Re ansagen muss, um die Gegenspieler von einer falschen Kontra-Ansage abzuhalten. Hätte er kein Kontra gegeben hätte ich mein Spiel mit einem einzigen Pünktchen gewonnen und wäre weiterhin Letzter geblieben. Nur sein Kontra hat es überhaupt möglich gemacht, dass ich mein Spiel so teuer gewinne.

Das erinnert mich an meine Jugend (lang, lang ist’s her). Da haben wir in der Schule viel Skat gespielt, jede noch so kurze Pause wurde dafür genutzt. Natürlich mit Kontra, Re, Bock und Ramsch.

Bei einem Spiel hatte ich 7 Trumpf und eine gute Beikarte. Ein unverlierbares Spiel. Plötzlich brüllte Hinterhand „Kontra“. Ich war so erstaunt, dass ich erstmal mein Blatt studieren musste, ob es nicht doch irgendeine Möglichkeit zum Spielverlust gab. Als ich keine fand sagte ich „Re“.

Es stellte sich heraus, dass der Spieler deswegen Kontra gab, weil er keinen einzigen Trumpf hatte. Sein Schluss war der, dass dann ja sein Partner einen ganzen Baum voll Trumpf haben muss.

Aus beiden Ereignissen kann man den gleichen Schluss ziehen: Man sollte nur mit seinem eigenen Blatt spielen und nicht mit dem Blatt anderer Spieler.

Fadenscheiniges Recht

Die Internationale Skatordnung ist das verbindliche Regelwerk für alle Skatspieler. Und es ist wichtig, dass sich alle Spieler daran halten. Und wenn man einmal gegen eine Regel verstößt, dann steht in der Skatordnung auch, was dann passiert.

Bei vielen Verstößen wird das Spiel zu Gunsten der Gegenpartei beendet, z.B. dann, wenn falsch bedient wird oder ein Spieler falsch ausspielt.

Es gibt aber durchaus Verstöße gegen die Skatordnung, die allein deswegen entstehen, weil sie von einem Gegenspieler provoziert werden. Und für diese Fälle gibt es die wichtigste Regel in der Skatordnung. Spieler haben kein fadenscheiniges Recht zu suchen.

Die Entscheidungssammlung des Internationalen Skatgerichts ist voll mit solchen Fällen. Und ich habe diese Fälle immer mit Begeisterung gelesen, war aber zum Glück noch nie in einer solchen Situation.

Bis vor Kurzem. Da hatte ich einen Spieler am Tisch, der es sich offensichtlich zum Spaß gemacht hat, seine Mitspieler zu Verstößen zu provozieren. Es fing damit an, dass er den Alleinspieler zum Ausspiel aufforderte obwohl dieser gar nicht in Vorhand war. Zu diesem Zeitpunkt hielt ich das noch für ein Versehen, immerhin waren wir ein Dreiertisch, da kommt man schonmal durcheinander. Da der Alleinspieler sich sicher war, nicht in Vorhand zu sein, hat er das „Versehen“ bemerkt.

Später wurde ich zum Alleinspieler. Und da wurde mir klar, dass die Aufforderung zum Ausspiel kein Versehen war. Ich sagte ein Null Ouvert-Spiel an. Noch bevor ich meine Karten hinlegen konnte, spielte der Spieler aus. Ich machte mir nichts daraus und legte meine Karten auf. Der Spieler stellte nun fest, dass ich gegen ISkO 2.2.5 verstoßen habe und verlangte, dass mir das Spiel als verloren abgeschrieben wird.

Bei offenen Spielen hat der Alleinspieler noch vor dem ersten Ausspielen (Anspielen) seine zehn Handkarten aufzulegen. Geschieht das nicht, hat ihn die Gegenpartei dazu aufzufordern. Die Karten müssen deutlich sichtbar, nach Farben gruppiert und in Folge geordnet sein. Ist das nicht der Fall, darf die Gegenpartei die Kartenanordnung korrigieren.

Die Sache hat nur einen Haken. ISkO 2.2.5 ist eine der Regeln, die überhaupt nicht vorsieht, dass man bei einem Verstoß dagegen sein Spiel sofort verliert. Zeige ich bei einem offenen Spiel meine Karten nicht, müssen mich die Gegenspieler zum Zeigen der Karten auffordern.

Nebenbei war das vorschnelle Ausspielen der Karte natürlich nichts anderes als eine ganz linke Nummer. Hätte dieser Skat-Großmeister tatsächlich darauf bestanden, dass ich mein Spiel verlieren müsste, hätte ein Schiedsrichter den Spieler vermutlich verwarnt.

Der Spieler startete noch ein paar vergebliche Versuche, durch fadenscheiniges Recht das Ergebnis zu beeinflussen, alle ohne Erfolg. Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals mit einem solchen Spieler gespielt zu haben. Und ich kann auch in Zukunft gerne drauf verzichten. Das war das erste Mal, dass ich mir eine Ignore-Liste für Offline-Skat-Veranstaltungen gewünscht habe…

Die Seele des Spiels

Es gibt im Skat ja ziemlich viele (Achtung: Wortspiel) Bauernregeln. Eine davon habe ich ja bereits einmal zerlegt. Es gibt aber auch eine, die durchaus sinnvoll ist.

