Da hast Du Dich geschnitten

Die 10 hat ja bereits in einigen Beiträgen eine wichtige Rolle gespielt.

Nicht selten ist es für den Alleinspieler spielentscheidend, ob es ihm gelingt, den Mitspielern eine 10 „herauszuschneiden“. Bekommt er die 10, gewinnt er, machen die Gegenspieler einen Stich mit der 10, gewinnen sie.

Ich möchte daher ein paar Tipps für das richtige Gegenspiel geben.

Sitzt der Alleinspieler in Hinterhand, ist das Aufspiel entscheidend. Spiele ich eine Farbe an, in der ich selbst die 10 nicht habe (z.B. 7, 8, Dame), dann besteht die Gefahr, dass ich meinem Partner die 10 blank spiele. Also sollte ich von dieser Farbe besser die Finger lassen, es sei denn, es gibt gute Gründe, diese Farbe auszuspielen (z.B. weil mein Partner diese Farbe gereizt hat).

Es ist daher oftmals besser, eine Farbe auszuspielen, bei der ich selbst die 10 habe (z.B. 7, 8, 10). Ich selbst stelle mir die 10 nicht blank und meinem Partner auch nicht.

Bin ich gezwungen, eine Farbe auszuspielen, bei der ich meinem Partner eine 10 blank stellen kann, dann sollte ich die Farbe wählen, in der ich den König habe. Ich sollte diesen dann auch ausspielen. Denn damit der Alleinspieler schneiden kann, muss er diesen Stich den Gegenspielern überlassen. Und vielleicht ist es ihm ja wichtiger, an den Stich zu kommen oder er hat Sorge, dass sein Ass in der Farbe herausgestochen wird.

Angenommen, ich habe die Wahl zwischen zwei Farben. In einer Farbe habe ich 10 und 7 und in der anderen zwischen 8 und 9. Ist es hier besser, von der eigenen 10 wegzuspielen (obwohl sie dann definitiv blank gespielt ist) oder ist die andere Farbe besser? Meiner Meinung nach ist es dann besser von der Farbe mit der 8 und 9 zu spielen, denn hier habe ich wenigstens die Chance, dass ich meinem Partner die 10 nicht blank stelle. Ich weiß aber, dass einige Skatspieler das definitiv anders sehen und in diesem Fall eher zur 7 greifen.

Wenn ich in Mittelhand bin und mein Partner spielt eine Farbe aus, in der ich die 10 einfach besetzt habe, muss ich mich entscheiden, ob ich die 10 oder die andere Karte zugebe. Wenn mein Partner den König in der Farbe ausspielt, kann ich getrost die andere Karte zugeben (siehe oben). Spielt er aber eine niedrigere Karte aus, dann muss ich in der Regel immer die 10 zugeben. Insbesondere dann, wenn meine andere Karte niedriger ist als die, die mein Partner ausgespielt hat.

Der Hintergrund ist der: Sitzt das Ass beim Alleinspieler, dann hat er vermutlich auch noch den König in der Farbe (sonst hätte mein Partner ihn ja ausgespielt). Er kann mir also die 10 schneiden. Dann kann ich sie aber auch gleich zugeben.

Es gibt aber auch noch eine andere Möglichkeit, warum mein Partner diese Farbe ausspielt. Er hat diese Farbe sehr lang, inklusive dem Ass. Er möchte aber das Ass nicht opfern und spielt daher unter dem Ass aus. Wenn ich jetzt auf seine ausgespielte 8 die 7 lege, dann biete ich dem Alleinspieler eine ideale Möglichkeit, eine Karte abzuwerfen. Er würde dadurch nichteinmal die gute Hinterhandposition verlieren. Lege ich dagegen die 10, ist der Alleinspieler eher gezwungen, zu stechen. Und wenn er nicht sticht, ist er immerhin in Mittelhand.

Das zuvor genannte sind natürlich nur Tipps. Es gibt genügend Fälle, bei denen das genaue Gegenteil der richtige Zug ist. Ich hatte ja bereits an anderer Stelle geschrieben, dass Skat viel zu komplex ist, als dass man es in ein paar einfache Regeln gießen könnte.

