Fadenscheiniges Recht

Die Internationale Skatordnung ist das verbindliche Regelwerk für alle Skatspieler. Und es ist wichtig, dass sich alle Spieler daran halten. Und wenn man einmal gegen eine Regel verstößt, dann steht in der Skatordnung auch, was dann passiert.

Bei vielen Verstößen wird das Spiel zu Gunsten der Gegenpartei beendet, z.B. dann, wenn falsch bedient wird oder ein Spieler falsch ausspielt.

Es gibt aber durchaus Verstöße gegen die Skatordnung, die allein deswegen entstehen, weil sie von einem Gegenspieler provoziert werden. Und für diese Fälle gibt es die wichtigste Regel in der Skatordnung. Spieler haben kein fadenscheiniges Recht zu suchen.

Die Entscheidungssammlung des Internationalen Skatgerichts ist voll mit solchen Fällen. Und ich habe diese Fälle immer mit Begeisterung gelesen, war aber zum Glück noch nie in einer solchen Situation.

Bis vor Kurzem. Da hatte ich einen Spieler am Tisch, der es sich offensichtlich zum Spaß gemacht hat, seine Mitspieler zu Verstößen zu provozieren. Es fing damit an, dass er den Alleinspieler zum Ausspiel aufforderte obwohl dieser gar nicht in Vorhand war. Zu diesem Zeitpunkt hielt ich das noch für ein Versehen, immerhin waren wir ein Dreiertisch, da kommt man schonmal durcheinander. Da der Alleinspieler sich sicher war, nicht in Vorhand zu sein, hat er das „Versehen“ bemerkt.

Später wurde ich zum Alleinspieler. Und da wurde mir klar, dass die Aufforderung zum Ausspiel kein Versehen war. Ich sagte ein Null Ouvert-Spiel an. Noch bevor ich meine Karten hinlegen konnte, spielte der Spieler aus. Ich machte mir nichts daraus und legte meine Karten auf. Der Spieler stellte nun fest, dass ich gegen ISkO 2.2.5 verstoßen habe und verlangte, dass mir das Spiel als verloren abgeschrieben wird.

Bei offenen Spielen hat der Alleinspieler noch vor dem ersten Ausspielen (Anspielen) seine zehn Handkarten aufzulegen. Geschieht das nicht, hat ihn die Gegenpartei dazu aufzufordern. Die Karten müssen deutlich sichtbar, nach Farben gruppiert und in Folge geordnet sein. Ist das nicht der Fall, darf die Gegenpartei die Kartenanordnung korrigieren.

Die Sache hat nur einen Haken. ISkO 2.2.5 ist eine der Regeln, die überhaupt nicht vorsieht, dass man bei einem Verstoß dagegen sein Spiel sofort verliert. Zeige ich bei einem offenen Spiel meine Karten nicht, müssen mich die Gegenspieler zum Zeigen der Karten auffordern.

Nebenbei war das vorschnelle Ausspielen der Karte natürlich nichts anderes als eine ganz linke Nummer. Hätte dieser Skat-Großmeister tatsächlich darauf bestanden, dass ich mein Spiel verlieren müsste, hätte ein Schiedsrichter den Spieler vermutlich verwarnt.

Der Spieler startete noch ein paar vergebliche Versuche, durch fadenscheiniges Recht das Ergebnis zu beeinflussen, alle ohne Erfolg. Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals mit einem solchen Spieler gespielt zu haben. Und ich kann auch in Zukunft gerne drauf verzichten. Das war das erste Mal, dass ich mir eine Ignore-Liste für Offline-Skat-Veranstaltungen gewünscht habe…

Die Seele des Spiels

Es gibt im Skat ja ziemlich viele (Achtung: Wortspiel) Bauernregeln. Eine davon habe ich ja bereits einmal zerlegt. Es gibt aber auch eine, die durchaus sinnvoll ist.

Trumpf ist die Seele des Spiels

Gemäß dieser Regel soll der Alleinspieler möglichst Trumpf spielen, um diese bei seinen Gegenspielern zu klären.

Gerade Skatanfänger neigen dazu, zunächst ihre eigenen Stiche zu sichern und daher erstmal die Asse der Fehlfarben zu spielen. Allerdings riskiert man dabei, dass  die Gegenspieler eines dieser Asse abstechen können. Zudem nimmt man sich die Möglichkeit, wieder billig (das heißt ohne einen eigenen Trumpf zu spielen) an den Stich zu kommen.

