Die gezeigte Karte

Der Alleinspieler hat es ja beim Skat schon schwer genug. Er muss sich gegen zwei Spieler behaupten und diese benötigen zum Sieg auch noch ein Auge weniger.

Auch bei Regelverstößen werden dem Alleinspieler mehr Rechte zuerkannt als den Gegenspielern. Wirft der Alleinspieler versehentlich eine seiner Karten auf und zeigt sie seinen Mitspielern, dann bleibt das folgenlos. Passiert das einem Gegenspieler, ist das Spiel sofort zu Gunsten des Alleinspielers beendet.

Ist ja auch logisch: Die aufgedeckte Karte des Alleinspielers nutzt nur den Gegenspielern. Warum sollte man den Alleinspieler also noch zusätzlich bestrafen. Die aufgedeckte Karte des Gegenspielers sieht auch der andere Gegenspieler, somit kennt er schonmal eine Karte seines Spielpartners. Ein klarer Vorteil für die Gegenspieler, der nur dadurch kompensiert werden kann, dass das Spiel an dieser Stelle abgebrochen wird.

Mir wurde jetzt die Frage gestellt, warum dem Alleinspieler mit dem selben Argument nicht noch viel mehr Rechte zugesprochen werden. Angenommen, der Alleinspieler spielt zum ersten Stich auf, obwohl er nicht in Vorhand ist. Gemäß Skatordnung (ISkO 4.1.3) verliert er sein Spiel damit sofort. Wo ist der Unterschied zur versehentlich heruntergefallenen Karte, die der Alleinspieler einfach wieder zurücknehmen kann?

Der Unterschied ist ganz einfach. Wer ausspielt ist in der Skatordnung geregelt. Im ersten Stich ist das der Spieler links vom Kartengeber. In den anderen Stichen spielt der Spieler auf, der den vorherigen Stich gewonnen hat. Gegen diese Regel hat der Alleinspieler mit dem falschen Ausspiel verstoßen. Durch diesen Verstoß verschafft sich der Alleinspieler zudem einen Vorteil. Diesen Vorteil hat er bei der versehentlich gezeigten Karte nicht.

Würde man es dem Alleinspieler erlauben, ein falsches Ausspiel einfach zurückzunehmen, dann könnte er dies mit Absicht jederzeit wiederholen. Bemerkt es niemand, dann hat er einen Vorteil. Fällt es auf, dann passiert ja weiter nichts.

 

Die Mauer-Fata Morgana

Ein Spieler hatte ein Sponti nach dem fünften Spiel abgebrochen und eine Beschwerde eingereicht. Ein Spieler hätte gemauert und er hatte deswegen sein Spiel verloren. Es wäre ihm daher nicht zuzumuten, die Serie fortzusetzen.

Der Spieler hatte das vierte Spiel verloren, er war gegen fünf Trumpf gelaufen, darunter die ersten drei Buben. Der „Maurer“ saß in Mittelhand und hatte folgendes Blatt:

Kreuz BubePik BubeHerz BubeKreuz DameKreuz 9
Pik 9Pik 8Herz KönigHerz 9Karo König

Ich denke, selbst wenn man nicht die hohen Maßstäbe des Internationalen Skatgerichts an das Mauern zu Grunde legt, dürfte klar sein, dass Mittlehand hier keineswegs gemauert hatte. Mittelhand hatte mit diesem Blatt sogar noch 18 gesagt und erst gepasst, nachdem Vorhand diese gehalten hatte.

Wie wenig Mittelhand tatsächlich gemauert hatte, wird klar, wenn man sich anschaut, welches mögliche Spiel Mittelhand auf der Hand hat. Denn tatsächlich gibt es keine einzige Findung, die das Spiel 100%ig unverlierbar macht.

Schauen wir uns die möglichen Findungen einmal an und kategorisieren wir sie in sehr gute, gute und schlechte Findungen.