Jedes Auge zählt…?

Ich bin neulich nach einem Spiel von meinem Mitspieler lautstark kritisiert worden. Ich hätte einen sicheren Stich hergeschenkt.

Das stimmte sogar. Ich hatte in einer Farbe den König zu dritt, der Alleinspieler hatte in dieser Farbe Ass, 10 und Lusche. Als der Alleinspieler seine Trümpfe herunterspielte, habe ich mich irgendwann von diesem König zu dritt getrennt und damit einen sicheren Stich verschenkt.

Aber eigentlich habe ich mir dabei sogar etwas gedacht. Zu dem Zeitpunkt hatte ich nämlich folgende Informationen:

  • Wir hatten 41 Augen erreicht und
  • wir machen nur noch einen einzigen Stich.

Als der Alleinspieler anfing, seine Trümpfe herunterzuspielen, konnte ich mich also getrost von dem König zu dritt trennen. Denn wenn der Alleinspieler wirklich Ass, 10 und eine weitere Karte hat, dann können wir in diesem Stich maximal 18 Augen erzielen (Dame vom Alleinspieler, König von mir, Ass von meinem Partner). Das reicht aber zum Sieg nicht aus. Also hebe ich stattdessen eine 10 oder ein Ass auf in der Hoffnung, dass wir noch einen Stich mit zwei Vollen machen.

Warum mein Partner so erpicht auf einen Stich war, der uns überhaupt nichts genutzt hätte, weiß ich nicht. Soweit ich weiß gibt es beim Skat noch keinen Preis für „maximale-Punkte-Ausbeute“. Aber Haltungsnoten für Skat hatte ja auch ich schonmal an anderer Stelle gefordert.

Der Irrtum mit den größten Skat-Irrtümern

Die BILD-Zeitung kürt auf bild.de zum 200-jährigen Skat-Jubiläum die 7 größten Skat-Irrtümer.

Der erste Irrtum steht allerdings schon in der Einleitung. Dort heißt es

Zwanzig Millionen Deutsche tun es mindestens zweimal im Monat: Skat spielen.

Hier sollte offensichtlich mit Gewalt eine schlüpfrige Zweideutigkeit untergebracht werden. Die Zahl „zwanzig Millionen“ stammt vom Deutschen Skatverband (z.B. in diesem Artikel vom Tagesspiegel), von „mindestens zweimal im Monat“ habe ich aber noch nie gehört oder gelesen.

Nebenbei: Peter Tripmarker heißt eigentlich Peter Tripmaker und ist nicht „Deutscher Skat-Präsident“ sondern Präsident des Deutschen Skatverbandes.

Doch nun zu den sieben Skat-Irrtümern.

Mythos 2: Das Skatspiel hat keinen „Erfinder“. Falsch! Durch den altenburgischen Geheimrat Hans Karl Leopold von der Gabelentz (1778-1831) wurde das Spiel 1813 aktenkundig. Seine Skat-Runde bestand aus einem Notar, einem Hofadvokat und einem Medizinalrat.

Bereits in den Kommentaren ist nachzulesen, dass das Blödsinn ist. Nur weil sich irgendwer die Mühe gemacht hat, etwas zu dokumentieren, ist er noch lange nicht der Erfinder. Genausogut könnte man behaupten, die Gebrüder Grimm hätten die ganzen Märchen „erfunden“. Haben sie nicht, sie haben sie nur aufgeschrieben.

Ab Mythos 4 wird es richtig übel. Vermutlich wären die „3 größten Skat-Irrtümer“ nicht genug für einen Artikel gewesen.

Mythos 4: Frauen spielen schlechter Skat. Unsinn! Sie reizen nur vorsichtiger, reißen deshalb nicht jedes Spiel an sich.

Wer hat denn so einen Quatsch jemals behauptet? Nicht nur der Mythos ist Unsinn, auch die Widerlegung des Mythos strotzt nur so vor Chauvinismus. Ich kenne sehr viele skatspielende Frauen. Sehr viele spielen einen sehr guten Skat und reizen offensiv. Ich kenne sehr viele skatspielende Männer. Einige spielen sehr schlechten Skat. Sie reizen vorsichtig und reißen deshalb nicht jedes Spiel an sich. Beweisführung abgeschlossen.

