Das Blatt des Anderen

Ich habe neulich mal wieder Doppelkopf gespielt. Beim Doppelkopf muss man innerhalb einer Serie (24 Spiele) ein Solo spielen. Schafft man das nicht, muss man ein „Pflichtsolo“ spielen, man wird also zum Solo gezwungen.

Ich lag in der Serie abgeschlagen auf dem letzten Platz, dann kam mein Pflichtsolo. Normalerweise ein Schlachtfest für die Gegenspieler. Ich hatte aber das Glück, ein echt gutes Blatt auf die Hand zu bekommen. Ich spielte einen „Fleischlosen“ (da gibt es gar kein Trumpf). Ich konnte das Spiel allenfalls theoretisch verlieren.

Beim Doppelkopf muss man eine Ansage machen, bevor man seine zweite Karte spielt. Obwohl ich das Spiel nicht verlieren konnte, habe ich meine Klappe gehalten. Prompt kam von einem der Gegenspieler das bei Pflichtsoli fast schon obligatorische „Kontra“. Ich habe im nächsten Stich dann „Re“ gesagt, denn durch das „Kontra“ der Gegenspieler hatte ich einen Stich mehr Zeit bekommen für meine Ansage. Am Ende habe ich erwartungsgemäß mein Spiel deutlich gewonnen. Durch die doppelte Ansage kam ich dann vom letzten auf den ersten Platz.

Der Spieler, der Kontra gesagt hatte, war ziemlich sauer. Auf mich. Denn wenn mein Spiel so unverlierbar wäre, hätte ich ja gleich Re ansagen können.

Aber ich habe ihn ja nicht zu seinem Kontra gezwungen. Er hat nur deswegen Kontra gesagt, weil er der Meinung war, dass man soetwas bei einem Pflichtsolo nunmal tut. Es steht aber nirgendwo geschrieben, dass man sein Pflichtsolo unbedingt verlieren muss. Und erst recht steht nirgendwo geschrieben, dass man mit einem unverlierbaren Pflichtsolo auf jeden Fall Re ansagen muss, um die Gegenspieler von einer falschen Kontra-Ansage abzuhalten. Hätte er kein Kontra gegeben hätte ich mein Spiel mit einem einzigen Pünktchen gewonnen und wäre weiterhin Letzter geblieben. Nur sein Kontra hat es überhaupt möglich gemacht, dass ich mein Spiel so teuer gewinne.

Das erinnert mich an meine Jugend (lang, lang ist’s her). Da haben wir in der Schule viel Skat gespielt, jede noch so kurze Pause wurde dafür genutzt. Natürlich mit Kontra, Re, Bock und Ramsch.

Bei einem Spiel hatte ich 7 Trumpf und eine gute Beikarte. Ein unverlierbares Spiel. Plötzlich brüllte Hinterhand „Kontra“. Ich war so erstaunt, dass ich erstmal mein Blatt studieren musste, ob es nicht doch irgendeine Möglichkeit zum Spielverlust gab. Als ich keine fand sagte ich „Re“.

Es stellte sich heraus, dass der Spieler deswegen Kontra gab, weil er keinen einzigen Trumpf hatte. Sein Schluss war der, dass dann ja sein Partner einen ganzen Baum voll Trumpf haben muss.

Aus beiden Ereignissen kann man den gleichen Schluss ziehen: Man sollte nur mit seinem eigenen Blatt spielen und nicht mit dem Blatt anderer Spieler.

Skat vs. Doppelkopf: Der erlaubte Kartenverrat

Ich gestehe: Ich spiele auch gerne mal Doppelkopf. Wir haben da eine sehr nette Runde, die sich so ca. 10 Mal im Jahr trifft.

Es gibt ja einige Ähnlichkeiten zum Skat. Ich denke auch, dass ich ganz gut Doppelkopf spiele. Aber es gibt beim Doppelkopf etwas, das mich von Anfang an gestört hat.

Für alle Blogleser, die mit Doppelkopf nicht so gut vertraut sind: Doppelkopf wird zu viert gespielt und meistens spielen je zwei Spieler zusammen: Die beiden, die die Kreuz Dame auf der Hand haben (die „Re“-Partei) und die beiden, die die Kreuz Dame nicht haben (die „Kontra“-Partei). Ein wesentliches Element des Spiels ist es, dass die Spieler während des Spiels herausfinden müssen, mit wem sie denn eigentlich zusammenspielen. Nicht selten erkennt man das mit absoluter Gewissheit erst im letzten Stich.

Jetzt zu dem, was micht stört: Es gibt beim Doppelkopf „Konventionen“. Und diese gelten übrigens auch bei Turnieren und anderen höchstoffiziellen Veranstaltungen. Sie haben sogar einen Namen: Das „Essener System“.

Diese Konventionen dienen insbesondere dazu, dass man seinen Spielpartner frühzeitig erkennt, also bevor dieser eine Ansage macht oder eben die Kreuz Dame spielt.