Die sehr guten Findungen:

Es gibt einige wenige Findungen, die das Spiel zu einem annähernd unverlierbaren Spiel machen. Dies erfordert aber, dass der Karo Bube im Skat liegt. Da der Spieler in Mittelhand ist, müsste zudem neben dem Karo Buben noch ein Ass im Skat liegen, sonst ist noch ein Trumpfstich möglich. Das Karo Ass nutzt hierbei nichts, denn der Spieler braucht sieben Trümpfe, um eine realistische Gewinnchance zu haben.

Es gibt damit drei mögliche Skatfindungen, die das Spiel annähernd unverlierbar machen (Karo Bube plus Kreuz, Pik oder Herz Ass).

Jede andere Karte zum Karo Buben außer Karo macht das Spiel aber ebenfalls sehr gut. Es gibt dann ein geringes Risiko, dass der Spieler einen Trumpfstich abgibt. Damit kommen 12 weitere sehr gute Findungen dazu.

Ebenfalls sehr gut wäre Ass und 10 in einer Farbe außer Karo. Dann käme sogar ein Grandspiel in Frage bzw. wäre sogar zu empfehlen, da man hier das Risiko minimiert, noch einen Trumpfstich abzugeben. In Kreuz oder Pik besteht dann aber das Risiko eines Königs zu dritt. Dennoch kommen drei weitere Kombinationen zu den „sehr guten“ Findungen dazu.

Zuletzt kann man noch die Findung von zwei Assen außer dem Karo Ass zu den „sehr guten“ Findungen zählen. Sechs Trumpf, ein Ass zu dritt und eine Lusche in der zweiten Fehlfarbe sind nicht allzu übel. Weitere drei sehr gute mögliche Findungen.

Jetzt zu den „guten Findungen“.

Diese sind sehr überschaubar. Der Spieler benötigt sieben Trumpf. Wenn vier Trumpf auf einer Hand sind, ist das Spiel kaum zu gewinnen. Liegen die Trumpf 3:1 oder 2:2, ist das Spiel zwar immernoch verlierbar, das ist aber unwahrscheinlich.

Um sieben Trumpf zu bekommen, müssen je zwei Karten in den Farben Kreuz, Pik oder Herz liegen. Das sind – die „sehr guten“ Findungen abgezogen – 27 gute Findungen.

Mit etwas gutem Willen kann man auch Karo Ass und 10 zu den guten Findungen zählen. Man kann dann eine der anderen Farben zum Trumpf machen und hat noch zwei Luschen in den Fehlfarben. Sind die Trümpfe einigermaßen gut verteilt, ist das Spiel gut gewinnbar.

Alle anderen Findungen darf man getrost zu den schlechten Findungen zählen. Ein Spiel ist dann kaum gewinnbar, egal, wie die Karten verteilt sind.

Zusammengefasst haben wir 21 sehr gute und 28 gute Findungen. Das hört sich zunächst einmal sehr viel an. Bedenkt man aber, dass es ingsesamt 231 mögliche Findungen gibt, sind gerade einmal 21% der Findungen gut oder sehr gut. Das bedeutet, dass man vier von fünf Spielen so schlecht finden wird, dass das Spiel kaum gewinnbar ist. Und man sollte nicht vergessen, dass selbst bei den guten und sehr guten Findungen das Spiel durchaus verlierbar ist.

Natürlich hat man während des Spielens – gerade online – nicht die Zeit, sich die Wahrscheinlichkeiten auszurechnen. Es zeigt aber, dass die Entscheidung von Mittelhand, das Spiel nicht anzureizen, vollkommen richtig und der Vorwurf des Mauerns unbegründet war.

Meine Einteilung in gute, sehr gute und schlechte Findungen sind natürlich rein subjektiv. Je nach Risikobereitschaft und Tagesform wird der ein oder andere Spieler das sicherlich anders sehen. Ich halte mich aber für einen ziemlich offensiven Spieler und ich hätte genau wie der Spieler in diesem Fall gehandelt. Mich interessiert sehr, wie Ihr das seht und hoffe auf Eure Einschätzung in den Kommentaren.

 Update 7.10.: Der Spieler hat seinen Vorwurf des Mauerns inzwischen zurückgenommen und sich ausdrücklich bei beiden Mitspielern entschuldigt.