Mythos 5: Ein echter Skatspieler trainiert in der Kneipe. Falsch! Wie bei jeder Sportart sollte man zwei- bis dreimal pro Woche ein paar Stunden spielen.

Auch dieses Mythos war mir bislang völlig unbekannt. Die Widerlegung ist auch ziemlich seltsam. Man kann schließlich auch in einer Kneipe zwei- bis dreimal pro Woche ein paar Stunden Skat spielen.

Mythos 6 (Skat ist ein Stammtischspiel) ist identisch zu Mythos 5 und wird damit widerlegt, dass es viele prominente Skatspieler gibt. Auch nach längerem Nachdenken habe ich den Zusammenhang leider nicht verstanden…

Mythos 7 soll dann noch ein Schmankerl zum Abschluss sein, denn Bild.de kommt zu dem Ergebnis, dass dieser Mythos (ein Spieler namens Wenzel wollte seinen Sohn Schell nennen) – von dem ich ebenfalls noch nie gehört habe – stimmt!

Es gibt sehr, sehr viele sehr gute Artikel zum Thema 200 Jahre Skat. Der von bild.de gehört meiner Meinung nach leider nicht dazu.

Was Skat von anderen Spielen unterscheidet

So ziemlich jedes Spiel – egal ob Kartenspiel oder ein anderes – hat nur ein einziges Ziel. Beim Schach ist das Ziel, den gegnerischen König matt zu setzen. Beim Fußball ist es das Ziel, mehr Tore zu schießen als die gegnerische Mannschaft. Beim Backgammon ist es das Ziel, seine Steine als erster „herauszuwürfeln“.

Das Skatspiel ist hier eine der wenigen Ausnahmen. Es gibt eine ganze Menge unterschiedlicher Ziele. Und zudem verfolgen innerhalb desselben Spiels die beteiligten Spieler in der Regel unterschiedliche Ziele.

Je nach Spielverlauf kann es das Ziel eines Alleinspielers sein, das Spiel zu gewinnen, also mehr als 61 Augen zu erreichen. Es kann aber auch das Ziel sein, seine Gegner Schneider oder Schwarz zu spielen. Für die Gegenspieler gibt es in der Regel nur ein einziges Ziel, nämlich das Spiel zu gewinnen.

Aber allein schon das Ziel „Das Spiel gewinnen“ ist auf unterschiedlichen Wegen zu erreichen. In der Regel bedeutet das, 61 bzw. 60 Augen zu erzielen. Ist der Alleinspieler aber gezwungen, die Gegenspieler Schneider zu spielen, dann hat der Alleinspieler von Anfang an das Ziel, 90 Augen oder mehr zu erreichen. Für die Gegenspieler ist dies in der Regel nicht von Anfang an klar, erst während des Spiels ändert sich das Ziel, 60 Augen oder mehr zu erreichen in das Ziel, 31 Augen oder mehr zu erreichen. Wenn die Gegenspieler dies bemerken, ändert sich das weitere Spiel oft signifikant.

Beim Nullspiel sind die Ziele allerdings von Anfang an für beide Parteien klar: Der Alleinspieler muss vermeiden, einen Stich zu machen und die Gegenspieler müssen versuchen, ihn an den Stich zu bringen. Das Ziel wird sich auch das ganze Spiel über nicht ändern.

Mir ist kein einziges Spiel bekannt, das so viele unterschiedliche Ziele in sich vereint und bei dem sich auch während eines einzigen Spiels die Ziele mehrmals ändern können.

Bei den Gegenspielern kommt es übrigens in fast jedem Spiel vor, dass sich ihr Ziel während des Spiels ändert. Zunächst sind sie bemüht, nicht schwarz zu werden, was oftmals recht schnell erreicht wird. Das nächste Ziel ist es, aus dem Schneider zu kommen. Das ist manchmal schon schwieriger. Aber hat man 31 Augen erreicht, dann ist es das nächste – und meist letzte – Ziel, das Spiel zu gewinnen.