Trumpf ist die Seele des Spiels

Gemäß dieser Regel soll der Alleinspieler möglichst Trumpf spielen, um diese bei seinen Gegenspielern zu klären.

Gerade Skatanfänger neigen dazu, zunächst ihre eigenen Stiche zu sichern und daher erstmal die Asse der Fehlfarben zu spielen. Allerdings riskiert man dabei, dass  die Gegenspieler eines dieser Asse abstechen können. Zudem nimmt man sich die Möglichkeit, wieder billig (das heißt ohne einen eigenen Trumpf zu spielen) an den Stich zu kommen.

Es gibt Situationen, in denen man in Versuchung ist, von dieser Regel abzuweichen. Wenn man z.B. selbst wenig Trumpf hat, möchte man ein blankes Ass vorspielen, damit man die Möglichkeit erhält, die 10 dieser Farbe zu stechen. Aber auch in dieser Situation solle man erwägen, zunächst über Trumpf zu gehen. Spiele ich meine Fehlfarben, dann mache ich meine Gegenspieler sofort darauf aufmerksam, dass ich nicht trumpfstark bin. Sie werden ihre Spielweise schnell darauf einstellen. Zudem grenzt es schon an Leichtsinn, wenn man die 10 einer Farbe nachspielt, in der mir der Alleinspieler im ersten Stich das Ass vorgespielt hat.

Die Regel ist also durchaus sinnvoll. Aber auch hier gibt es – wie immer – Ausnahmen, die die Regel bestätigen.

Angenommen, ich spiele Pik mit diesem Blatt:

Herz BubeKaro BubePik KönigPik DamePik 7
Kreuz AssHerz AssHerz 8Herz 7Karo Ass

Ich sitze in Mittelhand und Vorhand spiel die Herz Dame aus. Ich gehe mit dem Ass an den Stich, Hinterhand legt die Herz 9.

Jetzt kann ich mich dazu entscheiden, zunächst die beiden Fehl-Asse zu spielen. Denn sonst kann Folgendes passieren:

Ich spiele Trumpf und Hinterhand kommt an den Stich. Dieser hatte die Herz Dame zu Dritt angespielt und spielt jetzt Herz 10 und König nach, ich muss zwei Mal bekennen. Hinterhand kann darauf zwei Mal schmieren. Und vielleicht kann er sich sogar von einer Farbe ganz freiwerfen. Vorhand spielt dann diese Farbe aus, ich steige mit dem Ass und Hinterhand kann stechen.

„Trumpf ist die Seele des Spiels“ ist aber durchaus eine Regel, die man sich merken kann.

Die gezeigte Karte

Der Alleinspieler hat es ja beim Skat schon schwer genug. Er muss sich gegen zwei Spieler behaupten und diese benötigen zum Sieg auch noch ein Auge weniger.

Auch bei Regelverstößen werden dem Alleinspieler mehr Rechte zuerkannt als den Gegenspielern. Wirft der Alleinspieler versehentlich eine seiner Karten auf und zeigt sie seinen Mitspielern, dann bleibt das folgenlos. Passiert das einem Gegenspieler, ist das Spiel sofort zu Gunsten des Alleinspielers beendet.

Ist ja auch logisch: Die aufgedeckte Karte des Alleinspielers nutzt nur den Gegenspielern. Warum sollte man den Alleinspieler also noch zusätzlich bestrafen. Die aufgedeckte Karte des Gegenspielers sieht auch der andere Gegenspieler, somit kennt er schonmal eine Karte seines Spielpartners. Ein klarer Vorteil für die Gegenspieler, der nur dadurch kompensiert werden kann, dass das Spiel an dieser Stelle abgebrochen wird.

Mir wurde jetzt die Frage gestellt, warum dem Alleinspieler mit dem selben Argument nicht noch viel mehr Rechte zugesprochen werden. Angenommen, der Alleinspieler spielt zum ersten Stich auf, obwohl er nicht in Vorhand ist. Gemäß Skatordnung (ISkO 4.1.3) verliert er sein Spiel damit sofort. Wo ist der Unterschied zur versehentlich heruntergefallenen Karte, die der Alleinspieler einfach wieder zurücknehmen kann?

Der Unterschied ist ganz einfach. Wer ausspielt ist in der Skatordnung geregelt. Im ersten Stich ist das der Spieler links vom Kartengeber. In den anderen Stichen spielt der Spieler auf, der den vorherigen Stich gewonnen hat. Gegen diese Regel hat der Alleinspieler mit dem falschen Ausspiel verstoßen. Durch diesen Verstoß verschafft sich der Alleinspieler zudem einen Vorteil. Diesen Vorteil hat er bei der versehentlich gezeigten Karte nicht.

Würde man es dem Alleinspieler erlauben, ein falsches Ausspiel einfach zurückzunehmen, dann könnte er dies mit Absicht jederzeit wiederholen. Bemerkt es niemand, dann hat er einen Vorteil. Fällt es auf, dann passiert ja weiter nichts.