Es gibt Situationen, in denen man in Versuchung ist, von dieser Regel abzuweichen. Wenn man z.B. selbst wenig Trumpf hat, möchte man ein blankes Ass vorspielen, damit man die Möglichkeit erhält, die 10 dieser Farbe zu stechen. Aber auch in dieser Situation solle man erwägen, zunächst über Trumpf zu gehen. Spiele ich meine Fehlfarben, dann mache ich meine Gegenspieler sofort darauf aufmerksam, dass ich nicht trumpfstark bin. Sie werden ihre Spielweise schnell darauf einstellen. Zudem grenzt es schon an Leichtsinn, wenn man die 10 einer Farbe nachspielt, in der mir der Alleinspieler im ersten Stich das Ass vorgespielt hat.

Die Regel ist also durchaus sinnvoll. Aber auch hier gibt es – wie immer – Ausnahmen, die die Regel bestätigen.

Angenommen, ich spiele Pik mit diesem Blatt:

Herz BubeKaro BubePik KönigPik DamePik 7
Kreuz AssHerz AssHerz 8Herz 7Karo Ass

Ich sitze in Mittelhand und Vorhand spiel die Herz Dame aus. Ich gehe mit dem Ass an den Stich, Hinterhand legt die Herz 9.

Jetzt kann ich mich dazu entscheiden, zunächst die beiden Fehl-Asse zu spielen. Denn sonst kann Folgendes passieren:

Ich spiele Trumpf und Hinterhand kommt an den Stich. Dieser hatte die Herz Dame zu Dritt angespielt und spielt jetzt Herz 10 und König nach, ich muss zwei Mal bekennen. Hinterhand kann darauf zwei Mal schmieren. Und vielleicht kann er sich sogar von einer Farbe ganz freiwerfen. Vorhand spielt dann diese Farbe aus, ich steige mit dem Ass und Hinterhand kann stechen.

„Trumpf ist die Seele des Spiels“ ist aber durchaus eine Regel, die man sich merken kann.

Der entgangene Spielspaß

Ein Spieler hat sich einmal sehr über Skat-Online geärgert. Er fand es unerträglich, dass ein Spieler sein Spiel gewonnen hat, obwohl er seine Karten gezeigt und danach noch einen Stich abgegeben hat.

Ich habe die Gründe, warum Skat-Online dies erlaubt und warum das meiner Meinung nach kein Verstoß gegen die Internationale Skatordnung ist, ja bereits ausführlich erläutert.

Als ich neulich zufällig über die E-Mail dieses Spielers gestoßen bin (sie ist schon etwas älter), habe ich mir einmal Gedanken darüber gemacht, wie oft sich diese Situation, dass ein Alleinspieler ohne Erklärung seine Karten gezeigt und danach noch einen Stich abgegeben hat, in meinem  („Offline-„)Skatleben bereits ereignet hat.

Ich kam auf zwei Mal. Das eine Mal hat der Alleinspieler wirklich geschlafen und einen Trumpf vergessen. Hätte er seine Karten nicht gezeigt (oder eine zutreffende Erklärung abgegeben), hätte er sein Spiel gewonnen.

Auch bei dem zweiten Mal verlor der Alleinspieler wegen eines Trumpfstichs, den die Gegenspieler noch gemacht haben. In diesem Fall hätte der Alleinspieler aber auch ohne das Zeigen der Karten verloren, wir hatten zu diesem Zeitpunkt bereits 58 Augen. Er wusste das und hat deshalb mit der Aussage „Der Rest ist mir“ die Karten gezeigt. Er hat vielleicht darauf spekuliert, dass die Gegenspieler ihm glauben und die Karten zusammenwerfen…

Selbst wenn ich den ein oder anderen Vorfall vergessen habe, kann ich doch mit Bestimmtheit sagen, dass dies – zumindest bei mir – sehr, sehr selten vorkam. Mich würde sehr interessieren, wie andere Spieler das sehen. Wenn ich der E-Mail des genannten Spielers glauben darf, dann passiert ihm das mehrmals täglich und ist – ich zitiere wörtlich – ein wesentlicher Reiz des Skatspiels.Ich kann das beim besten Willen nicht bestätigen.