Zugegeben habe ich es mir etwas einfach gemacht. Auch bei so ziemlich allen anderen Spielen können sich die Ziele während des Spiels ändern. Steht es beim Fußball in der Halbzeit 4:0, dann kann sich das Ziel für die zurückliegende Mannschaft von „mehr Tore schießen“ auf „vielleicht noch ein Unentschieden erreichen“ ändern. Habe ich beim Backgammon kaum noch eine Gewinnchance und spiele ich um einen Einsatz je Spielstein, dann kann sich mein Ziel auf „möglichst viele Steine herauswürfeln“ ändern. Aber allen diesen geänderten Zielen ist eines gemein: Man kann sie allgemein unter „Schadensbegrenzung“ zusammenfassen. Beim Skat gibt es das natürlich auch.

Das alles macht Skat zu einem faszinierenden Spiel, das viel Abwechslung bietet und immer spannend ist.

Die 39-Augen-Grenze

Wenn die Gegenspieler 39 Augen erreichen, dann tritt eine entscheidende Änderung ein. Diese möchte ich hier vorstellen.

Oftmals ist zu dem Zeitpunkt, an dem die Gegenspieler die 39 Augen erreicht haben, bereits vieles klar. Man weiß – wenigstens ungefähr – welche Karten der Alleinspieler hat. Insbesondere weiß man, wie viele Trümpfe er noch auf der Hand haben muss, denn oftmals sind die Trümpfe das erste, das geklärt wird. Aus der Anzahl der Trumpfkarten ergibt sich automatisch, wie viele Fehlkarten er noch auf der Hand haben muss. Zudem ist die ein oder andere Fehlfarbe in der Regel bereits geklärt.

Aber noch etwas anderes tritt ein, wenn die Gegenspieler 39 Augen (oder mehr) haben: Ein einziger Stich genügt den Gegenspielern zum Sieg.

Nehmen wir folgendes Beispiel:

Ich bin im 7. Stich in Vorhand. Hinterhand spielt Kreuz, ich habe folgende Karten:

Pik 10Pik 8Karo 10Karo König

Das Karo Ass ist bereits gespielt (und wurde vom Alleinspieler gestochen). Ich weiß sicher, dass der Alleinspieler die letzten beiden Trumpfkarten besitzt. Zudem sind noch folgende Karten im Spiel, wobei ich nicht weiß, welche davon beim Alleinspieler und welche bei meinem Partner sitzen:

Pik AssPik KönigPik 9Herz 10

Die Gegenspieler haben nach sechs Stichen 39 Augen.

Die einzig richtige Karte, die ich jetzt ausspielen kann, ist die Pik 10

Hat der Alleinspieler das Pik Ass, wird er sein Spiel immer gewinnen, auch wenn er zu dem Ass noch eine andere Pik-Karte hat. Wir werden niemals die fehlenden 21 Augen erhalten.

Hat er das Ass nicht, dann hat mein Partner das Ass. Und der Alleinspieler hat mindestens eine Pik-Karte auf der Hand. Mit meiner 10 und dem Ass erhalten wir mindestens die uns fehlenden 21 Augen. Es besteht zudem die Möglichkeit, dass der Alleinspieler nur eine einzige Karte der dritten Fehlfarbe hat (da er zusätzlich noch die Herz 10 haben kann), wir müssen also die uns fehlenden Augen in einem einzigen Stich einbringen.

Würde ich ihm die Karo 10 anbieten, dann wird er – wenn er mitgezählt hat – seine Fehlkarte abwerfen.

Also bleibt mir gar nichts anderes übrig, als die Pik 10 auszuspielen und zu hoffen, dass das Ass bei meinem Partner sitzt. Wenn dem nicht so ist, ist das auch nicht schlimm, denn wir sind bereits aus dem Schneider und auf anderem Weg können wir nicht gewinnen.

Auf den ersten Blick sieht das Beispiel so aus, als wäre eine solche Situation sehr selten und eher „theoretisch“. Tatsächlich kommt das aber relativ häufig vor, vor allem, wenn alle Spieler am Tisch gut aufpassen und die Trümpfe und Augen mitzählen. Und nicht selten sind es diese Spiele, die bei einem Turnier die Platzierung entscheidend beeinflussen.