Das seltenste Spiel im Skat

Nein, das seltenste Spiel im Skat ist nicht der Grand Ouvert. Dieser ist lediglich das teuerste Spiel im Skat.

Das seltenste Spiel ist das offene Farbspiel. Ich persönlich hatte bereits das Glück, vier Grand Ouverts zu haben (einen online, den Rest im Verein oder auf Preisskatveranstaltungen), ich habe aber noch nie ein offenes Farbspiel gespielt.

Warum offene Skatspiele so selten vorkommen, ist relativ schnell erklärt: es gibt unglaublich wenige Kartenkonstellationen, bei denen ein offenes Farbspiel überhaupt eine Option ist. Unverlierbare Grand Ouverts gibt es aber sehr viel mehr. Zudem kann ein unverlierbares Farbspiel nur in Vorhand gespielt werden, Grand Ouverts können aber auch in Mittel- oder Hinterhand unverlierbar sein.

Außerdem sind die meisten offenen Farbspiel auch als Grand spielbar. Der Grand bringt aber mehr Punkte.

Ein Spiel, das besser als offenes Farbspiel gespielt wird, möchte ich hier vorstellen:

Kreuz BubePik BubeHerz BubeKaro BubeKreuz König
Kreuz DameKreuz 7Herz AssHerz 10Herz König

Dieses Spiel sollte – in Vorhand – eigentlich immer als „Kreuz offen“ gespielt werden, denn:

  • Der Grand kann mit 60 Augen verloren werden.
  • Der (verlierbare) Grand Hand bringt 144 Punkte, das (unverlierbare) offene Kreuzspiel 132 Augen, also gerade einmal 12 Punkte weniger.

Man sieht schnell, dass es nicht viele Spiele gibt, in denen ein offenes Farbspiel in Frage kommt:

  • Hat der Spieler mehr als ein Ass, ist der Grand immer unverlierbar und teurer als das offene Farbspiel.
  • Nur bei König, Dame und 7 bzw. König, Dame und 8 ist der Grand verlierbar.
  • Bei anderen Farbspielen als Kreuz wird der Punkteabstand zum Grand so groß, dass man trotz des (geringen) Verlustrisikos eher den Grand riskieren wird.

Ich habe mal ein wenig in unserer Turnierdatenbank gestöbert.

Bislang wurden 1.299 Grand Ouverts gespielt und gewonnen.
Offene Farbspiele gab es genau 15! Ich habe dazu die letzten 15 Millionen Spiele, die im Turnierbereich bei organisierten Turnieren gespielt wurden, untersucht.

Skat kann so grausam sein

Schonmal sowas erlebt? Ein Turnier über 8 Serien, erste Serie. Da sitzt man eine Weile ohne einmal 18 sagen zu können, bekommt dann endlich in Spiel 12 ein halbwegs brauchbares Spiel und muss sich auch noch mühsam den Sieg erkämpfen. Am Ende winken für die schwer erarbeiteten 62 Augen ganze 27 Punkte für das gewonnene Karo ohne zwei. Und der Typ, der einem gegenüber sitzt und bislang eher durch blöde Sprüche als durch gutes Skatspiel aufgefallen ist, knallt anschließend in vier Spielen drei Grands raus, zwei davon mit Schneider. Am Ende der Serie verlässt er mit über 1.500 Punkten den Tisch, während man selbst froh sein kann, noch 800 Punkte gerettet zu haben.

Skat kann richtig unfair sein. Ein Karospiel zählt weniger als ein Kreuzspiel, ein Karospiel ist deswegen aber nicht einfacher zu spielen als ein Kreuzspiel, die Farbe macht beim Spiel überhaupt keinen Unterschied.

Noch gravierender ist der Unterschied zu Grandspielen. Grands sind a) sehr teuer (Grundwert 24) und werden b) viel weniger verloren als Farbspiele.

Ich habe mir aus unserer Turnierdatenbank mal alle Spiele der letzten Wochen rausgesucht. Von 70.630 Kreuzspielen wurden 15.871 verloren. Das entspricht einer Quote von 22%. Von 108.164 Grands wurden hingegen gerade einmal 9.403 Stück verloren, also nicht einmal 9%.

Ich persönlich finde (das lässt sich leider nicht so einfach mit Zahlen untermauern), dass Grands auch deutlich einfacher zu spielen sind. Die meisten Grands sind genau dann schwierig, wenn sie nicht geplant waren, sondern nur deswegen gespielt werden, weil ein Bube im Skat das Farbspiel unmöglich gemacht hat. Viele Grands sind einfach so stark, dass sie unverlierbar sind. Nicht selten sieht man Farbspiele mit 7 Trumpf und guter Beikarte umgehen, während ein Grand mit 4 eigentlich nur dann verloren wird, wenn der Spieler nicht erkannt hat, dass er gar keinen Grand auf der Hand hat.

Also warum werden beim Skat die Spiele belohnt, die am Einfachsten zu spielen sind? Natürlich freut man sich über einen Grand Ouvert, er ist so selten, dass viele Spieler noch nie einen gespielt haben, aber wenn man ihn hat ist spielerisches Können nicht gefragt.

Klar, Skat ist kein Bodenturnen. Es gibt keine Jury, die nach einem Spiel bewertet, wie gut der einzelne Spieler gespielt hat und anschließend Punkte in der B-Wertung verteilt. Bei der erwähnten Serie hätte ich mir aber gewünscht, es wäre so.

Die Frage ist jetzt, ob das so schlimm ist. Natürlich ist es ärgerlich, wenn ich mein einfaches Herz nicht bekomme, weil ein anderer Spieler ein einfaches Pik reizt. Und natürlich ist es ärgerlich, wenn ich mir das süffisante Grinsen von dem Spieler gegenüber anschauen muss, der tatsächlich der Meinung ist, weil er einen Oma-Grand nach dem anderen bekommt wäre er ein guter Skatspieler.

Denn irgendwann habe ich auch einen Lauf. Und über den freue ich mich. Das setzt eine ganze Menge Endorphine frei. Und bei einem Grand Ouvert freuen sich in der Regel auch die Mitspieler für den Glückspilz mit, und das nicht nur wegen der Runde, die er dann ausgibt.

Bei einem Turnier über 8 Serien oder im Liga-Spielbetrieb sind es genau die schwierigen Spiele, die den Unterschied machen. Je mehr Spiele gespielt werden desto wahrscheinlicher ist es, dass ich genau so viele „Omas“ hatte wie meine Gegenspieler. Wenn meine Gegenspieler aber das schwierige Karo ohne 2 verlieren, das ich gewonnen habe, dann wird sich das am Ende im Ergebnis widerspiegeln. Nicht umsonst sieht man bei großen Turnieren immer die selben Gesichter an den (gesetzten) vorderen Tischen. Und mein Grinsemann aus der ersten Serie, der durfte nach seinem Lauf mal kurz testen, wie gut die Luft an den Tischen mit der einstelligen Tischnummer ist. Lange aufgehalten hat er sich dort nicht.