Als Skatspieler stören mich diese Konventionen. Die meisten davon sind nämlich nichts anderes als Kartenverrat. Das, was beim Skat absolut verboten ist und i.d.R. mit dem Verlust des Spiels endet, ist beim Doppelkopf also nicht nur erlaubt, sondern ausdrücklich gewünscht.

Ein Beispiel: Bin ich im ersten Stich in Vorhand und spiele die Herz 10 aus, dann gebe ich zu erkennen, dass ich Re bin, also die Kreuz Dame habe. Mein Partner gibt sich dann schnell zu erkennen, indem er eine Trumpfkarte mit hohem Zählwert dazu gibt (bestenfalls das Karo Ass). Meist ist also bereits im ersten Stich für alle Mitspieler geklärt, wer mit wem zusammenspielt.

Man beachte aber: Das ist keine offizielle Doppelkopf-Regel! Nirgends steht geschrieben, dass ich die Herz 10 nur dann im ersten Stich ausspielen darf, wenn ich Re bin! Ich darf das auch als Kontra-Mann machen. Aber machen Sie das mal auf einem Turnier. Es gibt nur wenige, die das getan haben und heute davon berichten können…

Jetzt könnte man natürlich argumentieren, dass das noch kein Kartenverrat ist. Ich habe einfach nur eine ganz bestimmte Karte ausgespielt, die Mitspieler ziehen daraus ihre Schlüsse.

Aber es kommt noch besser:

Es gibt die „Stille Abfrage“. Das ist echt übel. Diese Konvention geht so:

Vorhand spielt irgendeine Farbe aus. Du hast diese Farbe nicht. Du kannst nun also trumpfen oder eine andere Farbe abwerfen. Jetzt wäre es doch sehr nett, wenn man wüsste, ob der Spieler, der den Stich z.Zt. besitzt, zur eigenen Partei gehört. Eine Möglichkeit ist, eine Ansage zu machen. Man kann dann dem Spieler, dem der Stich z.Zt. gehört, Gelegenheit geben, ebenfalls eine Ansage zu machen (i.d.R. „keine 90“). Der Nachteil ist, dass dann bereits sehr früh eine ziemlich hohe Ansage im Raum steht, die man erst einmal erreichen muss. Die andere Möglichkeit ist die „Stille Abfrage“. Bin ich Kontra, verzögere ich einfach mein Ausspiel. Und zwar so lange, dass es auffällig ist. Das darf ich – gemäß dieser Konvention – nur machen, wenn ich Kontra bin. Ich erwarte damit, dass der Spieler, der z.Zt. im Besitz des Stiches ist, Kontra ansagt, wenn er Kontra ist. Das muss er übrigens auf jeden Fall tun, egal wie schlecht sein Blatt ist. Denn ich habe das durch meine Abfrage ja verlangt. Hält er den Mund, ist er Re und alle Spieler wissen das. Und egal ob eine Ansage erfolgt oder nicht: Alle wissen, dass ich Kontra bin. Und ob der Ausspieler Kontra oder Re ist.

Und das ist nun wirklich absoluter Kartenverrat. Diese Situation ergibt sich nicht aus dem Spiel, sondern ein bestimmtes Verhalten wird dazu genutzt, etwas über mein Blatt zu verraten. Meiner Meinung nach ist das absolut mit dem herausfordernden Vorziehen einer Karte beim Skat vergleichbar (verboten gemäß ISkO 4.2.7).

Das stört nicht nur mich. Nicht wenige Spieler spielen ohne die „Stille Abfrage“. Das ist gemäß dieser Konvention auch erlaubt! Man muss dies aber vor Spielbeginn explizit ankündigen. Manch ein Doppelkopfspieler geht auf Nummer Sicher und fragt vorher bei seinen Mitspielern nach, ob diese mit stiller Abfrage spielen oder nicht.

Obwohl ich nicht viel Doppelkopf spiele, habe ich folgende Situation bereits mehrmals erlebt. Ein Spieler kündigt deutlich an, dass er nicht mit stiller Abfrage spielt. Später im Spiel ergibt sich dann genau die oben geschilderte Situation: Der Spieler muss eine Karte legen und zögert. Vermutlich einfach deshalb, weil er überlegt, welche Karte er legen will oder ob er eine Ansage macht. Der Besitzer des Stichs interpretiert dies als „Stille Abfrage“. Da er keine Kreuz Dame hat, sagt er trotz seines schlechten Blatts Kontra an. Da der zögernde Spieler ohne stille Abfrage spielt, sticht er ein und sagt seinerseits „Re“ an. Ggf. folgen noch weitere Ansagen. Ein teures Spiel. Der Kontra-Mann ist sauer, der Re-Mann wundert sich, da er ja extra angesagt hat, dass er ohne „Stille Abfrage“ spielt. Die Stimmung am Tisch ist hin.